Die Gemeinde Tecknau will nicht mehr tatenlos zusehen, wie ihr durch Steuersünder hohe Beträge durch die Lappen gehen. Sie prüft daher, ob sie die Namen der fehlbaren Personen an der Gemeindeversammlung bekannt geben kann.
Der Fall sorgte landauf, landab für Aufsehen: Am 3. Juni machte der Gemeinderat von Egerkingen seine Drohung wahr und gab an der Gemeindeversammlung die Namen von chronischen Steuersündern bekannt. Die Gemeindepräsidentin Johanna Bartholdi nahm damit sogar ein Strafverfahren in Kauf. Denn der Fall war bereits vor der Gemeindeversammlung vor Gericht hängig. Und er ist es heute noch.
Dieser Artikel erschien zunächst in der «Volksstimme». Die Kollegen aus dem Oberbaselbiet haben ihn uns zur weiteren Publikation freigegeben. Besten Dank an dieser Stelle.
Offenbar zwingt die schlechte Zahlungsmoral von Einwohnern die Gemeinden immer öfter zu unkonventionellen Methoden. So auch die Gemeinde Tecknau: Sie prüft derzeit, mit demselben oder einem ähnlichen Mittel gegen säumige Steuerpflichtige vorzugehen: «Wir waren überrascht über den Mut des Egerkinger Gemeinderats. Er dient uns nun als Vorbild», sagt Ruedi Bürgin, Gemeindepräsident von
Tecknau.
Vorhaben bereits publiziert
Konkret will das Gremium das Gerichtsurteil im Fall Egerkingen abwarten und dann entscheiden. «Das Urteil ist entscheidend für die Entwicklung unserer Idee», so Bürgin. «Wenn es aus Sicht der Egerkinger Gemeindepräsidentin positiv ausfällt, werden wir diese Methoden ebenfalls einführen.» Tecknau hat das Vorhaben jedenfalls bereits in seinen Gemeindenachrichten publiziert. «Vielleicht wird dies bereits eine Wirkung zeigen», hofft man in der Baselbieter Gemeinde.
Ob der Steuerpranger aber wirklich rechtens ist, wird das Gerichtsurteil von Egerkingen zeigen. Dennoch gibt es Seiten, die schon jetzt zur Vorsicht mahnen: «Der Steuerpranger ist eine heikle Angelegenheit für die Gemeinden. Ich sehe keine gesetzliche Grundlage, diese Daten zu veröffentlichen», sagt Daniel Schwörer von der Stabsstelle Gemeinden der Baselbieter Finanz- und Kirchendirektion. Er rät den Gemeinden daher, die Steuerschuldner konsequent zu betreiben und die Pfändung durchführen zulassen. Das sei zwar mit hohen Kosten verbunden, «hat aber nach aussen seine Wirkung.»
Genau vor diesen hohen Kosten schrecken die Gemeinden aber zurück. Ruedi Bürgin konstatiert: «Es gibt überall Steuersäumige. Diese werden von uns auch betrieben, doch irgendwann sind die Betreibungskosten so hoch, dass es sich für die Gemeinde nicht mehr lohnt. Das kann es doch einfach nicht sein.»
«Wesentliche» Beträge fehlen
Bei der Gemeinde Egerkingen handelte es sich um zwei Millionen Franken, die von den fehlbaren Einwohnern ausstehen. Wie viel Geld die steuersäumigen Tecknauer Einwohner der Gemeinde schulden, will der Gemeindepräsident nicht sagen.
Es handle sich aber um «wesentliche» Beträge, so Bürgin. Er betont, dass die Gemeinde dabei nur Personen anprangern wolle, die über Jahre keine Steuern mehr gezahlt hätten: «Es würde also keine Personen in akuter finanzieller Not betreffen.»
Noch wartet die Gemeinde ab. Das Gerichtsurteil von Egerkingen wird entscheiden, ob Gemeinden Steuersünder an der Gemeindeversammlung bekannt geben dürfen oder nicht. Bürgin sagt: «Wir beobachten die weitere Entwicklung auf jeden Fall sehr genau.»
Steuerpranger: Sympathisch, aber trotzdem falsch – Der Wochenkommentar von az-Chefredaktor Christian Dorer.
Die bekannteste Gemeindepräsidentin in der Schweiz – Ein Porträt von Johanna Bartholdi.
Steuerpranger: Das sagen Gemeindepräsidenten – Der Tagi hat bei einigen Gemeindepräsidenten nachgefragt.
«10vor10»–Bericht über den Fall Egerkingen.