Die Spezialitätenmesse «Authentica» gastiert dieses Wochenende zum ersten Mal in Basel. In der ehemaligen Wasserfilteranlage auf dem Bruderholz findet man ab heute allerlei Handwerk – vom Möbel über Kleider bis hin zum Essen. Wir waren während des Aufbaus vor Ort.
Achtung, wer nur über die Spezialistenmesse lesen möchte, muss jetzt zwei Abschnitte runterscrollen. Denn zuerst müssen wir über den Ort reden, an dem die Messe stattfindet: der Filter 4 auf dem Bruderholz. Wow, dieser Ort! An der Reservoirstrasse, zwischen Wasserturm und Tramhaltestelle Jakobsberg, liegt ein kleiner Park. Darauf steht im Halbkreis, was aussieht wie eine lange, graue Mauer. Darin eingelassen sind Türen, und tritt man hindurch führen metallene Treppen nach unten, hinein in ein Gewölbe, das mit seinen dicken, sandfarbenen Säulen fast sakral wirkt. Kleine, runde Bodenlichter werfen blaues und oranges Licht an die Deckenbögen.
Hier könnte man glatt religiös werden. Das Filter 4 von innen. (Bild: Dirk Wetzel)
Wir befinden uns in einer Filteranlage aus dem Jahr 1903, früher stand das Gewölbe unter Wasser. An den Säulen zeigen feine Linien noch den damaligen Wasserstand an. Es sickerte durch den sandigen Boden, wurde so gereinigt und floss dann weiter in die Basler Haushalte. 2006 wurde die Anlage stillgelegt, heute veranstaltet der Kulturveranstalter Fredy Hadorn in der IWB-Anlage Ausstellungen, Balletvorführungen oder Konzerte – und vermietet sie eben jetzt, zum ersten Mal, an die Spezialitätenmesse «Authentica».
Von Freitag bis Sonntag verkaufen 60 Produzenten im Filter 4 ihre Spezialitäten, einerseits gibt es Handwerk wie Hüte, Lampen, Messer, Taschen oder Möbel, andererseits Speis und Trank wie Wein, Tee, Safranprodukte oder Biberli (siehe Programm). Die Messe kehrt jährlich in dieselben Städte zurück. Das erste Mal fand sie 2012 im Kapuzinerkloster Solothurn statt.
Kleiderbügel mit Papiertraum
Wir haben der Messe während des Aufbaus einen Besuch abgestattet. Am Donnerstagmorgen ist es noch ruhig auf dem Filter-4-Gelände. Die ersten Produzenten kommen, um ihren Stand aufzubauen. Auf dem Vorplatz lädt der Weinbauer Thomas Marugg aus Fälsch GR Kartons aus dem Auto und trägt sie ins Gewölbe.
An einer der Säulen ist ein Kleiderbügel angebracht. Daran hängt eine filigrane Collage aus dünnen Papiervierecken in zartem zitronengelb, hellgrün, samtblau, die unten in Fransen ausläuft. Es ist ein Werk der Allschwiler Papier-Designerin Tami Komai. Sie hat bereits einige ihrer Installationen für die Messe aufgestellt.
Papier vom Feinsten, die Papierbilder von Tami Komai (nicht auf dem Bild). (Bild: Dirk Wetzel)
Weiter hinten im Raum kniet René Fritschi zwischen einer Kommode und einer Lampe am Boden und hantiert mit einem Kabel. In seiner Manufaktur in Oberentfelden (AG) gibt er alten Möbeln «eine neue Form», wie er sagt. Aus einem Motorengehäuse eines Staubsaugers hat er einen Lampenschirm gemacht. Einer alten Kommode hat er eine neue Front aus den Brettchen von Weinkisten verpasst, Flaschenhälse mit Korken dienen als Griffe. Fritschi möchte nicht Handwerker genannt werden, sondern «Kunstschaffender».
Fiat lux. René Fritschi macht aus Staubsaugern Lampenschirme. (Bild: Dirk Wetzel)
Anders der Bieler Patrik Widmer, der soeben das Podest für seine Velos aufstellt. Er möchte zwar, dass seine Fahrräder gefallen, «aber in erster Linie müssen sie funktionieren und Spass machen».
Alle Produzenten, die an der Authentica ausstellen, fertigen ihre Ware in der Schweiz, alle leben davon und alle produzieren mit ihren eigenen Händen. So will es Urs Bucher, Gastronom und Mitbegründer der Spezialitätenmesse. «Wir wollen die Leute wegführen von billiger Massenware, hin zu guten Produkten, die von Menschen mit Leidenschaft gemacht wurden.»
Er will sich nicht nur von grossen Warenmessen abgrenzen, sondern auch von sogenannt «nachhaltigen» Messen, die zwar ökologische Produkte anbieten, die aber von Grossbetrieben aus Deutschland stammen. «Sie drücken die Preise in der Schweiz – und der Kunde hat keine Ahnung, wer überhaupt hinter so einem riesigen Betrieb steht.»
An den Ständen stehen die Chefs
Anders an der Authentica: Kleinstbetriebe sind besonders erwünscht, weshalb Bucher versucht, die Standkosten tief zu halten. «So werden wir als Messebetreiber zwar nicht reich, aber wir schreiben schwarze Zahlen.» Die Handwerker, die hier verkaufen wollen, müssen selber am Stand stehen und dürfen nicht einfach einen Angestellten schicken. «Der Produzent kennt sein Produkt am besten, also muss er auch hier sein und die Fragen der Kunden beantworten», sagt Bucher. Zweitrangig ist dafür, ob ein hier verkaufter Sirup bio ist oder nicht. Bucher: «Heutzutage sieht man ja vor lauter Labels den Menschen gar nicht mehr.»
Dafür gibt es jedes Produkt nur einmal: Es gibt nur einen Stand mit Hanfprodukten, nur einen Nussverkäufer. Das mag dem freien Markt widersprechen, auf dem Konkurrenz heilig ist, weil sie die Qualität steigern und den Preis drücken soll. Aber für die Kundin ist das erholsam: Es nimmt einem den Stress, zwischen 100 Produkten auswählen zu müssen. Und statt kiloweise billiger Würste kauft man stattdessen eine spezielle Wurst. Die schmeckt dann dafür richtig.
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Authentica, Freitag, 19. August, bis Sonntag, 21. August ab 11 Uhr; Eintritt: 8 Franken, bis 16 Jahre gratis.
Anfahrt: Mit dem 16er-Tram bis Haltestelle Jakobsberg, von dort fünf Minuten zu Fuss bergauf. Mit dem Auto zum Parkhaus Leimgrube, Dreispitz-Areal. Von dort mit dem 16-er-Tram bis Haltestelle Jakobsberg.