Selfies und soziale Medien sind die beliebtesten Sujets an der Fasnacht 2015. In Bezug auf Mohammed-Karikaturen bittet das Fasnachts-Comité für einmal aber aktiv um einen Verzicht.
Das blutige Attentat auf die Redaktion von «Charlie Hebdo» bewog das Basler Fasnachts-Comité, bereits vor der Fasnacht eine deutliche Empfehlung abzugeben: Auf Mohammed-Karikaturen mögen die Fasnächtler doch bitte verzichten.
Das Fasnachts-Comité empfehle den Fasnächtlern deshalb, den Religionen mit Respekt zu begegnen und beispielsweise Mohammed nicht zu karikieren. Diese Haltung vertrete das Comité von sich aus und nicht etwa, weil man dazu aufgefordert wurde, wie Obmaa Christoph Bürgin heute Donnerstag sagte.
Deutliche Bitte
Dennoch: Das ist in dieser Deutlichkeit neu. Denn normalerweise mischt sich das Comité nicht in die Sujets, Bildwahl oder deren Umsetzung ein. Bürgin aber schränkt gleichzeitig ein: «Fasnacht soll kritisch sein und ist ein Ventil gegen die Obrigkeit; sie soll aber auch die Grenzen des Respekts einhalten.» Das Fasnachts-Comité sei aber keine Zensurbehörde und glaube daran, dass die Fasnächtler verantwortungsvoll mit dem Thema umgehen würden.
Es sind aber auch Worte, die an jenen Tweet erinnern, den Bundesrätin Doris Leuthard noch am Tag des Attentats absetzte und wenige Stunden später wegen empörter Reaktionen präzisieren musste:
BR Leuthard: Satire ist kein Freipass. Aber keine Darstellung, keine Publikation legitimiert Gewalt. Das ist aufs Schärfste zu verurteilen.
— UVEK – DETEC – DATEC (@UVEK) 7. Januar 2015
BR Leuhtard: Achtung, gab teilweise Missverständnis: Bin bestürzt über Anschlag. Pressefreiheit ist Grundrecht! Nichts rechtfertigt Attentat
— UVEK – DETEC – DATEC (@UVEK) 7. Januar 2015
Ob das Fasnachts-Comité damit selbst noch kurzfristig zum Sujet wird, zeigt sich spätestens in zwei Wochen, wenn die Fasnacht am Montag, 23. Februar, um 4 Uhr mit dem Morgestraich beginnt. Bekannt allerdings ist, welche Themen die Basler im vergangenen Jahr wirklich beschäftigt haben.
Top-Trend Selbstporträt
Und das sind: Selfies. Die sind 2015 überall, und zwar nicht nur auf Social-Media-Kanälen wie Facebook, Instagram oder Twitter, sondern speziell an der Fasnacht: Das kleine Selbstporträt zwischendurch führt dieses Jahr die Sujet-Rangliste an.
Mit 29 Nennungen im Fasnachtsführer «Rädäbäng» steht der Selfie-Trend deutlich an der Spitze. Mit den Schnappschüssen befassen sich – wenig verwunderlich – vor allem die Jungen Garden und Wagen-Cliquen. 17-mal wurde ein anderes Thema gewählt, das mit sozialen Medien zu tun hat. Internet-Phänomene haben es den Fasnächtlern angetan.
Aber auch die gescheiterte Kantonsfusion hat sie nicht kalt gelassen: 17-mal wurde die Fusion als Sujet gewählt. Mit dem einen oder anderen Höhenfeuer sei getrost zu rechnen, hiess es. Aufs Thema Fusion folgen die Kunstthemen (15 Nennungen), insbesondere die Art Basel ist mit der Pappteller-Affäre gut vertreten. Das Thema städtische Abfallentsorgung (14) ist unter den beliebtesten Sujets auf Platz fünf.
Sujet-Nennungen: hauptsächlich Annahmen
Insgesamt 473 Einheiten nehmen an der Fasnacht 2015 teil. Die Zahl der einzelnen Teilnehmer hat sich im Vergleich zum letzten Jahr kaum verändert. Das Fasnachts-Comité hat alle genannten Sujets in 33 Sujet-Gruppen zusammengefasst.
Wie immer sei diese Liste als «nicht wissenschaftlich» zu verstehen, wie Comité-Obmaa Christoph Bürgin sagt: Denn im Fasnachtsführer «Rädäbäng», auf den sich das Comité bezieht, sind die Sujets oftmals schwer zu deuten. Die genaue Umsetzung bleibt oft bis zur Fasnacht geheim.
Im Mittelfeld der Rangliste folgen ernsthafte Themen. Zwölf Gruppierungen – davon sechs Stammcliquen – befassen sich mit menschlichen Verhaltensweisen wie Angst oder Gesichtslosigkeit.
Sozusagen Gastland an der Basler Fasnacht ist Frankreich: Insbesondere Präsident François Hollande sorgte für Sujet-Ideen (12 Nennungen). Aber auch die Weltpolitik schlägt sich an der Fasnacht nieder: 11 Einheiten greifen Themen zur Weltlage auf; so kommt Basel beispielsweise in den Genuss eines fasnächtlichen OSZE-Kongresses. Und während die einen das Verhalten von Russland reflektieren, würden andere generell nach dem Frieden suchen. Er erwarte angesichts der Weltlage eine besonders gesellschaftskritische und politische Fasnacht, sagt Bürgin.
Bängg strichen bereits einige Islam-Verse
In diesem Zusammenhang sind vor allem die Bänggler gefragt, die sich auch mit hochaktuellen Themen befassen. Thommy Wöhrle, Obmaa der «Bängg fir Basel», sagt: «Es ist den Gruppen freigestellt, ob sie Verse zum Islam singen wollen oder nicht.» Es habe aber Bängg, die solche Verse wieder aus dem Programm rausgenommen hätten.
Die Comité-Bängg machen derweil dem Sujet «Social Media» alle Ehre. Sie hätten genug von Schnitzelbangg-Aufnahmen in schlechter Qualität auf Youtube, sagt Obmann Walo Niedermann. Ihre Schnitzelbängge aus dem Schauspielhaus werden deshalb alle live übertragen.
Mit dem letztjährigen Konzept des Cortège zeigt sich das Comité zufrieden und hat nichts verändert. Dafür rüstet die Stadt für die Fasnacht beim Toiletten-Angebot auf.