Von Galileo zu Heidi: Wie ein englisches Kultmischpult den Weg nach Basel fand

«Galileo, Galileo, Galileo, Figaro!» Das Mischpult, auf dem vor mehr als 40 Jahren Queens «Bohemian Rhapsody» abgemischt worden ist, steht seit einem Jahr im Gundeldinger Feld. Kurios, wie es dazu kam, dass das millionenteure Unikat nach Basel fand.

Aficionados am analogen Pult: Daniel Dettwiler (vorne) und Benjamin Gut im Idee und Klang Studio.

(Bild: Marc Krebs)

«Galileo, Galileo, Galileo, Figaro!» Die Konsole, auf der vor mehr als 40 Jahren Queens «Bohemian Rhapsody» abgemischt wurde, steht heute im Gundeldinger Feld. Kurios, wie es dazu kam, dass das millionenteure Unikat nach Basel fand.

Eigentlich ist das Mischpult museumsreif. 40 Jahre alt, ein Koloss aus einer anderen Zeit, als Bands wie Supertramp oder Queen ihre verschachtelten Millionenseller darauf abmischen liessen: die Kinderstimmen und Keyboards in «School» oder die Chöre in «Bohemian Rhapsody»:

Als das Einzelstück 1974 von der Firma Cadac hergestellt und im Londoner Scorpio Studio installiert wurde, gehörte es zu den besten Mischpulten der Welt. Eine Million Franken musste in die Hand nehmen, wer eine solche State-of-the-Art-Konsole haben wollte. Heute sind Cadac-Pulte ein Fall fürs Museum und für Liebhaber. 

Aber im Museum steht es nicht, dieses analoge Pult mit den 1000 Reglern. Daniel Dettwiler und Benjamin Gut vom Idee und Klang Studio im Gundeldinger Feld ist es viel zu nützlich, um es verstauben zu lassen. Sie haben das vier Meter lange Teil vor zwei Jahren in Spanien aufgestöbert und es vor dem Zerfall sowie einem Schicksal als Ersatzteillager gerettet: Denn heute bringen solche alten Pulte mehr, wenn man sie in Einzelteilen verschachert. Dem spanischen Besitzer aber war daran gelegen, dass es in gute Hände kommt. Und die Basler Toningenieure suchten ein Pult aus einer Zeit, als noch in jedes Einzelteil Qualität gesteckt wurde. Diese fanden sie, allem Rauschen und Knacksen zum Trotz.  



So viele Knöpfe verlangen kühle Köpfe.

So viele Knöpfe verlangen kühle Köpfe. (Bild: Marc Krebs)

Ein Jahr lang war das alte Pult in Revision, ein Elektroniker ersetzte jeden Schalter, jeden Kondenser, jeden Transistor. Das ging ins Geld: Mehr als 200’000 Franken hat das Basler Studio investiert.

«Die Klangschönheit ist analog authentischer.»

Daniel Dettwiler

Warum kauft man sich ein altes Schiff, das viel Platz einnimmt und im Unterhalt teuer ist, wenn man sich in der digitalen Ära doch auch einfach 60 Kanäle auf dem Computer einrichten könnte, um ein Orchester abzumischen?

«Weil der Klang unerreicht ist», sagt der Tonmeister Daniel Dettwiler. «Im Digitalen erreicht man nicht denselben Druck wie mit einem analogen Mischpult. Man kann es mit der Fotografie vergleichen.» Die Wärme, die alte Kameras und Filmrollen erzeugen, liesse sich digital zwar nachempfinden, doch werde diese künstlich simuliert. «Bei einem Mischpult ist der Unterschied noch stärker, die Klangschönheit ist analog authentischer, die Energie eine andere. Das spürt man», ist der Audiophile überzeugt. 

«Wir wollten die letzten zwei Prozent, die uns im Vergleich zu internationalen Top-Studios wie dem Abbey Road fehlten, rausholen», sagt Dettwiler selbstbewusst. Er hofft nun auf mehr internationale Aufträge aus der höchsten Liga.

Wie sich das anhört, kann man bereits prüfen: Der Soundtrack, den der Basler Komponist Niki Reiser für die «Heidi»-Neuverfilmung geschrieben hat, wurde auf dem Cadac abgemischt.

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