Tolles Angebot, noch besserer Verdienst

Die Onlineplattform Airbnb wächst in der Schweiz rasant. Der Grund: Die privaten Gastgeber verdienen einfaches Geld. Dass die Mieteinnahmen steuerpflichtig wären, wird ignoriert. Und nicht nur das – mit Konsequenzen: In Bern hat nun ein Mieter seine Wohnung verloren.

(Bild: Printscreen Airbnb.ch/Bearbeitung: Nils Fisch)

Die Onlineplattform Airbnb ist ein Marktplatz für Übernachtungen. In der Schweiz wächst das Geschäft rasant. Der Grund: Die privaten Gastgeber verdienen einfaches Geld. Dass die Mieteinnahmen steuerpflichtig wären, wird ignoriert. Und nicht nur das.

Muss man «Airbnb» noch vorstellen oder darf man erwarten, dass die Mehrheit die Online-Plattform kennt? Der Marktplatz für Unterkünfte existiert seit 2008. Private bieten seither rund um den Globus ihre Wohnung oder ein Zimmer als Unterkunft für Gäste an. Wie viele Reisende das Angebot schon genutzt haben, gibt das Unternehmen nicht mehr bekannt. Hartnäckig in den Medien hält sich die Zahl von über 10 Millionen Übernachtungen. Zum Vergleich: Basel Tourismus hat vergangenes Jahr etwas über eine Millionen Logiernächte verzeichnet.

Sicher ist, das Unternehmen wächst rasant. Waren anfangs 2012 noch 120’000 Angebote auf Airbnb, sind es inzwischen über 300’000 Unterkünfte, aus denen Reisende wählen können. Die Schweiz gehört innerhalb Europa zu den am schnellsten wachsenden Märkten.

Airbnb kann einen die Wohnung kosten – Der «TagesAnzeiger» berichtet über Louis Bremer. Er hat seine Wohnung verloren, weil er sie am Wochenende über das Portal Airbnb untervermietet hat, ohne den Hausbesitzer zu informieren. Aus diesem Anlass bringen wir nochmals unseren Artikel mit den Tipps und den Warnungen zur Wohnungsvermietung vom 1. März 2013.

Wachstum von 314 Prozent in der Schweiz

Aktuell sind 1973 Schweizer Gastgeber gemeldet. Die Zahl der Übernachtungen wuchs gesamtschweizerisch um 314 Prozent im vergangenen Jahr. Wie viele Übernachtungen gebucht wurden, wollte das Unternehmen gegenüber der TagesWoche nicht mitteilen. Die «SonntagsZeitung» schrieb Anfang Februar von bisher über 80’000 Nächten, die bis zu diesem Zeitpunkt gebucht wurden. Basel liegt an vierter Stelle in der Schweiz. Am Mittwoch den 27. Februar 2013 fand zum ersten Mal ein Community-Treffen statt: Zwei Airbnb-Angestellte beantworteten die Fragen der Gastgeber. Der Anlass war im Nu ausgebucht.

Aber warum vermietet eine wachsende Zahl von Schweizerinnen und Schweizer ihre Wohnung oder auch nur ein Zimmer an Wildfremde aus aller Herren Länder?

Der erste – oder am häufigsten genannte – Grund ist damit eigentlich schon verraten: Austausch. Der Reiz von Airbnb ist der persönliche Kontakt mit Leuten, die im Urlaubsland leben, heisst es zumindest meist von den Gründern, Gästen und den Gastgebern. Allerdings gibt es für letztere noch einen wesentlich wichtigeren Aspekt: den Verdienst. Geht es nach Airbnb-Mitgründer Joe Gebbia, ist es sogar der naheliegende Grund, seine Wohnung zu vermieten: «Es ist einfach, sich so ein Zubrot zu verdienen.»

Sechs Tage bleiben die Gäste im Schnitt in Basel. Gastgeber verdienen so schnell 600 Franken.

Ein Gastgeber verdient in der Schweiz durchschnittlich 1250 Franken im Monat, bezahlt wird durchschnittlich 105 Franken pro Nacht, zumindest halten sich diese Zahlen seit vergangenem Jahr in den Medien. Wie hoch der Durchschnittspreis tatsächlich in Basel ist, teilte Airbnb auf Anfrage nicht mit. Das Unternehmen schreibt in seiner Antwort: In Basel könne man bereits ab zehn Franken bei einem Airbnb-Gastgeber unterkommen, es gebe aber auch Unterkünfte, für welche man über 300 Franken pro Nacht bezahle. «Ein Durchschnittspreis würde also zu wenig über die vielfältige Auswahl der Unterkunftsmöglichkeiten aussagen.»

Privatunterkünfte mieten
Das Geschäft mit dem eigenen Zuhause boomt, es gibt gleich mehrere Plattformen, auf denen man Gastgeber werden kann: Airbnb.com / housetrip.com / 9flats.com / wimdu.ch

Was Airbnb hingegen verrät, ist, dass Gäste in Basel durchschnittlich sechs Tage verbringen. Nimmt man eine berechnete Durchschnittsmiete von 105 Franken als Richtwert, verdient ein Gastgeber im Schnitt 630 Franken pro Gast. Wie oft ein Gastgeber seine Wohnung vermietet, variiert gemäss Airbnb stark: «Es gibt zum Beispiel solche, die nur dann vermieten, wenn sie selber unterwegs sind. Oder solche, die über das ganze Jahr hinweg ein Zimmer auf Airbnb zur Verfügung stellen.»

Gerade in Städten mit hohen Mietpreisen haben einige Pfiffige ein Miet-Zustupf-Modell daraus gemacht. Wer zentral wohnt, eine nette Wohnung hat, kann sich mit ein paar Tagen als Gastgeber einen dicken Anteil der Miete dazu verdienen. Die Durchschnittsmiete in Basel für eine 4,5 Zimmer-Wohnung beträgt 2150 Franken, da sagt kaum einer Nein zu einem Zustupf.

Wer nun überlegt, welches Zimmer er freiräumen soll in seiner Mietwohnung, sollte allerdings einige Punkte beachten:

Vermieter:

Wer seine Wohnung untervermietet, ist verpflichtet seinen Vermieter zu informieren. Ablehnen kann der Vermieter eine Untermiete grundsätzlich nicht. Aber es gibt Einschränkungen: Der Vermieter darf ablehnen, wenn es regelmässig zur Vermietung kommt, wie der Mieterverband und der Hauseigentümerverband übereinstimmend sagen. Wer regelmässig gegen Entgelt seine Wohnung vermietet, zweckentfremdet seine Wohnung, weil es «gewerbemässig» wird. Gerade also jene Leute, die ein Zimmer zugunsten eines Miet-Zustupfs dauernd vermieten, laufen Gefahr, sich eine Verwarnung und letztlich eine Kündigung des Vermieters einzufangen. In der Regel – oder zumindest in den Fällen, die der TagesWoche bekannt sind – ignorieren jedoch die meisten Gastgeber diesen Punkt: Der Vermieter wird nicht informiert. Das erklärt wohl auch, weshalb weder dem Mieterverband Basel-Stadt noch dem Hauseigentümer-Verband irgendwelche Fälle bekannt sind, wo es zu Streitigkeiten gekommen wäre. Das hat sich spätestens am 30. September 2013 geändert: Der «TagesAnzeiger» hat einen Fall bekannt gemacht, bei dem ein Mieter seine Wohnung verloren hat, weil er sie immer wieder vermietete (mehr dazu online bei Tagi).

Preis:

Die verlangte Miete vom Gast sollte nicht «missbräuchlich» sein. Egal, ob man ein Zimmer für 300 Franken pro Nacht vermietet oder gleich seine gesamte Villa für 16’800 Franken, gilt es zu beachten, dass der Richtwert für einen Zuschlag für eine möblierte Untermiete 20 Prozent nicht übersteigen sollte. Wer also seine Wohnung, die 1500 Franken im Monat kostet, für 200 Franken pro Tag vermietet, kommt auf den Monat hochgerechnet auf 6000 Franken – und übersteigt damit den Richtwert. Die Angabe ist allerdings nicht bindend und der Begriff «missbräuchlich» relativ. Wer einen Mehrwert bietet, also beispielsweise TV, Internet, seinen Kühlschrank für die Gäste öffnet, Kaffeemaschinen oder tatsächlich ein Frühstück anbietet, kann dies alles als Mehrwert anrechen. Er darf sogar damit argumentieren, dass er während dieser Zeit eine andere Bleibe suchen muss.

Steuern:

Schaut man sich die Angebote auf Airbnb an, findet man nicht nur günstige Angebot, sondern auch ziemlich horrende Preise. Diese Gastgeber verdienen sich zweifellos ein goldenes Näschen – und das am Fiskus vorbei. Das Einkommen aus der Vermietung muss versteuert werden. Theoretisch. Praktisch deklariert aber «äusserst selten» jemand unter «Übrigen Einkünfte» das Einkommen, wie die Steuerverwaltung Basel-Stadt sagt. Was wohl vielmehr heisst: niemand. Wer es richtig machen will, müsste seine Mietkosten von den Airbnb-Einnahmen abziehen und angeben. Ein Rechenbeispiel: Wer für seine Miete 1200 Franken hinlegt, seine Wohnung sechs Tage im Jahr für 200 Franken pro Nacht vermietet, müsste bei den Steuern ein Einkommen von 800 Franken angeben (Airbnb-Einkommen – (eigenne Miete pro Tag x Anzahl vermietete Tag an Gast) = zu versteuerndes Einkommen). Geht man davon aus, dass in anderen Städten die Gastgeber nicht treuere Steuer-Zahler sind, gehen angesichts der 80 000 Übernachtungen und der Airbnb-Durchschnittsmiete von 105 Franken aus, gingen dem Fiskus bisher 8,4 Millionen Franken an nicht-versteuerten Einkommen durch die Lappen.

Gasttaxe:

Airbnb-Gastgeber in Basel wären eigentlich auch dazu verpflichtet die Gasttaxe von 3.80 Franken einzuziehen. Der Gast hätte wiederum das Anrecht auf ein Mobility-Ticket während seines Aufenthaltes, sagt «Basel Tourismus»-Direktor Daniel Egloff. Die privaten Gastgeber sind, so gesehen, nicht anders gestellt als gemeldete Bed-and-Breakfast-Betriebe. Theoretisch.

Airbnb weist auf ihrer Website auf diesen Punkt hin, nur scheint die Hinweise unter «Sei ein guter Gastgeber» kaum einer zu beachten. Der Erfolg ist ja auch so gewährleistet: der Gast hat eine angenehme Unterkunft, der Gastgeber einen Verdienst und Airbnb seine Provision von rund zehn Prozent. Wer gerne Gast bei Leuten ist und selbst Gastgeber spielen will, kann das auch gratis tun: als Couchsurfer. Aber das ist eine andere Geschichte.

Was sagt die Hotellerie zu Airbnb?

Obwohl Airbnb in der Schweiz rasant wächst und es für die Gastgeber ein lukratives Geschäft ist, betrachtet die Hotellerie das Modell bisher ohne grosse Furcht: Airbnb wird als Nischenprodukt gesehen, welches abenteuerlustige, junge in Anspruch nehmen. Der Vorzug des Hotels sei der Service und die Privatspähre, heisst dabei in der Regel. Urs Hitz, Vize-Präsident des Hotellerie Vereins in Basel, betrachtet das Angebot ebenfalls wohlwollend: «Gerade während der grossen Messen in Basel ist es super, wenn wir zusätzliche Betten in der Stadt haben.» Ähnlich klingt es auch bei Basel Tourismus, Direktor Egloff, sieht weder eine Konkurrenz zu den Hotels noch eine Bedrohung für diese. «Basel soll möglichst viele Wege und Arten von Unterkunft anbieten.»

Zahlen und Fakten zu Airbnb

Airbnb ist eine online Plattform, auf der Private ihr Zuhause vermieten können. Für ihren Service kassiert das Unternehmen eine Provision von zehn Prozent. Es funktioniert ähnlich wie eine Hotel-Buchung: Gastgeber legen einen Preis und die Miet-Konditionen fest, laden Bilder von Ihrem Angebot hoch und Gäste können online buchen. Die Idee ist das simple Teilen des Zuhauses – deshalb auch der Name «Airbed and Breakfast». Das Unternehmen wurde 2008 in San Francisco gegründet, es wird auf 1,3 Milliarden Dollar bewertet.

Airbnb wächst rasant. Waren es zu Beginn von 2012 noch 120’000 Angebote auf Airbnb, sind es inzwischen über 300’000 Unterkünfte in über 36’000 Städten in 192 Ländern, aus denen Reisende wählen können. In Europa wächst das Angebot doppelt so schnell wie im Ursprungsland. An der Spitze liegt London mit 10’000 Unterkünften, täglich übernachten dort 1200 Menschen, wie Airbnb-Gründer Nathan Blecharcyk im vergangenen August gegenüber «Der Zeit» sagte. Die Schweiz gehört innerhalb Europa zu den schnellsten wachsenden Märkten.

Aktuell sind 1973 Schweizer Gastgeber gemeldet. Die Zahl der Übernachtungen wuchs gesamtschweizerisch um 314 Prozent im vergangenen Jahr. Wie viele Übernachtungen gebucht wurden, wollte das Unternehmen gegenüber der TagesWoche nicht mitteilen. Die «SonntagsZeitung» schrieb Anfang Februar von bisher über 80’000 Nächten, die bis zu diesem Zeitpunkt gebucht wurden. Die meisten Gastgeber in der Schweiz sind in Zürich zuhause, gefolgt von Genf, Luzern und Lausanne. Basel belegt mit 239 Unterkünften die vierte Stelle vor Bern.

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