So könnte das erweiterte Klybeck-Quartier in 30 Jahren aussehen

Die Testplanung für das 300’000 Quadratmeter grosse Entwicklungsgebiet Klybeck plus ist fertig. Entstanden sind höchst unterschiedliche Visionen: Die einen wollen möglichst viele bestehende Bauten bewahren, andere wollen es praktisch von null auf neu bebauen.

Testplanungs-Modell des Büros OMA aus Rotterdam mit «Kulturband» und Rheinterrasse.

Die Testplanung für das 300’000 Quadratmeter grosse Entwicklungsgebiet Klybeck plus ist fertig. Entstanden sind höchst unterschiedliche Visionen: Die einen wollen möglichst viele bestehende Bauten bewahren, andere wollen es praktisch von null auf neu bebauen.

Was soll aus dem alten Industriequartier Klybeck werden? Diese Frage brachte am Wochenende fast 200 Menschen zusammen. Quartierbewohner, Politiker, Architekten, Vertreter von Wohngenossenschaften und Kulturschaffende erschienen zur zweiten Beteiligungsveranstaltung für das Entwicklungsgebiet Klybeck plus. Der Kanton Basel-Stadt und die Grundbesitzer Novartis und BASF stellten ihre Testplanung vor. 

Der mächtige Industrieriegel durchtrennt heute die Kleinbasler Quartiere Klybeck und Matthäus vom Rhein bis zur Wiese. Seine Entwicklung vom Industrie zum Stadtquartier ist eine Chance, aber auch eine grosse Herausforderung – mit viel Potenzial für Auseinandersetzungen.

Lesen Sie dazu: «Ein geführter Rundgang durch das Klybeckareal»

Doch die Stimmung am Wochenende war gut, die Ideen der Testplanung wurden positiv aufgenommen. «Da sind sehr spannende Ansätze vorhanden», sagte etwa Christoph Moerikofer. Der Schauspieler, Regisseur und Hochschul-Dozent ist einer der Köpfe des Vereins «Zukunft.Klybeck», der sich als Lobby-Organisation für die mitsprachewillige Bevölkerung versteht. Im April hatte der Verein ein Workshop-Wochenende mit dem Titel «Hack.Klybeck» organisiert, an dem Baslerinnen und Basler eigene Ideen entwickelten. Sie sollen nun als Ideensplitter in den weiteren Planungsprozess einfliessen.

Wohlwollend gegenüber der Testplanung zeigte sich auch Martin Brändle von der Wohngenossenschaft Klybeck oder Theres Wernli, Co-Leiterin des Stadtteilsekretariats Kleinbasel.

Verdichtung durch Hochhäuser

Vier Planungsbüros waren mit der Testplanung beauftragt worden. Eines haben ihre Ideen gemein: Das neue Stadtquartier wird einige neue Hochhäuser erhalten. Dann aber ist es bereits vorbei mit Gemeinsamkeiten: Die einen wollen möglichst viel vom heutigen Bestand erhalten, andere möchten das Quartier praktisch von null auf neu bauen. 

Zu den einzelnen Projektskizzen:

Team AS+P, Frankfurt am Main mit Atelier LOIDL, Berlin



In den Köpfen der Planer rund um das Büro AS+P aus Frankfurt soll fast alles neu werden.

In den Köpfen der Planer rund um das Büro AS+P aus Frankfurt soll fast alles neu werden. (Bild: klybeckplus.ch)

Die Planer aus Frankfurt setzen vor allem auf Erneuerung. Erhalten bleiben sollen mehr oder weniger nur die Bauten, die auf der Inventarliste des Denkmalschutzes und der Novartis, welche ihre Bauten am Rhein weiter nutzen will, stehen. Bei der Dreirosenbücke am Rhein ist ein stark verdichteter Hochhaus-Cluster vorgesehen, während die Planer im Norden auf traditionelle Blockrandüberbauungen setzen. Der Horburgpark soll um rund einen Drittel vergrössert werden und an eine neue Markthalle angrenzen.



Plan des Teams AS+P aus Frankfurt.

Plan des Teams AS+P aus Frankfurt. (Bild: klybeckplus.ch)

Team Diener & Diener Basel mit Vogt Landschaftsarchitekten + Gruner AG Basel



Die Entwicklungsskizze des Teams Diener & Diener setzen auf möglichst viel Erhaltung des heutigen Bestands und auf einen zentralen grossstädtischen Platz.

Die Entwicklungsskizze des Teams Diener & Diener setzen auf möglichst viel Erhaltung des heutigen Bestands und auf einen zentralen grossstädtischen Platz. (Bild: klybeckplus.ch)

Herausragendes Merkmal der einheimischen Planer ist ein ausgedehnter zentraler Zentrumsplatz, der zugleich als teilweise begrünte Begegnungszone und als Knotenpunkt vor allem für den öffentlichen Verkehr dienen soll. Umrahmt werden soll dieser Platz von markanten Hochhäusern, während an den Ufern der Wiese und des Rheins parkähnliche Promenaden entstehen sollen, die durch die vom Autoverkehr befreite Mauerstrasse verbunden werden. Das Team Diener & Diener schlägt überdies vor, möglichst viele bestehende Industriebauten zu erhalten.



Plan des Teams Diener & Diener.

Plan des Teams Diener & Diener. (Bild: klybeckplus.ch)

Team Hans Kollhoff, Berlin



Das Teams rund um Hans Kollhoff aus Berlin will den Horburgpark vergrössern und einen grossen Bootshafen ausheben.

Das Teams rund um Hans Kollhoff aus Berlin will den Horburgpark vergrössern und einen grossen Bootshafen ausheben. (Bild: klybeckplus.ch)

Auffälligstes Merkmal der Planer aus Berlin ist ein ausgedehnter Bootshafen, der vom Rhein fast bis zur Klybeckstrasse reichen soll. Überdies soll die Fläche des Horburgparks beinahe verdoppelt werden. Zentrum des neuen Quartiers soll ein sternförmiger und von Hochhäusern umkränzter Platz werden, der aber vor allem die Funktion eines grossen Verkehrskreisels haben dürfte. Bei den übrigen Neubauten setzt das Berliner Team auf klassische Blockrand-Bebauung. Bei der Wiese soll überdies ein neuer Landschaftspark entstehen.



Plan des Teams rund um Hans Kollhoff aus Berlin.

Plan des Teams rund um Hans Kollhoff aus Berlin. (Bild: klybeckplus.ch)

Team OMA, Rotterdam



OMA aus Rotterdam durchbrechen das neue Quartier mit einer Kulturmeile.

OMA aus Rotterdam durchbrechen das neue Quartier mit einer Kulturmeile. (Bild: klybeckplus.ch)

Das Planungsteam aus Rotterdam setzt auf markante und klar gegeneinander abgegrenzte Nutzungs- und Bebauungsformen. Im Süden bei der Dreirosenbrücke und am Rhein ist ein Industrie-Cluster geplant. Im Zentrum setzen die Planer auf Blockrandüberbauungen und bei der Wiese auf eine langgezogene  Streusiedlung mit kleinen Häusern, die sie – so Kantonsbaumeister Beat Aeberhard – «Schweizer Traum» nennen. Markantestes Element der Projektskizze ist ein «Kulturband» mit fünf Turmhäusern, welches das neue Quartier in der Mitte von der Wiese bis auf eine Rheinterrasse mit Riesenrad durchschneiden soll.



Plan des Teams OMA aus Rotterdam.

Plan des Teams OMA aus Rotterdam. (Bild: klybeckplus.ch)

Ideen von «Hack.Klybeck»

Die Projekte der vier offiziell beauftragten Planungsbüros sind Gesamtschauen. Einiges mehr ins Detail gegen die Ideen und Vorschläge, die aus der Mitwirkungsveranstaltung «Hack.Klybeck» heraus entstanden sind. Sie zielen vor allem auf die Bottom-up-Bedürfnisse von Menschen, die das Quartier dereinst bewohnen und beleben werden. Da ist viel von Grünflächen die Rede, von der Erhaltung vorhandener Bauten, von Dachgärten und Urban Gardening. Besonders originell ist die Idee eines Kanalsystems, das von Vaporettos und Transportschiffen befahren werden könnte.

Die Ideen der Bevölkerung werden gehört, so beteuern die verantwortlichen Planer, dass ihnen diese «Schwarmintelligenz» willkommen sei. Die Lobbyisten der Bevölkerung betonen: «Wir bleiben dran.»

Wie geht es weiter?

Ein Wunsch aus der Mitwirkungsveranstaltung hat allerdings einen schweren Stand: Der Wunsch nach Zwischennutzungen. Novartis-Vertreter Markus Oser sagte, die leerstehenden Bauten seien vom Versorgungssystem abgekoppelt und in einem Zustand, der eine Zwischennutzung nicht möglich mache.

Von Behördenseite steht nun als nächster Schritt ein Richtplan an, wie Kantonsbaumeister Aeberhard sagte. Den Grundbesitzern steht die Aufgabe der Altlastensanierung bevor, die wohl manche Träume einer Umnutzung alter Industriebauten zunichte machen dürfte. Längerfristig sollen dann ein Bebauungsplan oder etappierte Bebauungspläne entstehen.

Bis zur vollständigen Neubelebung des neuen Stadtquartiers wird aber noch viel Wasser den Rhein und die Wiese hinunterfliessen. Die Planer sprechen von einem Entwicklungshorizont von rund 30 Jahren.

Zukunftklybeck-DasFlug_v07 from Christoph Moerikofer on Vimeo.

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