Vom Gottesacker zum Sandkasten

Wo einst Enten weideten und später Tote ihre letzte Ruhestätte fanden, blüht heute buntes Leben.

Wo einst Enten weideten und später Tote ihre letzte Ruhestätte fanden, blüht heute buntes Leben.

Der Basler Kannenfeldpark war früher – der Name macht es deutlich – ein Feld. Hier pflanzte man allerlei an und hielt, woran die nahe Entenweidstrasse erinnert, auch Geflügel. Dann wurde im Jahr 1868 aus dem Feld ein Gottesacker. Es war eine Zeit des Wachstums und des Wandels. Den Baslern wurde es innerhalb der Stadtmauern zu eng, sie rissen sie damals nieder.

Doch nicht nur die Lebenden, sondern auch die Toten verlangten nach mehr Raum. Bereits im Jahr 1825 war mit dem Spalengottesacker an der Missionsstrasse ein erster Friedhof vor den Toren der Stadt entstanden. Als dieser der wachsenden Zahl an Gräbern nicht mehr genügen konnte, schuf man nach Plänen von Amadeus Merian im Stil englischer Parkanlagen den Gottesacker Kannenfeld. Dass dieser derart weit ausserhalb der Stadt lag, liess auch kritische Stimmen laut werden, wie der Lokalhistoriker Roger Jean Rebmann zu berichten weiss. Insbesondere von katholischer Seite wurde bedauert, dass es nun nicht mehr möglich war, den Sarg mit dem Verstorbenen auf den Schultern zum Grab zu tragen. Und von reformierter Seite war die Klage zu hören, der lange einsame Landweg zum Friedhof biete für einen Trauerzug mit schön bekränztem Leichenwagen und zahlreichen Trauergästen keine schöne Kulisse.

Grabsteine im Rheinhafen

Der Bau des grossen Zentralfriedhofs am Hörnli im Jahr 1932 läutete das Ende des Gottesackers Kannenfeld ein. Fortan wurden hier keine Toten mehr begraben. Es sollten allerdings noch 20 Jahre verstreichen, bis man 1952 mit der Umwandlung des Friedhofs in einen Park begann. Zuerst mussten 1300 Familien- und 6000 Reihengräber geräumt werden. Angehörige und Nachkommen der Toten waren eingeladen, die Grabsteine abzuholen. Nicht alle kamen diesem Aufruf nach – schliesslich wurden 8000 zurückgebliebene Grabsteine zusammengeschlagen. Im Buch «Kannenfeld» von Verena Eggmann und Bernd Steiner heisst es dazu: «340 Lastwagen voll verbaute der Kanton im Rheinhafen Au, 30 Lastwagen voll verschwanden für Wiesenbordverbauungen in den Langen Erlen, tausend auszementierte Familiengräber wurden gesprengt, das Material als Tragbett des neuen Parkplatzes am St.-Jakob-Stadion eingebaut.»

Danach gestalteten die Stadtgärtnerei und ihr Leiter Richard Arioli (1905–1994) den ehemaligen Gottesacker ohne Eile Schritt für Schritt zu einem Park um. Arioli sind auch die von verschiedenen Künstlern geschaffenen Spielsteine auf dem zentralen Platz des Parks zu verdanken. Er war es auch, der nach einem Besuch in Sevilla die Schaffung eines «Lesegartens» und einer Open-air-Bibliothek anregte.

Der lachende Riese

Ausser der Struktur der Wege und alten Bäume erinnern im Kannenfeldpark nur noch wenige Relikte an den früheren Friedhof. Beim Eingang an der Burgfelderstrasse sind dies verschiedene Inschriften und die Figuren von Moses, Daniel, Johannes und Paulus, im Parkinnern das Denkmal für gefallene französische Soldaten und die Reste des Grabes von Kunsthistoriker Johann Jakob Merian und dessen Bruder Adolf im Stil eines ägyptischen Tempelchens.


Heute ist die frühere Friedhofsruhe frohem Kinderlachen gewichen. Stille Plätzchen, an denen man über die Vergänglichkeit des irdischen Lebens nachdenken kann, findet man im Park noch immer. Rund um diese Inseln der Ruhe blüht aber das bunte Leben – sei es vor dem zum Parkcafé erweiterten Kiosk oder auf den vor Kurzem neu gestalteten Kinderspielpätzen, die sich grosser Beliebtheit erfreuen.
Zur vielgestaltigen Fröhlichkeit, die hier anzutreffen ist, passt auch gut der 1990 vom Bildhauer Markus Böhmer geschaffene lachende Riese, der über die Jahre zum eigentlichen Wahrzeichen des Parks geworden ist.

Nächster Artikel