Syngenta-Kritiker Gary Hooser: «Man log uns offen ins Gesicht»

Die Partnerschaft von Basel und Syngenta an der Weltausstellung in Mailand provoziert konkreten Widerstand. Am Gegenkongress in Basel sprechen Gegner und Opfer der Pestizidpolitik des Agrarkonzerns. In Basel ist auch der hawaiianische Politiker Gary Hooser, der gegen die Pestizidversuche von Syngenta, BASF und Dow auf der Insel Kauai protestiert.

(Bild: Daniel Faulhaber)

Die Partnerschaft von Basel und Syngenta an der Weltausstellung in Mailand provoziert konkreten Widerstand. Am Gegenkongress in Basel sprechen Gegner und Opfer der Pestizidpolitik des Agrarkonzerns. In Basel ist auch der hawaiianische Politiker Gary Hooser, der gegen die Pestizidversuche von Syngenta, BASF und Dow auf der Insel Kauai protestiert. Ein Interview.

In Basel kommt es an diesem Wochenende zum Treffen renommierter Gentech-Gegner und Agrarökonomen. Unter dem Titel «Agro statt Business – Gegen die unheilige Allianz von Basel und Syngenta» veranstalten die Organisation MultiWatch in Zusammenarbeit mit dem soziologischen Seminar einen Gegenkongress zum geplanten Auftritt von Syngenta an der Weltausstellung in Mailand.

Die Bekanntgabe der Partnerschaft zwischen Basel und dem Agrarchemiekonzern hatte harsche Kritik und anhaltende Proteste zur Folge. Kritik, die nun in konkrete Gegenbewegungen umschlägt, wie der Kongress vom Wochenende zeigt.

Umfassende Kampagne geplant

«Die Konferenz ist Teil einer umfassenden Kampagne», heisst es in der Medienmitteilung. Neben dem aktuellen Treffen ist ein Auftritt an der Aktionärsversammlung von Syngenta vom 28. April sowie ein Treffen zwischen einer Delegation aus Hawaii und Vertretern des Grossrats am 27. April geplant.

Auf Hawaii, konkreter: auf der Inselgemeinde Kauai, werden von Biotechfirmen wie BASF, Dow und Syngenta flächendeckende Pestizid-Tests durchgeführt. Mit schlimmen Folgen für die lokale Bevölkerung, wie eine Reportage von Michaël Jarjour und Julie Zaugg eindrücklich beschreibt: «Kein Aloha für Syngenta. Wie der Basler Agrarkonzern versucht, den Bewohnern einer Insel die Demokratie zu rauben.»

Das Beispiel Hawaii ist eines von vielen, die den Auftritt von Syngenta an einer Weltausstellung mit dem Titel «Feeding the Planet, Energy for Life» in einem schalen Licht erscheinen lassen. Ein engagierter Gegner des Basler Konzerns Syngenta ist der hawaiianische Polit-Aktivist Gary Hooser, er hat die Auswirkungen von Pestiziden hautnah miterlebt und sich dem Kampf gegen die Tests verschrieben. Hooser ist Gastreferent der Konferenz in Basel.

Herr Hooser, wie kam es zu Ihrer Teilnahme an der Konferenz in Basel?

MultiWatch wurde über ein Interview auf mich aufmerksam und lud mich darauf hin ein, nach Basel zu kommen. Meine Teilnahme ist Teil der Widerstandsbewegung unserer Community, bisher veranstalteten wir Protestmärsche auf Kauai oder kämpften vor Gericht. Dieser Kontakt mit der internationalen Öffentlichkeit ist der nächste Schritt unseres Widerstands.

Auf Kauai werden flächendeckend Pestizide getestet. Welche Auswirkungen hat das auf die lokale Bevölkerung?

Seit die Tests vor zirka zehn Jahren intensiviert wurden, nahmen die Vorfälle zu. Viele Kinder in den Schulen klagten über brennende Augen, oder sie mussten sich übergeben. Vor einigen Jahren starben tausende von Seeigeln entlang der Küste. Solche Vorfälle kamen immer wieder vor. Die Menschen machten sich Sorgen um ihre Gesundheit – und zwar durch alle Gesellschaftsschichten hindurch. Erste Informationen über die Pestizide drangen durch, es fiel auf, dass nur noch Maisfelder das Land bedeckten.

Sie sind einer der Anführer der Anti-Gentech-Protestbewegung. Was haben sie konkret gegen das Testen der Pestizide unternommen?

Zuerst suchte ich das Gespräch mit Vertretern von Syngenta und anderen Firmen. Als Mitglied des Gemeinderats von Kauai ist das mein Job, denn die Leute sind besorgt über die auftretenden Krankheiten. Wir wollten wissen welche Pestizide eingesetzt wurden. Darauf erhielten wir entweder gar keine, oder irreführende Antworten. Man sagte uns, dass seien allgemein zugängliche Informationen und dass nur Mittel eingesetzt würden, die alle Bauern einsetzen. Wir überprüften das und stiessen auf extrem giftige Mittel wie Paraquat oder Atrazin. Man log uns offen ins Gesicht. Als Politiker macht mich das wütend.

Sie erarbeiteten ein Gesetz mit dem Namen «Das Recht zu Wissen». Was enthielt dieses Gesetz?

Das Gesetz verpflichtete die Konzerne zur Bekanntgabe aller Sprühaktivitäten. Wir wollten wissen was gesprüht wird und wann, damit wir rechtzeitig die Fenster schliessen konnten. Ausserdem verlangte das Gesetz eine Pufferzone, die Sprühaktivitäten sollten einen Abstand von 150 Metern zu Schulen, Strassen und Wohnhäuser einhalten. Das Gesetz erlangte eine knappe Mehrheit im Gemeinderat, doch Syngenta klagte dagegen. Sie sagten, das Gesetz sei ungültig, nur der Staat habe das Recht, den Einsatz von Pestiziden gesetzlich zu regulieren. Das stimmt in einigen Staaten der USA, aber nicht in Hawaii. Das Gesetz «Das Recht zu Wissen» trat nie in Kraft, aber wir glauben immer noch, das wir richtig liegen.

Am kommenden Montag kommt es zu einem Treffen zwischen einer hawaiianischen Delegation und Vertretern des Grossen Rates. Was erhoffen Sie sich von diesem Treffen?

Realistisch gesehen, können wir vor allem auf Aufmerksamkeit für unser Anliegen hoffen. Die meisten Leute in der Schweiz haben keine Ahnung davon, was die Biotechfirmen in Hawaii und anderen Staaten anrichten. Das einzige was uns helfen kann sind regulierende politische Beschlüsse. Und die können mit einem starken öffentlichen Bewusstsein forciert werden.

Halten sie den Auftritt eines Unternehmens wie Syngenta an einer Weltausstellung unter dem Titel «Feeding the Planet, Energy for Life» für vertretbar?

Ich halte diese Kombination für beschämend. Diese Konzerne zerstören die Erde, von der sie behaupten, dass sie sie ernähren. Das ist doch wie in einem Maskenspiel.

Basler Gegenkongress «Agro statt Business»

Neben Berichten von direkt Betroffenen aus den Einsatzgebieten schädlicher Pestizide fokussiert die Konferenz auch alternative Agrarstrategien für einen nachhaltigen Anbau.
Die Konferenz findet statt im Kollegiengebäude der Universität und ist für Interessierte frei zugänglich(»Hier gehts zum Programm).
MultiWatch ist eine Organisation mit mit dem Ziel der Beobachtung und Veröffentlichung von Menschenrechtsverletzungen bei Schweizer multinationalen Konzernen.


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