«schritt:weise»: Kleine Schritte für die Zukunft

Was vor vier Jahren als Pilotprojekt in Liestal startete, wird mittlerweile auch in Birsfelden und Pratteln durchgeführt. Die Erfolgsgeschichte des Lern- und Spielprogramms «schritt:weise», das sozial benachteiligten und bildungsfernen Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder unter die Arme greift.

Die Besucherinnen von «schritt:weise» zeigen, wie Eltern ihre Kinder spielerisch fördern können. (Bild: Jonas Jäggy/MIX)

Was vor vier Jahren als Pilotprojekt in Liestal startete, wird mittlerweile auch in Birsfelden und Pratteln durchgeführt. Die Erfolgsgeschichte des Lern- und Spielprogramms «schritt:weise», das sozial benachteiligten und bildungsfernen Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder unter die Arme greift.

Gemeinsam basteln, im Park herumtoben, sich liebevoll in die Arme nehmen. Die meisten Eltern wissen ganz intuitiv, welche Bedürfnisse ihrer Kinder gestillt werden müssen, damit sie gesund und glücklich heranwachsen können. Andere Eltern wiederum können aufgrund äusserer Umstände kaum die Zeit und die Kraft dafür aufbringen. Vor allem sozial benachteiligte und bildungsferne Familien – darunter auch viele mit Migrationshintergrund – verfügen oft nicht über die notwendigen Ressourcen, um ihre Kinder derart gezielt, vielfältig und ihrem Alter entsprechend erzieherisch zu begleiten.

Startchancen sichern

«Selbstverständlich wünschen sich auch diese Eltern nur das Beste für ihre Kinder», betont Andrea Kugler vom Fachbereich Integration Baselland und fährt mit Nachdruck fort: «Die Erfahrung zeigt aber, dass gerade sie im Alltag dermassen überfordert sind, dass sie oft nicht in der Lage sind, ihren Kindern von klein auf optimale Chancen für den Start ins Leben zu bieten.»

Für die Entwicklung der Kinder kann das Fehlen von Erziehung, Bildung und Förderung weitreichende Folgen haben – insbesondere hinsichtlich ihrer sprachlichen, kognitiven und motorischen Leistungsfähigkeit. «Bereits in den ersten drei Jahren ihres Lebens sammeln Kinder wichtige Erfahrungen, die entscheidend für ihr weiteres Leben sind», sagt Kugler. In anderen Worten: In dieser kurzen Zeit werden die Weichen für schulischen Erfolg, Teilhabe an der Arbeitswelt und an der Gesellschaft gelegt.

Familien früh unterstützen

Um zu verhindern, dass diese Kinder mit Entwicklungsrückständen in den Kindergarten eintreten, sei es wichtig, so Kugler, diese Familien so früh wie möglich zu erreichen und zu unterstützen. «Deshalb beteiligen wir uns auch seit 2014 finanziell am präventiven Lern- und Spielprogramm «schritt:weise», das sich ausschliesslich an Kinder zwischen eineinhalb und drei Jahren richtet», begründet Kugler, die innerhalb des Fachbereichs Integration unter anderem für frühe Förderung zuständig ist, den Entscheid. «Kinder lernen viel beim Spielen. Dieser relevante Aspekt der frühen Förderung wird aber oftmals vergessen und für selbstverständlich gehalten.» Nicht so bei «schritt:weise». Das Programm zieht die Eltern ganz bewusst in die Projektarbeit mit ein und ermutigt sie, die Entwicklung ihres Kindes spielerisch zu fördern. «Durch diese aktive Rolle werden sie in ihrer Elternrolle und damit auch in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt.»

Im Baselbiet ist das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) für die operative Umsetzung des Programms mit den Familien sowie für die Schulung und die Betreuung der Hausbesucherinnen verantwortlich. «Wir haben das Programm 2010 in Liestal als Pilot gestartet», erzählt Projektleiterin Christa Stebler vom SRK Baselland von den Anfängen und ergänzt sichtlich zufrieden, «in der Zwischenzeit betreuen wir auch Familien in Pratteln und Birsfelden».

Insgesamt haben bis anhin 103 Familien und 116 Kinder im Baselbiet von «schritt:weise» profitiert. Ein Erfolg, der sich sehen lassen kann. Das sei hauptsächlich dem Interesse jener Eltern geschuldet, die sich Unterstützung in der Förderung ihrer Kinder wünschen. «Selbstverständlich aber auch den geschulten Hausbesucherinnen, die mit grossem Einsatz die Familien regelmässig aufzusuchen und Eltern spielerisch dazu animieren, sich mit ihren Kindern auf vielfältige Art und Weise zu beschäftigen», so Stebler.

Herzstück: Hausbesuche

Das gute Vertrauensverhältnis zwischen den Familien und den Hausbesucherinnen ist für die nachhaltige Zusammenarbeit wichtige Voraussetzung. «Die Teilnehmenden werden anfangs wöchentlich, später alle 14 Tage in ihren Wohnungen aufgesucht. Damit diese Nähe nicht zum Stolperstein wird, müssen die Besucherinnen nicht nur Kompetenz vorweisen, sondern auch Feingefühl, Geduld und Verständnis aufbringen», beschreibt Stebler die anspruchsvolle Arbeit. Wer sich für «schritt:weise» anmeldet, kann während 18 Monaten auf die externe Unterstützung zählen. Nach der Eingewöhnungszeit finden zusätzlich zu den Hausbesuchen auch regelmässige Gruppentreffen statt.

Ein Programm – viele Abnehmer

«schritt:weise» wurde ursprünglich unter dem Namen «Opstapje» in Holland konzipiert und in Deutschland weiterentwickelt. Der in Winterthur ansässige Verein a:primo hat das Programm inhaltlich an die schweizerischen Verhältnisse angepasst und bietet es seit 2007 Trägerschaften in Städten und Gemeinden zur Umsetzung an. Mit Erfolg: Derzeit wird «schritt:weise» schweizweit an über 20 Standorten umgesetzt – unter anderem auch in Bern und Basel-Stadt.

«Das Aussergewöhnliche an diesem Frühförderprogramm ist, dass ganz bewusst der Umgang zwischen Eltern und Kindern intensiviert wird. Dadurch werden die Eltern automatisch in ihrer Erziehungskompetenz gestärkt», weiss Thomas Nigl vom Fachbereich Familien des Kantons Basel-Landschaft. Er schätzt aber auch, dass die Familien knapp zwei Jahre lang von geschulten Personen zu Hause besucht werden, «denn grundsätzlich ist die Hemmschwelle hoch, sich an einem fremden Ort der Erziehung seiner Kinder zu widmen». Seiner Meinung nach biete «schritt:weise» ideale Bedingungen, um Familien nachhaltig zu fördern. «Derart umfassend wirkt kaum ein anderes mir bekanntes Programm.»

Weitere Informationen: www.srk-baselland.ch/fruehfoerderung

Dieser Beitrag wurde uns von der Migrationszeitung MIX (Ausgabe 26, Mai 2014) zur Verfügung gestellt. Die MIX ist ein Gemeinschaftsprodukt der Kantone BS, BL, BE, GR und SO zur Information und Versachlichung der Diskussion rund um das Thema Integration. Im Kanton Basel-Stadt wird die MIX durch das Präsidialdepartement, Fachstelle Diversität und Integration in der Kantons-und Stadtentwicklung, und im Kanton Basel-Landschaft durch die Sicherheitsdirektion BL, Fachbereich Integration, unterstützt.

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Dieser Beitrag wurde uns von der Migrationszeitung MIX (Ausgabe 26, Mai 2014) zur Verfügung gestellt. 

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