Die Serie über den schwulen Josh ist sehr gescheit und vor allem sehr, sehr lustig. In Australien hat sie denn auch riesigen Erfolg. Hier aber kennt sie kaum jemand. Das sollte sich ändern.
Kürzlich sassen wir gelangweilt auf dem Sofa und durchforsteten Netflix in der Hoffnung auf gute Unterhaltung. Dabei stiessen wir auf «Please Like Me». Wir hatten noch nie von der Serie gehört und waren erst mal skeptisch – ganz ehrlich, der Teaser wirkt nicht gerade inspiriert: «Der 21-jährige Josh Tomas wird von seiner Freundin verlassen und merkt, dass er schwul ist». Klingt nach Coming-Out-Story für Twens.
Trotzdem schauten wir uns die erste Folge an, und dann noch eine, und dann noch eine. Und jetzt haben wir die vierte und letzte Staffel schon durch und sind traurig, als ob eine Liebe geendet hätte. Auch Kritiker in Australien und England feiern die Serie ab, zu Recht: «Please Like Me» ist – hach – herzerwärmend und gescheit. Und vor allem sehr, sehr lustig.
Das ist kein Zufall, gemacht hat sie nämlich Josh Tomas, ein ausgezeichneter australischer Kabarettist. Er macht, was lustige Komiker eben tun: er nimmt sich selber auf die Schippe. Josh spielt die Hauptrolle gleich selber und die Story handelt von: Josh, seinen kleinen und grossen Problemen.
Zu wenig hübsch, zu wenig Freunde
Problem Nummer eins gehört zu den kleinen Sorgen, die wir tröstlicherweise alle haben: Josh findet sich zu wenig hübsch. So sagt er zu seiner Noch-Freundin Claire, als sie im Café sitzen: «Die Sonne scheint, wir leben in der ersten Welt, wir essen einen 19 Dollar teuren Glacé-Coupe – aber ich denke wieder nur an mein hässliches Gesicht.» Er ist erst 21 Jahre alt, doch sein «Gesicht flattert schon wie bei einem alten Mann».
Wer so schlecht aussieht, kann ja nicht cool sein, und damit wären wir schon bei Problem zwei: Josh findet sich zu wenig beliebt. Er hat einen einzigen Freund – seinen Mitbewohner Tom, gespielt von Tomas Ward, der auch im echten Leben Joshs Freund ist. Der kriegt alles ab, was Josh an Selbstverachtung aufgestaut hat. «Niemand geht freiwillig mit Tom ins Bett», sagt er etwa und macht sich über dessen dicke Backen lustig.
Und obwohl das etwas herzlos ist, hat die Serie auch einen grossen Kuschelfaktor, wie wir ihn aus anderen WG-Serien wie «Friends», «New Girl» oder «Grey’s Anatomy» kennen. Auch wenn sich Josh und Tom bei kleinen Dingen aufziehen, halten sie bei den grossen Problemen zusammen.
So wenig Freunde: Tom, Ex-Freundin Claire und Josh. (Bild: ©CBC)
Zu viel Homophobie
Etwa bei Problem Nummer drei: Josh merkt, dass er Jungs mag. Wobei, so ein grosses Problem ist das nun auch wieder nicht, eigentlich gar keins, für niemanden. Als Josh aus heiterem Himmel einen Mann nach Hause nimmt, sagt Hetero Tom nur: «Sollten wir darüber reden, dass du einen Jungen küsst?». Nein, Josh will nicht reden. Erst, als es dann ans Eingemachte geht, sagt er panisch zu Tom: «Ich will nicht, dass er mir etwas ins Fudi steckt». Tom hat Verständnis und nimmt Anteil.
Nicht, dass das besonders lobenswert wäre, das ist genau der Punkt: Nur, wenn die Gesellschaft Homosexualität als sonderbar betrachtet, als etwas, das man von vorne bis hinten durchdiskutieren muss, wird sie zum Problem. Die Serie tut das nicht. Und wenn es dann trotzdem einmal Probleme gibt – etwa, weil Joshs neuer Freund Arnold einen homophoben Vater hat, dann treibt Josh das so auf die Spitze, dass man wieder einmal etwas zu lachen hat, über die Vorurteile, nämlich.
Als sein Freund beschliesst, sich bei seinem Vater zu outen, bringt Josh ihn dazu, sein Coming-Out zuerst zu üben – mit Joshs eigenem Vater in der Rolle des Homophoben. In dem Rollenspiel werden alle Klischees durchdekliniert, Arnold singt ein romantisches «Schwuchtel-Chorbuben-Lied» und der Vater reagiert, in dem er ihn bittet, ihm doch mit seinem (typisch schwulem) Modebewusstsein bei seiner Garderobe zu helfen. Sehen Sie die Szene hier.
Zu wenig Frauen?
So, jetzt aber genug über Schwule, meine Kollegin sagte schon: «Diese Serie ist nichts für mich, da geht es nur um Männer.»
Stimmt nicht. Bei Problem Nummer vier spielt eine Frau die Hauptrolle, es handelt sich um – Trommelwirbel – psychische Krankheit. Joshs Mutter Rose versucht sich das Leben zu nehmen und kriegt die Diagnose «Bipolare Störung». Josh macht, was er immer macht: Sprüche.
Er foutiert sich um politische Korrektheit und fragt den Psychiater: «Muss meine Mutter nun in eine Verrücktenanstalt?» Der betont: «Wir nennen es nicht so», aber Josh beharrt darauf: «Aber das ist, was es ist, eine Verrücktenanstalt. Meine Mutter ist verrückt.»
Das ist natürlich nicht lustig – und irgendwie doch, und vor allem ist es sehr gesund, wie Joshs Psychologin in der vierten Staffel einmal sagt. Wer über Probleme lacht, geht zu ihnen auf Distanz – und baut so Angst ab. Das ist viel besser als der verklemmte Umgang, den die meisten Leute mit psychisch kranken Menschen haben.
Okay, jetzt haben wir doch auch wieder über Männer geredet statt über Frauen. Doch keine Sorge, auch sie kommen vor, und durchaus mit feministischen «Problemen». Nicht, dass jede Serie, die etwas taugt, feministisch sein muss. Wobei, wenn sie so gut sein will wie diese hier, eigentlich schon. Zappen Sie rein, Sie werden sich sofort verlieben.
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«Please Like Me». Auf Netflix und Hulu.