Sie nannten ihn Hansi

James Last ist tot. Mit ihm stirbt ein Wegbereiter des «Easy Listenings». Er liess durchdachte Arrangements einfach wirken und lieferte den Soundtrack zum Wirtschaftswunder.

Stilsicher: James Last bei einem Auftritt in Zürichs 2009.

(Bild: Keystone)

James Last ist tot. Mit ihm stirbt ein Wegbereiter des «Easy Listenings». Er liess durchdachte Arrangements einfach wirken und lieferte den Soundtrack zum Wirtschaftswunder.

Er wurde 86 Jahre alt, 90 Mal trat er in der Royal Albert Hall auf und er erspielte sich in einer 50-jährigen Karriere als Bandleader 207 goldene Schallplatten. James Last prägte den deutschen Schlager wie kein Zweiter. Hans Last – wie er 1929 in Bremen getauft wurde – beschallte die Wohnzimmer der Wirtschaftswundergeneration, tourte hinter dem Eisernen Vorhang und wurde nach der Jahrtausendwende richtig cool, als Quentin Tarantino die Last-Kompostion «Der einsame Hirte» in «Kill Bill» einsetzte.

Zwischenzeitlich wurde der Mann im weissen Anzug als Schlagerfuzzi abgetan. Tatsächlich verkörpterte Last die hohe Schule einer Gattung, die heute als «Easy Listening» goutiert wird. Er komponierte selber, oft aber arrangierte er internationale Hits für sein Orchester. Er machte aus Disco, osteuropäischer Folklore und vielen anderen Stilen Schlager. Zudem liess er die Stücke auf Platten wie «Non-Stop-Dancing» ohne Unterbruch ineinander fliessen. So sorgte er für Durchhörbarkeit und bediente ein Publikum, dass weder der Sub- noch der Hochkultur zugetan war, sondern einfach unterhalten werden wollte.

James Last stellte seinen Musikern gerne einen Gin Tonic hin mit den Worten: «Die Suppe, der Herr.»

Dabei war seine Musik anspruchsvoller, als sie sich anhörte. Seine Kunst bestand darin, das Schwierige leicht wirken zu lassen. Die Musiker seines Orchesters waren Könner, die er über Jahre und Jahrzehnte in den Dienst der Gruppe stellte. Und so seriös die Truppe in ihren Anzügen wirkte, hinter den Kulissen wurde kräftig gefeiert. In einem Bericht im deutschen «Rolling Stone» erzählten Orchestermitglieder, dass Last nach Auftritten seinen Musikern in der Hotelbar gern einen Gin Tonic hinstelle mit den Worten: «Die Suppe, der Herr.»

Um die Jahrtausendwende wurde Last, der die letzten Jahre in Florida lebte, von jüngeren Musikern wiederentdeckt. So entstand etwa eine Kollaboration mit der Hip-Hop-Truppe Fettes Brot. Auf einmal war Last wieder lässig. Musikmagazine und Feuilletons widmeten ihm Artikel, für Fotos wurde der legendäre Rockfotograf Anton Corbijn aufgeboten.

2004 landete Last noch einmal einen Hit mit dem selbstironisch betitelten Album «They Call Me Hansi».

Ironie war ohnehin ein Markenzeichen. «Legen Sie mal den Stock zur Seite, robben Sie zur Bühne vor und tanzen Sie – oder legen Sie sich hin», fordert er das Publikum bei einem Auftritt in Zürich 2002 auf. Er selber hatte es nicht so mit dem Hinlegen: Erst im April beendete er seine Abschiedstournee mit einem Konzert in Köln.

Nun ist der Mann, der den weissen Anzug tragen konnte wie kein Anderer, für immer abgegangen.

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