Krieg hin oder her: In Basel wurde 1915 der Nationalfeiertag wie in den Jahren zuvor mit viel Musik und Gesang begangen.
Die Basler – und die Baslerinnen nicht weniger – sind ein festfreudiges Völkchen. Das war vor 100 Jahren nicht viel anders als heute. Ein bisschen erstaunlich ist das schon, tobte doch damals ein mörderischer Krieg in Europa. Dem hatte die Basler Regierung im Frühjahr 1915 mit einem Fasnachtsverbot Rechnung getragen.
Die Freude an der Bundesfeier, die 1915 auf einen Sonntag fiel, wollte die Regierung den Leuten aber nicht auch noch vergällen. Dementsprechend setzte sie für die Nacht vom 1. auf den 2. August die Polizeistunde auf 2 Uhr morgens fest. Zudem durften Konzerte «bis Mitternacht ausgedehnt werden».
Punkto Konzerte hatten die Basler während der Bundesfeier von 1915 die Qual der Wahl. Zum einen fanden in mehreren Gaststätten Künstlerkonzerte statt, und zum andern warben zahlreiche Gesangs- und Musikvereine um die Gunst des Publikums.
«Militär in Uniform 20 Centimes»
Im Wirtshaus «Greifenbräu Horburg» an der Amerbachstrasse 66 beispielsweise wurde die Feier vom Männergesangsverein Kleinbasel und der Postmusik zusammen mit dem Turnverein Horburg organisiert. Der Eintritt betrug 20 Centimes, wobei Kinder unter zwölf Jahren keinen Zutritt hatten. Das Wirtshaus «Glock» in der Aeschenvorstadt seinerseits lockte mit einem «grossen Doppelkonzert» der Basler Strassenbahnermusik und der «humoristischen» Schrammelkapelle D’Stouriegler. Der Eintritt war frei; zum Trinken gab es Warteckbräu hell und dunkel, die Speisekarte war reichhaltig.
Die Anhänger des Basler Freisinns bekamen im Sommercasino den Basler Musikverein zu hören, und im Zoologischen Garten erfreute der Eisenbahner-Musikverein die Besucher von 3 bis 6 Uhr. Der Eintritt betrug 30 Centimes, «Militär in Uniform 20 Centimes».
Gedenkfeier für französischen Sozialistenführer
Mit einem grossen Publikumsaufmarsch rechnete man auf der Festwiese hinter dem Schützenmattpark. Rund 2000 Sitzplätze standen hier bereit, für elektrische Beleuchtung war gesorgt. Veranstalter war der Kantonalverband baselstädtischer Volksgesangsvereine unter Mitwirkung der Basler Jägermusik. Zu hören waren neben einer Ansprache des Kantonalpräsidenten Hrn. Pfr. H. Baur «Massenchöre und Musikvorträge». Der Eintritt inklusive Programm kostete 30 Centimes.
Gesang schätzten im Übrigen auch die Anhänger der Sozialistischen Jugendorganisation. Diese führte zwei Tage vor den diversen Bundesfeiern am 30. Juli eine Gedenkfeier für den französischen Sozialistenführer und Kriegsgegner Jean Jaurès durch. Jaurès war unmittelbar vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs am 31. Juli 1914 von einem französischen Nationalisten ermordet worden. Umrahmt wurde die Basler Gedenkfeier, an welcher der ehemalige elsässisch-lothringische Landtagsabgeordnete Grumbach den Ermordeten würdigte, durch den Gesangsverein «Freiheit».