Tot auf die Welt gekommen, mit den Operationsabfällen entsorgt: Der Umgang mit sogenannten Sternenkindern war in Basel bislang kein würdevoller. Das ändert sich jetzt.
Poetisch ist nur der Name: Sternenkinder – Babys, die direkt in den Himmel kommen, ohne je die Erde berührt zu haben. Die Erzählung von Spitälern und Behörden ist nüchterner und in ihrer Nüchternheit bisweilen brutal. Dort sind Sternenkinder Tot- oder Fehlgeburten, die vor der 22. Schwangerschaftswoche oder mit weniger als 500 Gramm Gewicht aus dem Mutterleib ausgetreten sind. Sie bleiben damit unter dem Schwellenwert des anerkannten Menschseins und werden nicht ins Personenregister eingetragen.
Damit blieb den Eltern bislang eine ordentliche Bestattung ihres Kindes verwehrt, so diese direkt nach der Totgeburt nicht den entsprechenden Wunsch äusserten. Die tot geborenen Kinder landeten in den Kühlräumen des Unispitals, zusammen mit all dem anderen menschlichen Gewebe, das im Spitalbetrieb so anfällt. Blinddärme, Abszesse – und eben Sternenkinder.
15 Tonnen «humane Teile» pro Jahr
Rund 60 Sternenkinder pro Jahr, so die Schätzung von Marc Lüthi, Leiter des Basler Bestattungswesens, wurden nie ordentlich beigesetzt. Stattdessen wurden sie mit den übrigen 15 Tonnen «humaner Teile» (Lüthi), die jährlich anfallen, im Krematorium des Friedhofs Hörnli eingeäschert.
Mit diesem pragmatischen, aber auch würdelosen Prozedere ist nun Schluss. Die Spitalseelsorge des Unispitals und die für Bestattungen zuständige Stadtgärtnerei haben die Praxis geändert. Die kleinen Leichname, deren Eltern keine eigene Bestattung wünschen, werden regelmässig in einer grossen Trauerfeier gemeinsam verabschiedet, kremiert und auf dem Hörnli beigesetzt. Diesen Dienstag fand eine erste solche Bestattung statt, geleitet von einer Seelsorgerin.
Ärztinnen drängten auf Bestattungen
Anstoss zur Neuregelung gaben Ärzte und Pfleger des Unispitals, sagt Lüthi. Sie wünschten sich einen pietätvollen Umgang mit den Totgeburten. Aber auch Eltern, die im ersten Moment des Schocks von einer Bestattung nichts hatten wissen wollen, hätten später ihre Meinung mitunter geändert. «Das Bedürfnis, Abschied zu nehmen, wächst mit der Zeit», sagt Lüthi.