Stadtlauf-Zauber und Strahlegesichter

9200 Menschen nahmen am Basler Stadtlauf teil. An der Spitze jubelten zwei bekannte Gesichter: Jane Muia (Kenia) und Tadesse Abraham (Eritrea) bestätigten ihre Leistungen aus den Vorjahren.

Keine zu klein, dabei zu sein: Auch die Binggis sprinteten durch die Stadt. (Bild: Benjamin Zurbriggen)

Tausende erlebten am Basler Stadtlauf das berauschende Gefühl des Zieleinlaufs. Ausgeprägt zeigte sich diese Freude bei jenen, die Elite-Lauf-Geschichte schrieben: Tadesse Abraham, Jane Muia, Sabine Fischer, Nicola Spirig, Mario Bächtiger und Adrian Lehmann.

Das ist wie Fliegen und Landen und Ankommen: Die letzten Meter durch die Freie Strasse, das leicht abfallende Terrain, der Blick auf das Ziel, die langen Schritte in hoher Kadenz. Da lassen sich nochmals Energien freimachen. Dieses Gefühl beflügelt. Und mit dem Ziel, dem Piepsen des Zeitmess-Chips, weicht die Anspannung aus den Gesichtern. Jetzt zeigt sich die Freude über das Geleistet und Erlebte. Zu sehen immer und immer wieder an diesem frühen Stadtlaufabend: Es wirkte ansteckend.

Auch der 31. Basler Stadtlauf fesselte und zog in seinen Bann – die Zuschauer am Streckenrand, vor allem aber all die Aktiven: Jung und Alt, Frauen, Männer, Kinder. Über 9000 waren dabei beim Klassiker und erlebten die spezielle Atmosphäre – den Weihnachtslichterzauber, die Dunkelheit, Stille im Wechsel mit lautem Anfeuerungssupport. Pendelten zwischen Hitzestau unterwegs und rasch einsetzendem Schlottern im Ziel. Tiefe Spuren hinterliess auch dieser Stadtlauf wie schon so etliche zuvor.

Muia, Fischer und Spirig

Einige Teilnehmer kamen zum Zusatzgenuss eines gefeierten Sieges. Im öffentlichen Interesse standen insbesondere die Elite-Cracks, welche die gelungene Veranstaltung beendeten und abrundeten. Spannende Renn-Geschichten schrieben sie. Voller Emotionen waren die Reaktionen im Anschluss. Etwa nach den 5,9 km (dreieinhalb Runden) der Frauen. Jane Muia, die 27-jährige, kleine Kenianerin, setzte sich bei langem Zielsprint durch die Freie Strasse gegen ihre letzte Begleiterin, die ebenfalls afrikastämmige Kanadierin Aster Bacha durch und verhinderte deren weiten Stadtlaufsieg nach 2005. Mit ihrem Triumph vollbrachte Muia Herausragendes: der fünfte Sieg in Folge. Auf dieselbe Ebene hievte sie sich wie Cornelia Bürki (1984 bis 1988) und Leah Malot (Ken, 1996 bis 2000).

Ein packendes Duell

In Muias Rücken spielte sich ein weiteres packendes Duell ab – zwischen der Triathlon-Olympiasiegerin Nicola Spirig – sie war 14 Tage zuvor in Bulle klar bestklassierte Schweizerin – und Sabine Fischer, der Altmeisterin und Stadtlaufsiegerin von 2007 und 2008, die in Bulle chancenlos geblieben war gegen Spirig. Nun war’s umgekehrt. In der letzten Runde löste sich Fischer von Spirig und erarbeitete sich bis am Schluss einen sicheren Zeitpuffer von 13 Sekunden. «Ich bin selber überrascht», sagte die routinierte Spezialistin, und lieferte eine unerwartete Erklärung: «Bis heute dauerte die erhöhte Arbeitsbelastung, die Aussicht aber, dem Sport ab nun wieder erhöhte Priorität einräumen zu können, hat wohl tief beflügelt.» Dazu ist zu wissen, dass Sabine Fischer im Hinblick auf die Leichtathletik-Europameisterschaften des nächsten Sommers in Zürich sich im Frühling freistellen lässt als Primarlehrerin und im November eine Vertretung übernommen hat mit Vollzeitcharakter. Diese Überstunden wird sie im Frühling kompensieren.

Eine Sondermotivation bedeutet diese EM auch für Nicola Spirig. Sie hat ihr Training schwerpunktmässig aufs Laufen umgestellt –  und dies bereits mit beachtlichen Folgen. Sie hält mit den Spezialistinnen mit. Dass sie in Basel Sabine Fischer den Vortritt überlassen musste, beschäftigte sie nicht: «Mir glückte erneut eine starke und motivierende Leistung, aber es zeigte sich auch wieder einmal, dass Sabine nie voreilig abgeschrieben werden darf.»

Abraham, Bächtiger und Lehmann

Bei den Männern über viereinhalb Runden (7,55 km) überquerte ebenfalls ein Altbekannter als Erster die Ziellinie: Tadesse Abraham. Der Eritreer, seit bald zehn Jahren in der Schweiz lebend und aussichtsreicher Kandidat, im Frühling den Schweizer Pass zu erhalten, setzte sich zum dritten Mal in Folge durch. «Schön, wenn ich so auch in Basel eine Geschichte weiterschreiben kann», strahlte er. Ausser Pierre Delèze (1985 bis 1989) ist hier noch niemand ähnlich erfolgreich gewesen. Mit einer Differenz von drei Sekunden auf Bernard Matheka (Ken) und elf Sekunden auf Simon Tesfay (Eri/Uster) siegte Abraham.

Profilieren konnten sich auch die Schweizer, allen voran Mario Bächtiger (5.) und Adrian Lehmann (6.). Nach einem offensiven Rennen des Mittelstreckenspezialisten und des Marathonläufers bahnte sich die Entscheidung zugunsten Bächtigers erst bei der letzten Passage der Freien Strasse an. «Ich musste alles geben, zumal ich lieber aufwärts- denn abwärts sprinte», sagte er.

Vorbereitungen für die Europameisterschaften 2014

Wie Lehmann will er sich mit diesen vorweihnächtlichen Strassenläufen eine Basis für erfolgreiche EM-Einsätze im nächsten August erarbeiten. Dazu reizt zusätzlich der Post-Cup, die inoffizielle Schweizer Strassenlauf-Meisterschaft.

Durch die Resultate in Basel läuft es bei den Frauen auf ein hochbrisantes Finale am Zürcher Silvesterlauf hinaus. Klarer sind die Positionen bei den Männern bezogen, wo Marathon-WM-Teilnehmer Christian Kreienbühl mit beruhigendem Vorsprung vor seinen Verfolgern führt. Bächtiger und Lehmann haben sich unter den Verfolgern in Position gebracht.

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Die Ranglisten beim Basler Stadtlauf

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