Sherlock und sein Gedankenpalast

Zwei Jahre war es ruhig um Sherlock und seinen Watson. Nun strahlte die BBC am Neujahrstag eine neue Folge aus, die im Jahr 1895 spielt. Tatsächlich? (Achtung, dieser Text enthält Spoiler!)

Sherlock und Watson im Kostümrausch.

(Bild: ©BBC/Robert Viglasky)

Zwei Jahre war es ruhig um Sherlock und seinen Watson. Nun strahlte die BBC am Neujahrstag eine neue Folge aus, die im Jahr 1895 spielt. Tatsächlich? (Achtung, dieser Text enthält Spoiler!)

Seit Wochen fixte die BBC die «Sherlock»-Fans an, via Facebook und auf Youtube, mit kurzen Trailern, die Sherlock (Benedict Cumberbatch) und Watson (Martin Freeman) in viktorianischer Kleidung zeigten. Selbst einen Countdown gabs, bevor am Neujahrstag, abends um 22 Uhr MEZ, die Folge schliesslich auf BBC One zu sehen war.

Sherlock ermittle diesmal im Jahr 1895, hiess es – und die Fans waren gespannt. Eine Sonderfolge? Nur so aus Spass, damit die Protagonisten sich mal verkleiden konnten, oder warum wohl?

Nun, «The Abominable Bride» – so der Titel der Folge – beginnt im zweiten Anglo-Afghanistan-Krieg. Watson in Uniform wird verwundet, nach Genesung wegtransportiert, kommt nach London, wo er eine Unterkunft sucht. Im Leichenschauhaus wird er mit Sherlock bekannt gemacht. Und irgendwie beschleicht einen das Gefühl, man hätte diese Szene bereits einmal gesehen – nur 120 Jahre später gespielt.

Das Personal ist dasselbe wie in den Jahren 2010–2014. Da ist Mary, Watsons Frau, da sind der Inspektor, die Pathologin, die Vermieterin und natürlich Sherlocks Bruder, der unglaublich an Gewicht zugelegt hat. Selbst Sherlocks Erzfeind ist da: Moriarty.

Auch der Plot ist rasch erzählt: Sherlock soll einen Fall aufklären, bei dem eine vermeintlich tote Frau als Serienmörderin durch London zieht. Und so plätschert die Geschichte in gewohnter Manier dahin, mit all den Sprüchen und (fast) allem, was man sich gewohnt ist.

Ein verräterischer Satz

Und dann fällt da plötzlich dieser Satz, der uns verwirrt. Sherlocks Bruder sagt: «He’s like a virus in your data.» Moment mal, ein Datenvirus? Im Jahr 1895?

Wir hatten uns ja im Vorfeld schon gefragt, wie diese Folge ohne die technischen Gadgets auskommen wird, die Mobiltelefone zum Beispiel, die in den früheren Folgen so wichtig sind. Dafür wurden Lösungen gefunden, soviel sei verraten.

Das Datenvirus aber ist der erste Hinweis darauf, dass diese neue Folge gar nicht das ist, was sie vorzugeben scheint.

Der Virus ist die Folge selbst.

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Nun soll nur weiterlesen, wer keine Angst vor Spoilern hat.

«The Abominable Bride» hat ein bisschen was vom jüngsten «Holmes»-Kinofilm. Da muss der alte Holmes einen alten Fall lösen, um Ruhe zu finden. Der junge Kollege nun tut es ihm gleich: Er löst einen 120 Jahre alten Fall – in seinem Kopf. Sinn und Zweck der Übung, für die sich der moderne Sherlock mittels einer Überdosis Drogen in seinen «Gedankenpalast» verzieht, ist es, Moriarty zu finden.

Wir erinnern uns: Die letzte Episode vor zwei Jahren endete damit, dass der totgeglaubte Erzfeind wieder aufgetaucht ist. Die vermeintlich tote Frau, die London im Jahr 1895 heimsuchte, ist nur der Platzhalter in Sherlocks Gedankenspiel.

So endet die Folge da, wo sich wieder anknüpfen lässt: Im Jahr 2014. Und wir Fans warten nun wieder darauf, wie es weitergeht. Wahrscheinlich nicht in viktorianischen Kostümen – soviel lässt sich sagen.

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