Supermamis, ihr könnt uns mal!

Die «Bad Moms» sagen im Kino den perfekten Müttern den Kampf an. Und treffen damit den Nagel auf den Kopf.

«Lasst uns schlechte Mütter sein!» Kristen Bell, Mila Kunis und Kathryn Hahn (v.l.) feiern in «Bad Moms».

(Bild: ©Ascot Elite)

Die «Bad Moms» sagen im Kino den perfekten Müttern den Kampf an. Und treffen damit den Nagel auf den Kopf.

Hollywood hat die schlechten Mütter entdeckt. «Bad Moms» heisst der neueste Streich der «Hangover»-Macher, und wie diese Trilogie ist auch «Bad Moms» hauptsächlich eine überdrehte und überzeichnete Komödie – in der aber viel Wahres steckt.

Die «Bad Moms» im Film rebellieren. Gegen die perfekten Supermütter, die ihre Kinder überbehüten, ihnen zum Wohltätigkeitsbasar in der Schule gluten-milch-ei-weizen-zucker-freie Kuchen backen und ihnen jeden Wunsch von den Augen ablesen, bevor sie dasselbe für den Mann im Hause tun.

Die «Bad Moms» hingegen, die denken auch mal an sich. Yeah!

Als Mami wird man im Kino laut rauslachen, weil man sich sicher in der einen oder anderen Szene selber erkennt. Wenn der zwölfjährige Sohn beispielsweise plötzlich sprachlos dasteht, während ihm die neu rebellierende Mutter (verkörpert von Mila Kunis) wortreich erläutert, dass er seine Hausaufgaben nun endlich selber machen soll, weil er verdammt nochmal saumässig verwöhnt sei und sonst später ein erwachsenes Weichei werde, wenn er nicht endlich lerne, Verantwortung zu übernehmen. Nach der Tirade zieht der Sohn geknickt von dannen – und was tut die Mutter?

Sie ruft ihm zögerlich hinterher: «Ich hab dich lieb!»

So ist das eben, so kennt man das: Das schlechte Gewissen meldet sich immer, wenn man gegen seine Kinder mal so richtig vom Leder gezogen hat. Denn schliesslich hat man seine Kinder ja auch lieb, auch als «Bad Mom». Denn eine «Bad Mom» zu sein, das heisst nicht, eine schlechte Mutter zu sein. Das heisst nicht, dass man seine Kinder vernachlässigt oder schlägt oder hungern lässt.

Keine Lust!

Nein, eigentlich sind die «Bad Moms» die normalen Mütter. Sie haben am Ende doch das Kindswohl im Auge. Ohne sich aber dabei selber zu verlieren. Und ohne sich ständig rechtfertigen zu wollen.

Es sind Mütter, die nicht immer Zeit oder Lust haben, Kuchen zu backen. Denen es auch mal stinkt, am Elternabend teilzunehmen. Die versuchen, Job, Mutter- und Hausfrausein unter einen Hut zu bringen – und das nicht immer schaffen. Die ihren Kindern auch mal Fertigpizza servieren. Die gerne auch die Verantwortung an die Väter abtreten und stattdessen mal alleine mit ihren Freundinnen einen draufmachen.

Es muss ja nicht grad so sein wie bei den drei Frauen in «Bad Moms», denen es am Elternabend so richtig den Nuggi rausgehauen hat:

Lange genug hat die Gesellschaft den Frauen eingeimpft, sie müssten die «perfekten Mütter» sein. Dieses Bild ist keine neue Erfindung, es geistert seit Jahrhunderten umher. Ein Ideal, das es gar nicht gibt und das auch nicht erstrebenswert ist.

Es war die Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft ab dem 18. Jahrhundert, im Zuge derer die Erwerbsarbeit dem Mann zugeschrieben wurde. Frauen hatten sich daneben um das Haus und um die Kinder zu kümmern (sofern die Familie es sich leisten konnte). Mütter galten als die besten Erzieherinnen ihrer Kinder, ausgestattet mit dem berühmten «Mutterinstinkt» – und mit der Gabe zum Verzicht.

«Quatsch», sagen Mütter heute dazu. Und haben damit recht – zumindest teilweise.

In Tat und Wahrheit geht das Kinderhaben ganz ohne Verzicht natürlich nicht, aber immerhin gilt heute in breiten Kreisen als anerkannt, dass beide Geschlechter daran ihren Anteil haben und somit Verantwortung tragen.

Hallo Supermamis!

Trotzdem ist das Bild der «perfekten Mutter» noch nicht vollends aus der Gesellschaft verschwunden. Es hat sich nur gewandelt: Mütter sollen heute nicht nur Mütter sein, sondern spielend Kinder, Karriere, Küche und Partnerschaft vereinbaren.

Muttersein entwickelt sich mehr und mehr zum Beruf, in dem man sich profilieren will – oder soll. Und jeder hat in Erziehungsfragen eine Meinung zu allem – das beginnt bei der Hebamme und endet bei der Mutter der Klassenkameradin. Alle wissen alles besser. Was Mütter schnell lernen, ist, wie man sich rechtfertigt.

Doch die vielen Meinungen bringen Zweifel – und Fragen: Tue ich genug für mein Kind? Tue ich das Richtige? Doch was ist das Richtige? Keine Cola erlauben? Nur Biobrot zu essen geben? Nie «Nein» sagen? Das Kind im Elternbett schlafen lassen? Oder doch nicht? Immer liebevoll zu ihm sprechen?

Und wer definiert überhaupt, was richtig ist?

Nein, danke, so haben wir nicht gewettet. Auf Kategorien wie «falsch» und «richtig» können wir verzichten.

Seien wir ehrlich: Keiner hat die richtige Antwort. Und jede(r) hat sie: Denn jede Erziehung sieht anders aus, so wie jede Beziehung zwischen Mutter und Kind anders ist. Muttersein sollte kein Kampf darum sein, wer die Beste ist.

Denn wollen wir von der idealen zur Supermutter werden? – Nein, danke, so haben wir nicht gewettet. Auf Kategorien wie «falsch» und «richtig» können wir verzichten.

Da halten wir es doch lieber mit den «Bad Moms»:

«Wir tun alles, um perfekt zu sein. Und drehen dabei durch.» – «Es ist doch heute unmöglich, eine gute Mutter zu sein. Es gibt so viele Regeln zu beachten: Bestrafe Deine Kindern nicht!» – «Sag nicht Nein zu Deinen Kindern!» – «Wir alle arbeiten zu hart, um die Leben unserer Kinder wunderbar und magisch zu gestalten. Dabei sind die Leben unserer Kinder schon wunderbar und magisch!» – «Oh, scheiss drauf! Lasst uns schlechte Mütter sein!»

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«Bad Moms» läuft ab dem 22. September in den Basler Kinos.

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