Sport im Schweizer Fernsehen: Eine Liebesbeziehung seit der ersten Stunde

Es ist nicht immer schön, Schweizer Sportlern zuzuschauen – aber zumindest gibt es im Schweizer Fernsehen ganz schön viel Sport zu sehen. Und das im Gegensatz zum Ausland frei empfangbar.

Regie und Script des Schweizer Fernsehens (SF) sehen sich am 2. Juni 2007 waehrend dem Laenderspiel der Schweizer Fussballnationalmannschaft gegen Argentinien im Stadion St. Jakob Park in Basel in der Produktion des HDTV-Reportagewagens die Bildschirme mi (Bild: GAETAN BALLY)

Für Sportfans ist die Schweiz ein Schlaraffenland. Das liegt weniger an der Bandbreite hervorragender Sportler, als vielmehr an der ausgezeichneten Abdeckung von Sportevents am öffentlichen Fernsehen. Das Sauber Team mag in der laufenden Saison noch keinen einzigen Punkt eingefahren haben, doch immerhin kann dem Hinwiler Formel-1-Rennstall beim Versagen zugeschaut werden. Die Schweizer Ski-Nation befindet sich seit Jahren auf Formsuche? Das Publikum sucht vor dem TV mit.
Das öffentliche Schweizer Radio und Fernsehen verwöhnt die Fans verschiedenster Sportarten Woche für Woche mit Dienstleistungen, für die in den meisten Nationen längst Pay-TV-Stationen Geld verlangen. Fussball, Eishockey, Tennis, Motorsport oder Skirennen gehören ebenso zum festen Fernsehprogramm wie die Tour de France, die Olympischen Spiele, Leichtathletik oder das eidgenössische Schwingfest. Auch wenn das Kommentatorenbashing vor dem TV längst zum Volkssport verkommen ist: Die Schweizer jammern auf hohem Niveau.

Investitionen mit gutem Grund

Dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen im Kampf um die Übertragungsrechte von Sport-Events überhaupt noch mitbieten kann, erstaunt einerseits. In den Medien überschlagen sich jeweils vor Saisonbeginn die Meldungen zu exorbitanten Summen, die Privatsender für exklusive Übertragungsrechte an einer Sportart aufwenden müssen. Die britischen Privatsender BSkyB und BT beispielsweise lassen sich einen Drei-Jahresvertrag mit der englischen Premier League stolze 4,5 Milliarden Franken kosten.

Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRG ist für das Budget der öffentlichen Kanäle des SRF verantwortlich. Und die Verantwortlichen der SRG investieren nicht ohne Grund in den Sport. Sportanlässe gehören zu den letzten Programmpunkten, die das Publikum live am Schirm erleben will – und dafür auch die Werbung konsumiert, die vor, während und nach der Veranstaltung gebucht wird.

Serien, Filme oder die Tagesschau dagegen können ohne grosse Einbussen bei Qualität oder Aktualität im Internet gestreamt werden. Die 120 Minuten Fussballfieber im Spiel der Schweiz gegen Argentinien im WM-Achtelfinal lassen sich aber durch keine Aufzeichnung je ersetzen.

Die Statistik gibt den Programmverantwortlichen recht

Dass Sportevents das Investment der SRG rechtfertigen, zeigt ein Blick auf die Statistik: Im Top-Ranking der Einschaltquoten seit Beginn der Erhebungen 1985 sind Sportanlässe ganz vorne mit dabei. Die drittmeist gesehene Sendung aller Zeiten ist der Sieg Pirmin Zurbriggens bei der Männerabfahrt in Bormio (Italien) von 1985. Zuschauerzahl: 1,749 Millionen.

Das Sportpanorama portraitiert den Gewinner in der Sendung vom 4. Feburar 1985:

Noch deutlicher spiegelt sich die Popularität von Sportübertragungen in der Statistik der Top-Sendungen seit 2011, als sich Schweizer Radio DRS und das Fernsehen SF unter dem Dach des SRFvereinten: Gleich sieben der zehn höchsten Einschaltquoten wurden von Sport-Events erzielt, auf den ersten drei Plätzen rangieren Spiele der Fussballnationalmannschaft.

Dass sich die SRG die Übertragungsrechte für die internationalen Top-Events leisten kann, hängt auch mit der mangelnden Konkurrenz in der Schweiz zusammen. Für private Anbieter ist der Schweizer Markt offensichtlich nicht interessant genug, um in das Rennen um die Sportübertragung einzusteigen. Der Grund dafür dürfte in der Vielsprachigkeit des Landes liegen, nationale Übertragungen verlangen nach Kommentatoren in drei Sprachen und sind darum aufwändig zu realisieren.

Übertragungsrechte gibts in der Schweiz dank mangelnder Konkurrenz günstig

In anderen Ländern gleichen die TV-Märkte Haifischbecken, in denen der Kampf um exklusive Übertragungsrechte die Preise nach oben treibt. In der Schweiz ist die SRG dagegen in einer vergleichsweise komfortablen Situation, die Preise bewegen sich in Ermangelung namhafter Mitbieter auf verhältnismässig bescheidenem Niveau.

Eine Statistik der SRG zeigt aber, dass auch in der Schweiz die Kosten für die Übertragung von Grossanlässen stetig steigen. Zumindest in den geraden Jahren, in denen die Olympischen Spiele sowie die Europa- und Weltmeisterschaften im Fussball stattfinden, schlagen sich die Kommerzialisierung des Sports sowie die immer aufwändiger werdenden Produktionskosten im Preis nieder. Die Zahlen umfassen die Kosten für die Übertragungsrechte und die Produktion von 1998 bis 2009.

(Bild: Screenshot SRG SSR: Sport)

Trotz steigender Preise für die SRG: Der Schweizer Sportfan kommt für die monatliche Billag-Gebühr von 38.60 Franken voll auf seine Kosten. Zum Vergleich – die Grundgebühr für das öffentliche Fernsehen in Deutschland kostet umgerechet 21.70 Franken. Bei ZDF gibts dafür immerhin 18 Championsleague-Partien zu sehen, die Formel 1 Rennen sind allerdings nicht dabei. Das volle Sportprogramm gibt es mit dem Paket des Pay-TV-Senders «Sky» für zusätzliche 56.60 Franken. Insgesamt sind das 78.60 Franken im Monat.

Angesichts dieser Zahlen befindet sich der Schweizer Sportfan wie gesagt – im TV-Schlaraffenland.

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