Sein Haus hat 112 Zimmer

Milan Kadlcik ist der Herr des De-Wette-Schulhauses. Als Schulhausabwart verbringt er fast mehr Zeit am Computer denn mit Werkzeug. Doch sein Ansporn bleibt eine saubere, sichere Schule.

Licht? Geht. Storen? Check. Milan Kadlcik macht das De-Wette-Schulhaus fit fürs neue Schuljahr.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Milan Kadlcik ist der Herr des De-Wette-Schulhauses. Als Schulhausabwart verbringt er fast mehr Zeit am Computer denn mit Werkzeug. Doch sein Ansporn bleibt eine saubere, sichere Schule.

Stolz präsentiert Milan Kadlcik (48) die Dachterrasse des De-Wette-Schulhauses. Die Aussicht ist beeindruckend. Rechts ragt der Rocheturm in den Himmel, links liegt die Elisabethenkirche und geradeaus sieht man – fast klein – den blauen Messeturm. «Hier haben nur Lehrer Zugang», sagt Kadlcik. Und natürlich er. Seit 2009 arbeitet er als Hauswart im De-Wette-Schulhaus.

Kadlcik trägt kurze Hosen, ein rotes Poloshirt und gut gedämpfte Turnschuhe. In einer eleganten Ledertasche steckt sein Smartphone, befestigt am Gurt und stets griffbereit. Wie ein Cowboy seinen Colt hat er das Smartphone ständig bei sich. 

Planung ist sein Erfolgsrezept

Der Beweis, dass er das Schulhaus voll im Griff hat, ist aber der dicke Schlüsselbund. Der Mann kennt hier jeden Winkel in jedem der 112 Räume. In den Sommerferien ist hier alles ruhig, doch für den Abwart ist es trotzdem eine strenge Zeit. Er muss das Gebäude für das neue Schuljahr rüsten: Grundreinigung, Reparaturen und Schlüsselbestellungen für die neuen Lehrer.

Im kommenden Schuljahr beginnt die Umstellung im De-Wette-Schulhaus: Aus der Weiterbildungsschule (WBS) wird innert zwei Jahren eine Sekundarschule (Sek). Wegen der Umstrukturierung fangen im nächsten Schuljahr 25 neue Lehrer an. Die Veränderungen im Schulsystem spürt Kadlcik sofort: «Wenn die neuen Lehrer kommen und ich kann keine Schlüssel aushändigen, dann ist das peinlich», sagt er. Einen neuen Schlüssel machen zu lassen dauere bis zu zwei Monate. Planung ist sein Erfolgsrezept. «Wenn man plant, dann hat man auch keinen Stress», erklärt Kadlcik.



Zwei mit dicken Schlüsseln: Das Hausabwart-Team des De-Wette-Schulhauses.

Zwei mit dicken Schlüsseln: Das Hausabwart-Team des De-Wette-Schulhauses. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Die Schulen bieten immer mehr. «Heute gibt es Tagesstrukturen, mit denen man sein Kind betreuen lassen kann.» Bald komme der zweite Schulpsychologe. Das sei ein grosses Bedürfnis. «Als ich in die Schule ging, gab es das noch nicht.» In Zukunft werden mehr Jugendliche das De-Wette-Schulhaus besuchen. Neu gibt es im Sek-Schulhaus drei Stufen und die Jugendlichen sind ein Jahr jünger bei Schuleintritt.

Schon nächste Woche werden hier Jugendliche zwischen 13 und 16 Jahren durch die Gänge toben, die Kadlcik im Sommer gereinigt hat. «Ich sehe bei drei Stufen nur Vorteile», erklärt er. Zwei Jahre seien eine sehr kurze Zeit. Bei drei Jahren lerne man die Schülerinnen und Schüler auch besser kennen. Die Beziehung zueinander vertiefe sich. «Der Schulabwart hat von allen Haustechnikern oder eben Facility Managern am meisten mit Menschen zu tun», sagt er. «Wenn man das nicht will, ist man hier am falschen Ort.»

«Früher gab es Kernseife», sagt Kadlcik. Heute gibt es für jedes Material einen speziellen Reiniger und ein spezielles Reinigungstuch.

Das Thema Sicherheit ist für Kadlcik von grosser Bedeutung und beschert ihm viel Schreibtischarbeit. In seinem Haus mit den 112 Zimmern muss er periodisch die Notbeleuchtung kontrollieren. Anschliessend muss er die Kontrollen dokumentieren. Dadurch sitzt er immer häufiger am Computer, plant und organisiert. Nicht nur die Schule bietet immer mehr, auch für den Hauswart werden die Arbeiten immer komplexer. «Früher gab es Kernseife», sagt Kadlcik. Heute gibt es für jedes Material einen speziellen Reiniger und dazu auch noch ein spezielles Reinigungstuch.

Das Telefon klingelt, der Schreiner meldet sich wegen eines Auftrags. Ein kleiner Auftrag auf der langen Mängelliste, die neben dem übergrossen Terminkalender in seinem Büro hängt. Viele Arbeiten kann Kadlcik aus zeitlichen Gründen nicht selbst erledigen. Er vergibt die Aufträge für Reinigung oder Handwerksarbeiten an externe Firmen. Früher habe der Hauswart noch alles selber gemacht.

Er sieht sich als Dienstleister. «Es ist ein Dreieck aus Hauswart, Schulleitung und Lehrern.» Das Dreieck müsse funktionieren. Denn er sei abhängig von der Schulleitung. Eltern, die ihr Kind vielleicht an die De-Wette-Schule schicken wollen, will er sagen können, dass es eine saubere, gute und sichere Schule ist: «Das ist mein Ansporn.»

Die Zeit der Blaukittel ist vorbei

Es ist aber nicht nur die Funktion des Hauswarts, die Kadlcik für sich neu definiert. Auch die Wahrnehmung seiner Person hat sich verändert. «Die Zeiten des Blaukittels mit dem Stumpen im Mund, der auf dem Pausenplatz rumschreit, sind vorbei», sagt er. Er sieht sich als lässigen Typ, den die Jugendlichen auch einmal an einem Hockeymatch oder einem FCB-Spiel antreffen. In seiner Freizeit boxt er. Musik darf nie fehlen. «Die Jugendlichen sehen dann, dass der Hauswart ein ganz normaler Typ ist», erklärt er.

Von der Dachterrasse geht es abwärts zu den Unterrichtsräumen. Er kramt seinen Schlüsselbund hervor und schliesst ein Zimmer auf. Im lichtdurchfluteten Raum sticht der dunkle Holzboden hervor. «So einen Boden würde ich sofort bei mir zu Hause verlegen», schwärmt Kadlcik. Das Mahagoniholz sei härter als Eiche. Das Haus habe eine tolle Bausubstanz, lobt er das hundertjährige Gebäude weiter. 99 Prozent der Schulabwarte empfänden eine gewisse Nähe zu ihrem Gebäude, sagt Milan Kadlcik. Da macht auch seine Haltung zum Schulhaus mit den 112 Zimmern keine Ausnahme: «Das ist schon meine Kiste.».

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