Starthilfe bei der Berufswahl

Diese Zeitmaschine führt uns in die Achtzigerjahre und erklärt, wie die Polizei einen halbwüchsigen Rebellen zum Fotografen machte.

Meine ersten Entwicklerspulen.

Diese Zeitmaschine führt uns in die Achtzigerjahre und erklärt, wie die Polizei einen halbwüchsigen Rebellen zum Fotografen machte.

Die Jugendbewegungen kämpften Anfang der Achtzigerjahre in den Schweizer Städten mit Besetzungen und Demonstrationen für Autonome Jugendzentren (AJZ) und die Polizei schützte den Rechtsstaat mit Tränengas und Wasserwerfern vor der befürchteten Revolution.

Die samstäglichen Demonstrationsumzüge waren recht spannend und das Räuber-und-Poli-Spiel gefiel uns Halbwüchsigen nicht nur aus politischen Gründen.

Als wieder einmal eine unbewilligte AJZ-Gedenkdemo angekündigt war, nahm ich die Kamera meiner Eltern mit und knipste das bunte Treiben der Bewegten und meiner Kumpels. Ein älterer Teilnehmer forderte mich auf, diese Männer mit Schnäuzen, die in sicherem Abstand dem Demonstrationszug folgten, unbemerkt zu fotografieren, das seien Zivilpolizisten und somit Feinde. Das tat ich dann ausgiebig, bis der Film fertig war.

Die Demo besetzte spontan das Gaswerksareal im St. Johann (heute St.-Johanns-Park). Das Areal wurde aber noch gleichentags geräumt, und ich wurde wie viele andere Demonstranten festgenommen und zur Kontrolle auf den Lohnhof, das damalige Untersuchungsgefängnis, transportiert. Beim Warten auf die Sixpacks (so nannte man die weissen Transportautos der Polizei) gelang es mir, den belichteten Film aus der Kamera zu fummeln und ihn unter einen Stein zu stecken.

Fünf Ersatzfilme als Wiedergutmachung

Nach der heissen Nacht mit 24 Leuten in einer mittelalterlichen Achterzelle und einem amüsanten Verhör (der Kommissär wollte wissen, wo der Film sei, und ich spielte den Unschuldigen und meinte, ein Polizist mit Schnauz hätte ihn mir abgenommen) wurde ich von meinem nicht gerade erfreuten Vater abgeholt.

Wir bargen den Kleinbildfilm, und ich brachte ihn in ein Fotofachgeschäft. Beim späteren Abholen wurde mir erklärt, der Film sei beim Entwickeln beschädigt worden, es würde ihnen sehr leid tun, und ich erhielte fünf Ersatzfilme als Wiedergutmachung.

Das war natürlich ärgerlich, meine Eltern, links, rot und pazifistisch geprägt, konnten das nicht glauben und gingen davon aus, dass die Sicherheitspolizei die Fotos abgefangen hätte.

So nicht! Also beglückten sie mich mit der Finanzierung eines eigenen Fotolabors. Das war der Grundstein meiner Karriere, und ich durfte zwanzig Jahre lang Filme selber entwickeln, bis diese alchimistische Tätigkeit von der digitalen Fotografie abgelöst wurde.

 

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