Finma geht auf Basler Alternativwährung los

Die lokale Alternativwährung NetzBon ist in den Fokus der Finanzmarktaufsicht geraten. Nun sieht sie sich in ihrer Existenz bedroht. 

Die Schweizer Pioniere der Alternativwährungen bekommen die geballte Kraft der Finanzmarktaufsicht zu spüren.

Zwölf Jahre lang ging alles gut bei der Genossenschaft Netz Soziale Ökonomie, der Herausgeberin der Basler Alternativwährung NetzBon (früher: BonNetzBon). Die Genossenschaft versteht sich als soziale Bewegung und verfolgt das Ziel, über die NetzBons lokale, sozial und ökologisch nachhaltige Wirtschaft zu fördern.

Wer die Bons kauft, kann sie in rund 140 Betrieben ausgeben und damit Waren und Dienstleistungen beziehen. Akzeptiert werden sie etwa in der Markthalle und im Hirscheneck, aber auch im Theater Basel. Ein Bon entspricht dabei einem Schweizer Franken. Es handelt sich also um eine Art Gutscheinsystem und hat mit den aktuell diskutierten Kryptowährungen nichts zu tun.

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Die Lancierung des NetzBon war eine Pioniertat, und in den letzten zwölf Jahren fand eine kontinuierliche Aufbauarbeit statt. Heute werden mit den NetzBons jährlich zwischen 50’000 und 60’000 Franken umgeschlagen. Vor ein paar Jahren wurden auch an anderen Orten in der Schweiz ähnliche Alternativwährungen eingeführt, etwa der Bonobo in Bern oder der Eulachtaler in Winterthur.

Der NetzBon mag sich in Basel einigermassen etabliert haben, doch der Blick auf die Umsätze zeigt: Er bleibt ein Nischenprodukt. Dennoch trat im vergangenen Sommer die eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) auf den Plan. Deren Kontrolleure sollen Schweizer Kunden im Namen des Bundesrates vor Anlagebetrug bewahren und Geldwäsche verhindern.

«Es ist offensichtlich, dass die Finma nicht verstanden hat, was wir tun.»

Isidor Wallimann, Präsident Netz Soziale Ökonomie

Im Juli also lag bei Isidor Wallimann, Präsident der Genossenschaft hinter den NetzBons, ein Brief auf dem Tisch. Die Finma wollte über einen Fragebogen herausfinden, ob das System NetzBon eine finanzmarktrechtliche Bewilligung benötige. «Wir füllten diesen Fragebogen brav aus, auch wenn ein Grossteil der Fragen darin für unser Konzept nicht relevant war», sagt Wallimann. «Es war ziemlich offensichtlich, dass die Finma nicht verstanden hat, was wir tun.»

Die Genossenschaft funktioniere vor allem dank Freiwilligenarbeit, sagt Wallimann. Infrastruktur und Reichweite der Währung sind also kaum mit einem professionellen Finanzinstitut zu vergleichen.

Das hielt die Kontrolleure nicht davon ab, die Genossenschaft Ende Dezember als «berufsmässige Finanzintermediärin» einzustufen und unter anderem zu verlangen, dass sich diese an Geldwäschereivorschriften hält und sich an eine von der Finma aufgelistete Selbstregulierungsorganisation anschliesst. Dabei sind NetzBons mit ihrem tiefen Jahresumsatz für die Geldwäsche denkbar ungeeignet.

NetzBon-Herausgabe gestoppt

Trotzdem mussten Wallimann und seine Kollegen die Herausgabe der NetzBons stoppen. Zudem unterbreiteten sie der Finma einen Vorschlag hinsichtlich einer Reorganisation, um die juristischen Verantwortlichkeiten zu klären. Doch das kam nicht gut an. Die Finma reagierte mit einem geharnischten Brief (das Schreiben liegt der TagesWoche vor). Der «rechtskonforme Zustand» sei innert zwei Wochen wiederherzustellen. Ansonsten drohten Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder Bussen bis zu einer halben Million Franken.

Die Genossenschaft operiert mit einem jährlichen Budget von knapp 20’000 Franken. Eine solche Busse wäre also nicht zu verkraften. Steht NetzBon also vor dem Aus? Klemmt eine Bundesbehörde eine lokale Initiative ab?

Finma-Sprecher Vinzenz Mathys will sich auf Anfrage nicht zu Einzelfällen äussern. Eine generelle Einschätzung gibt er jedoch ab:

«Anbieter von Alternativwährungen, die innerhalb eines bestimmten Netzes von Dienstleistern und Warenanbietern als Zahlungsmittel eingesetzt werden können, unterstehen dem Geldwäschereigesetz. Auf die Einhaltung der Sorgfaltspflichten kann jedoch verzichtet werden, wenn bestimmte Schwellenwerte nicht überschritten werden.

So dürfen etwa nicht mehr als 5000 Franken monatlich bezogen werden. Wie ein Anbieter sicherstellt, dass die Schwellenwerte eingehalten werden, liegt in seiner Verantwortung. Hat die Finma Hinweise auf mögliche Verstösse gegen finanzmarktrechtliche Vorschriften, werden nötigenfalls Massnahmen ergriffen, um den ordnungsgemässen Zustand wiederherzustellen.»

Wallimann will die Hoffnung noch nicht aufgeben. NetzBon und die anderen Schweizer Alternativwährungen wollen sich nun in einer Art Verband organisieren, um gegenüber der Finma mit gebündelten Kräften aufzutreten. «Unser Ziel ist ein Dialog. Wir wollen der Finma aufzeigen, dass hier ein grobes Missverständnis besteht», sagt Wallimann.

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