Spielerisch lernen, wie man mit neuen Medien umgeht

Viele Schulen tun sich schwer damit, ihren Schülern einen vernünftigen Umgang mit Medien zu vermitteln. Institutionen wie die Basler «MedienFalle» springen mit alternativen Ansätzen in die Bresche. Dabei gehen Jugendlichen zuweilen die Augen auf.

Missgeschicke verhindern: In der «MedienFalle» lernen Jugendliche einen bewussten Umgang mit den sozialen Medien. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Viele Schulen tun sich schwer damit, ihren Schülern einen vernünftigen Umgang mit Medien zu vermitteln. Institutionen wie die Basler «MedienFalle» springen mit alternativen Ansätzen in die Bresche. Dabei gehen Jugendlichen zuweilen die Augen auf.

Wie anspruchsvoll der Umgang mit den neuen Medien ist, kann dieser Tage gut beobachtet werden. Je stärker die Vernetzung, desto schwieriger ist es für die Nutzer, die Kontrolle zu behalten. Das zeigt der Fall Geri Müller, das zeigte auch der Fall der zeigefreudigen Bundeshaussekretärin.

Obwohl Erwachsene also mindestens so grosse Schwierigkeiten bekunden, ihre Privatsphäre im digitalen Raum zu schützen, sorgen sich viele Leute vor allem um die Jugendlichen und die Kinder. Denn sie nutzen die sozialen Medien am intensivsten. Es wäre die Aufgabe der Schulen, ihren Schülern auch mediale Kompetenzen mitzugeben. Damit tun sich jedoch viele Lehrer schwer, verstehen sie doch selbst noch zu wenig von der Funktionsweise der neuen Technologien.

Im Raum Basel hat sich deshalb vor Jahren die «MedienFalle» etabliert. Ein medienpädagogisches Projekt, das im Auftrag von Schulen, Unternehmen und anderen Organisationen Workshops durchführt. Zum Beispiel den Kurs «egoMedia», wo die Schüler des zehnten Schuljahres ein Bewerbungstraining absolvieren – mit professionellem Fotoshooting, inszeniertem Bewerbungsgespräch und Google-Test.

Aha-Effekt beim Google-Test

Medienpädagogen schauen zusammen mit den Teilnehmern deren Auftritt im Internet an. Dabei geht es um Fragen wie: Was findet ein Personalverantwortlicher, wenn er meinen Namen googelt? Wie präsentiere ich mich auf Facebook? Wie steht es um meine Privatsphäre im digitalen Raum?

«Viele unserer Teilnehmer sind überrascht, wie einfach man als Aussenstehender auf ihre Fotos zugreifen kann», sagt Geschäftsführer Attila Gaspar. Seine Kollegin, die Theaterpädagogin Nina Halpern, erinnert sich an ein Mädchen: «Wir fanden von ihr Hunderte von Fotos, viele davon in erotischen Posen. Sie war sich gar nicht bewusst, dass diese Bilder so öffentlich einsehbar waren.»

«Die heutige Jugend gehört zu den meistfotografierten Menschen, die es je gab.»

Auch wenn es in diesen Kursen nicht direkt um das Thema Selfies gehe, komme man fast immer darauf zu sprechen, erzählt Gaspar. «Diese Generation gehört zu den meistfotografierten Menschen, die es je gab.» Selfies seien bei Jugendlichen allgegenwärtig, schliesslich seien diese dabei, ihre eigene soziale und gesellschaftliche Position zu finden. «Mit einem Selfie kann man sich ausprobieren, verschiedene Looks testen und in Rollen schlüpfen», sagt Gaspar.

Bewusstsein über die eigene Rolle

Doch nicht nur ihre eigene Verletzlichkeit wird den jungen Kursteilnehmern vor Augen geführt. Geht es etwa um das Thema Cybermobbing, so ist ihnen oft auch ihre eigene Rolle nicht klar. Ein besonders drastischer Fall sorgte 2012 für Aufsehen. Es ging um ein Video, worin ein junges Mädchen dabei gefilmt wurde, wie sie mit einer Eisteeflasche masturbierte. Ihr Ex-Freund hatte den Film veröffentlicht und innert weniger Tage wusste fast das ganze Land davon.

«Als ich diesen Fall in einem Workshop ansprach, zeigten mir prompt mehrere Jungs den Film auf ihren Handys», erzählt Nina Halpern. «Sie alle hatten Mitleid mit dem Mädchen und fanden es tragisch, was mit ihr geschah.» Dass die Jugendlichen selbst dazu beitrugen, indem sie den Film speicherten und herumzeigten, sei ihnen gar nicht klar gewesen.

Nach Einschätzung der beiden Medienpädagogen geschehe jedoch im Vergleich zum hohen Medienkonsum nur selten etwas. «Die meisten Jugendlichen gehen im Grunde sehr vernünftig mit den sozialen Medien um», sagt Gaspar.



Matthias Oppliger und die beiden Medienpädagogen Nina Halpern und Attila Gaspar.

Matthias Oppliger und die beiden Medienpädagogen Nina Halpern und Attila Gaspar. (Bild: Selfie)

Wochenthema: #Selfiekultur

In dieser Woche widmet sich die TagesWoche den Selfies. Die digital verbreiteten Selbstporträts sind mitten in der Gesellschaft angekommen. Längst sind es nicht mehr nur Jugendliche, die sich unablässig selber fotografieren. Egal ob Städtereisende, Politiker oder Kunstfans in Museen, jeder knipst sich selbst. Mehr zum Thema lesen Sie auch am Freitag in der gedruckten Wochenausgabe der TagesWoche.

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