Dienstagmorgen, 9.40 Uhr. Bus 36 in Richtung Kleinhüningen. Ziel: «Liebi BVB». Die Basler Verkehrsbetriebe haben zum Medienrundgang geladen. Ort: Tramdepot Morgartenring. Thema: Klimaanlagen!
Bevor ich in den Bus steige, schüttle ich erst mal meinen Schirm aus. Ein kurzes Gewitter hat die Luft gerade sehr anständig abgekühlt, womit eines der grossen Probleme der BVB gerade nicht so akut erscheint, wie es offenbar ist.
Immer wieder unzufriedene Fahrgäste
Gegen 50 Beschwerden in einem Monat habe es letzten Sommer wegen der Temperatur in den BVB-Fahrzeugen gegeben, erzählt Mediensprecher Benjamin Schmid. Einigen wars zu heiss, anderen zu kalt. Und alle sind und bleiben hässig auf die BVB, wenn sie sich unterkühlt oder überhitzt fühlen.
Ich für meinen Teil finde die klimatischen Verhältnisse im Bus diesen Morgen äusserst angenehm. Vielleicht ein Grad zu kühl. Das könnte aber auch an den offenen Schuhen und der fehlenden Jacke liegen. Es wäre jedenfalls gar kleinlich, deswegen jetzt eine Beschwerde einzureichen.
Beschweren könnten sich hingegen die BVB über das angenehm kühle Wetter heute. Das hat ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Eigentlich war geplant, just dann mit der Klimaanlage-Info zu starten, wenn es ein paar Tage so richtig heiss war und sich noch keiner der Journis wieder eingekriegt hat, wie heiss es doch noch immer ist – sogar schon am Morgen. Verflixter Regen! Jetzt muss es halt auch so gehen.
Und siehe da: Es geht tatsächlich auch so, ohne hochsommerliche Temperaturen. Mit Journi-Kollegen der Konkurrenz betrete ich ein Flexity-Tram. Schon ertönt ein erstes Murren. Stickig sei es.
Der Fachmann von den BVB, Michel Baudraz, hat natürlich eine Erklärung für unser Unwohlsein: «Das liegt daran, dass das Tram nicht am Strom ist, nur am Ladekabel», weiss er. Aha, denken wir Journis: Jetzt spürt man mal, wie viel schlimmer es sein könnte in den Drämmli, als es manchmal ohnehin schon ist.
Jedes Wetter hat seine Tücken
Baudraz weiss unendlich viel über die Klimaverhältnisse im Tram. Er erzählt vom Luftkanal in der Decke. Der zieht sich durchs ganze Tram. Und da gebe es Schächte in den Gelenken. Da könne die alte Luft entweichen.
So offen die BVB über ihre technische Anlage plaudern, so zögerlich sprechen sie über konkrete Zahlen: Wie viele Klimaanlagen im Jahr aussteigen? Wie viel Strom sie genau fressen? Keine brauchbare Auskunft vorhanden. «Das kommt auf mehrere Parameter an, die stark variieren», sagt Schmid bloss. So viel ist aber sicher: Die Anlagen brauchen ziemlich viel Energie.
Mühsam wirds, wenn es wirklich heiss wird im Tram – ja sogar gefährlich. Dann laufen die Anlagen auf Hochtouren und drohen auszusteigen. Man stelle sich das mal vor! Und wird das Tram zu sehr runtergekühlt, droht denen, die umsteigen wollen, dass sie umkippen. Hitzekollaps-Gefahr.
Doch auch kühlender Regen hat im Sommer so seine Tücken. Dann kämen «warm-feuchte Passagiere» ins Tram, mit all ihrer Luftfeuchtigkeit, so Baudraz. Auch diese Unluft muss von der armen Klimaanlage wieder rausgeblasen werden. Aber Moment mal: Hat mich der BVB-Fachmann gerade als warm-feuchten Passagier bezeichnet?
Tonnenweise Luftregulierung
Egal, keine Zeit, um sich über mögliche Beleidigungen Gedanken zu machen. Taktisch clever lotst Schmid die Journalisten sogleich aufs Dach. Wir blicken jetzt direkt in die Schaltzentrale der Klimaanlagen. Das sind 450 Kilogramm pro Anlage. Drei davon sind auf dem Dach verteilt, alle untereinander elektrisch verbunden, damit sie auch ja die gleiche Temperatur ins Innere blasen.
Ganz vorne ist noch ein kleineres Modell für den Chauffeur. Der hätte sonst auch zu heiss oder zu kalt, der Arme. Und überhaupt, betont Schmid, der Chauffeur kann nie etwas dafür, wenns im restlichen Tram zu schwül oder zu kühl ist. «Er kann nur seine eigene Klimaanlage steuern, die Anlage im Tram selbst wird mittels Sensoren automatisch gesteuert.» Es bringt also nichts den Fahrer zu beschimpfen, wenn einem das Klima im Tram nicht passt.
Aber wenn es nicht an den persönlichen Präferenzen des Drämmlichauffeurs liegt, wie die Temperatur eingestellt wird – wen kann man dann zur Verantwortung ziehen?
Es ist der allzeit beliebte Sündenbock: die Europäische Union. Die BVB halten sich bei der Temperatur «an die geltende Norm EN 14750-1 (Bahnanwendungen – Luftbehandlung in Schienenfahrzeugen des innerstädtischen und regionalen Nahverkehrs – Teil 1: Behaglichkeitsparameter; Deutsche Fassung EN 14750-1:2006)».
Die kompliziert anmutende Norm ist in der Praxis recht simpel: Im Winter ist eine Innentemperatur von 20 Grad anzustreben, im Sommer schaltet sich die Klimaanlage automatisch ein, wenn diese 20 Grad erreicht sind. Sie kühlt dann den Innenraum aber maximal 5 Grad unter die Aussentemperatur.
Das ist Ihnen zu wenig? Dann gibts womöglich einen kleinen Trick: Halten Sie vor dem Einsteigen Ihren Kopf in einen Brunnen. Als feucht-warmer Passagier können Sie der Anlage bestimmt Beine machen.