Snowden heuert wohl bei russischem Facebook an

Einen Tag nach dem Treffen mit Hans-Christian Ströbele hat Edward Snowden am Freitag eine Stelle bei einer grossen russischen Website angetreten, vermutlich beim Facebook-Pendant Vkontakte. Unterdessen tüfteln die russischen Behörden an der Perfektionierung ihrer Überwachungstechnik.

Von Hong Kong nach Moskau, vom Geheimdienst zu Facebook-Pendant: Edward Snowden hat wohl einen neuen Job. (Bild: sda)

Einen Tag nach dem Treffen mit Hans-Christian Ströbele hat Edward Snowden am Freitag eine Stelle bei einer grossen russischen Website angetreten, vermutlich beim Facebook-Pendant Vkontakte. Unterdessen tüfteln die russischen Behörden an der Perfektionierung ihrer Überwachungstechnik.

Die Anmeldung beim russischen Facebook-Pendant funktioniert in weniger als zwei Minuten: Name, Vorname und Geschlecht will die Webseite mit dem Namen Vkontakte (zu Deutsch: in Kontakt) wissen, die Angabe von Schule oder Uni ist optional. Doch dann interessiert sich das soziale Netzwerk «aus Sicherheitsgründen» nicht etwa wie sein amerikanischer Konkurrent für die Emailadresse des Nutzers, sondern verlangt eine Mobilfunknummer, an die ein fünfstelliger Pincode gesendet wird. Die Mobilfunknummer wiederum ist in Russland zumindest in der Theorie nur gegen Vorlage des Passes erhältlich, eine anonyme Nutzung somit praktisch unmöglich.

Seit Freitag hat Vkontakte, das 230 Millionen Nutzer hat und bei den sozialen Netzwerken in Russland eindeutig gegenüber Facebook dominiert, vermutlich mit Edward Snowden einen prominenten neuen Mitarbeiter. Sein Mandant werde für eine grosse russische Webseite arbeiten, hatte Snowden-Anwalt Anatolij Kutscherena am Donnerstag erklärt.

Bürger kaum besser geschützt als in Russland

Nähere Angaben zu dem Unternehmen wollte Kutscherena zwar nicht machen, doch da andere grosse Internetunternehmen bereits dementierten und Vkontakte-Chef Pawel Durow Snowden bereits im August eine Jobofferte gemacht hatte, wird allgemein davon ausgegangen, dass der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter nun für das soziale Netzwerk tätig ist.

Um den Schutz der Internetnutzer vor staatlicher Bespitzelung ist es allerdings in Russland kaum besser gestellt als in den USA, wo Snowden mit seinen Enthüllungen die Diskussion um Internet- und Telefonüberwachung ausgelöst hatte. Technisch umgesetzt wird die Überwachung durch den russischen Geheimdienst FSB mit einem System namens SORM.

Bereits seit 1996 wird damit ein Abhören von Telefongesprächen ermöglicht, das System SORM-2 erlaubt auch den Zugriff auf Internetdaten. Dabei sind Telekommunikationsanbieter seit 2008 verpflichtet, dem FSB das Mitlesen des Internetverkehrs zu ermöglichen. Dazu wie zum Abhören von Telefonen ist zwar auch in Russland eine richterliche Anordnung notwendig, die aber nach Informationen der Nachrichtenagentur RIA Novosti allein im Jahr 2012 über 500.000 Mal erteilt wurde.

SORM-2 reicht nich mehr

Den Geheimdienstlern genügen die technischen Möglichkeiten von SORM-2 allerdings nicht mehr, und so soll ein neues Gesetz ab Juli 2014 die Einführung des Nachfolgesystems SORM-3 ermöglichen. Dessen Kernpunkt: Sämtlicher Internetverkehr soll auf Kosten der Anbieter für 12 Stunden gespeichert werden. Und vor allem aus diesem Grund laufen die Provider Sturm gegen die neue Regelung, die für sie mit Kosten in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar verbunden sein dürfte.

Geltend gemacht wird von Kritikern des Projekts auch die durch die Verfassung geschützte Privatsphäre. Kennzeichnend für die russische Debatte ist aber ebenso ein eigentümlicher Stolz auf die technische Leistungsfähigkeit des Überwachungssystems. So lässt sich etwa ein Artikel im Magazin «Ekspert» ausführlich darüber aus, dass eine zwölfstündige Datenspeicherung des gesamten Internetverkehrs eines Landes «der letzte Schrei der Technik» sei, zu dem bislang nicht einmal die USA in der Lage seien. Bedenken vor einem Missbrauch der Möglichkeiten weist das Kommunikationsministerium zurück: Diese würden selbstverständlich nur zum Schutz der Bürger eingesetzt.

Alles zum Thema in unserem Dossier: Überwachung.

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