Scientology verstärkt ihre Aktivitäten in Basel. Nachdem bekannt wurde, dass die Psycho-Sekte im Hegenheimerquartier eine «Kirche» plant, ködert nun die Scientology-nahe «Bürgerkommission für Menschenrechte» (CCHR) auf dem Rümelinsplatz Passanten mit einer Anti-Psychiatrie-Ausstellung.
Bis vor einigen Jahren war das Modehaus Rümelin bekannt wegen seiner Damenmode für grosse Grössen. Und wegen seiner Schaufenster zur Weihnachtszeit, die beim Schaufensterwettbewerb Prix déco der «Basler Zeitung» stets zu den Favoriten gehörte. In diesem Advent sind die Schaufenster nicht eben weihnächtlich gestaltet. Stattdessen stechen Plakate und Bildschirme mit reisserischen Slogans ins Auge: Sie werben für die Ausstellung «Psychiatrie – Tod statt Hilfe» der «Bürgerkommission für Menschenrechte» (Citizen Commission on Human Rights, CCHR).
Nachdem die Betreiber der Ausstellung tagelang unbehelligt Flyer an Passanten verteilten, erhielten sie am Montagmorgen Besuch von der Polizei. Grund: Für das Verteilen von Werbematerial auf der Allmend fehlt den Organisatoren die Bewilligung. Kaum war die Polizei verschwunden, verteilten die CCHR-Leute ihre Flyer munter weiter. In der Ausstellung werden an Stellwänden und auf Bildschirmen einschlägige Informationen über das «Milliardengeschäft Psychiatrie» verbreitet, insbesondere gegen das Verschreiben von Psychopharmaka. Dass die CCHR selbst einen Sinn fürs Geschäftliche hat, zeigt der Umstand, dass die Filme auf DVD verkauft werden.
Verschleierte Nähe zu Scientology
«Wir stehen Scientology nahe, gehören organisatorisch aber nicht dazu», erklärt ein Mitarbeiter freimütig. Für weitere Auskünfte verweist der Mitarbeiter an den Veranstalter der Ausstellung, Felix Altorfer. Dieser stellt sich auf den Standpunkt, dass das Verteilen von Flyern für die Ausstellung keiner Bewilligung bedürfe. «Wir haben ein politisches Anliegen. Darüber zu informieren ist durch das Recht auf freie Meinungsäusserung gedeckt», erklärt er auf die Frage der TagesWoche, wieso seine Leute trotz polizeilichem Hinweis auf die fehlende Bewilligung weiterhin Flyer verteilten. Auch einen Hinweis auf die Nähe seiner Organisation zu Scientology findet er nicht nötig. «Wir sind eine unabhängige Organisation und viele unserer Mitglieder haben mit Scientology nichts zu tun.»
Was Altorfer antreibt, stand unlängst in der «Basellandschaftlichen Zeitung» (bz) zu lesen. Diese bot dem «Menschenrechtler» in ihrer Ausgabe vom 3. Dezember reichlich Platz, um seine Ansichten zu verbreiten: «Psychiatrie ist eine Pseudowissenschaft» lautet eine Aussage, «In der Psychiatrie ist niemand gut aufgehoben» eine andere. Dass die ominöse «Bürgerkommission» Scientology nahesteht, erfährt man in dem bz-Artikel nicht. Und das, obwohl das Mutterblatt der bz, die «Aargauer Zeitung» im Februar diesen Jahres in einem ausführlichen Artikel über die Aktivitäten der CCHR berichtete. Damals war die Ausstellung in Baden, wo sie für ähnlichen Ärger sorgte wie jetzt in Basel.
CCHR sorgt nicht nur in Basel für Ärger
Im Juni sah sich die Zürcher Regierung veranlasst, in einer Antwort auf eine Anfrage der SP festzuhalten, keine Räume an Scientology vermieten zu wollen. Anlass für die Anfrage war die Vermietung der Alten Börse in Zürich an die CCHR für die Dauer von fünf Tagen. Die Zürcher Regierung erklärte die Vermietung mit dem Umstand, dass ihr der Zusammenhang zwischen CCHR und Scientology nicht bekannt gewesen sei. Ob sich der Besitzer der Liegenschaft Rümelinsplatz 1 bewusst ist, an wen er seine Räumlichkeiten vermietet hat, ist unklar. Die Liegenschaft wurde im Oktober 2006 von der Basler Klimson AG an die Shinma Holdings S.à.r.L. mit Sitz im luxemburgischen Schuttrange verkauft. Die Klimson AG besass das Gebäude während der Zeit, in der es das Modehaus Rümelin beherbergte.
Scientology hat ihren Hauptsitz in Basel am Herrengrabenweg 56. Diese Liegenschaft soll zugunsten eines geplanten Kirchenbaus aufgegeben werden: Laut einem Bericht im «Sonntag» vom 30. Oktober plant Scientology im Hegenheimerquartier eine von vier «Ideal-Org»-Kirchen Europas. Neben dem Hauptsitz führt die Sekte eine Niederlassung an der Rebgasse 5. Auch am Claraplatz werden Leute offensiv von Scientology-Vertretern angesprochen und zu sogenannten «Persönlichkeitstests» eingeladen. Darauf angesprochen, erklärt Polizeisprecher Klaus Mannhart: «Das aggressive Werben von Scientology war früher ein grösseres Thema als heute.» Diesbezügliche Klagen habe es aber seit mehreren Jahren nicht mehr gegeben.
Wer in Basel Informationsmaterial unter die Leute bringen will, braucht dafür die Bewilligung für einen Infostand von der Allmendverwaltung. Scientology und ihr nahestehende Organisationen wie die CCHR hätten aufgrund ihrer Aktivitäten ein klar begrenztes Kontingent erhalten. Die aktuelle Aktion falle nicht darunter. Das unbewilligte Verteilen von Flyern ist wiederum in der Strassenverkehrsordnung geregelt und fällt damit in die Zuständigkeit der Polizei.