Vor dem Sprung in die Arbeitswelt

Bald ist Schluss mit Schule: Fünf Jugendliche erzählen, welchen Beruf sie erlernen möchten und weshalb. Sofern sie sich schon entschieden haben.

(Bild: Michael Meister)

Bald ist Schluss mit Schule: Fünf Jugendliche erzählen, welchen Beruf sie erlernen möchten und weshalb. Sofern sie sich schon entschieden haben.

Obwohl mancherorts über eine zunehmende Akademisierung geklagt wird, hat in der Schweiz die Berufsbildung nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert. Rund zwei Drittel aller Jugendlichen wählen den Weg in die Arbeitswelt über eine Lehre. Das bedeutet aber auch, dass sie sich schon früh mit der Berufswahl auseinandersetzen müssen.

Fünf Jugendliche, fünf Vorstellungen:

«Mein Traum wäre, mein Hobby zum Beruf zu machen»
Lorenz Cuomo, 17, besucht ipso, das Haus des Lernens, in Basel.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

«Mir ist es wichtig, dass ich einen Beruf mit vielen Weiterbildungsmöglichkeiten ausübe. Ich will mich weiterentwickeln. Der Lohn sollte zwar stimmen, aber in erster Linie zählt für mich, Spass im Beruf zu haben. Im Sommer werde ich in die Wirtschaftsmittelschule übertreten. Wenn ich eine spannende Lehrstelle finden würde, könnte ich mir aber auch vorstellen, eine Lehre zu machen. Handwerkliche Berufe würden mich schon interessieren. Ich habe bereits als Gipser geschnuppert, das war wirklich toll. Aber alle, die dort arbeiten, meinten: «Du musst weiter zur Schule gehen, das ist besser für deine Zukunft.» Sicher wäre es auch spannend, die Berufsmatur zu machen, an die Fachhochschule zu gehen und Architekt zu werden. Ich zeichne sehr gerne, am liebsten Gebäude. Ob ich wirklich zeichnerisches Talent habe, ist die andere Frage. In der Schule war ich jedenfalls immer gut darin. Ich bin gerne kreativ, habe viel Fantasie, bin ein Träumer. Früher wollte ich immer Schauspieler werden, manchmal auch heute noch.Mein grosser Traum wäre aber, dass ich mein Hobby zum Beruf machen könnte. Ich wäre gerne Entertainer. In meiner Freizeit schreibe ich oft eigene Raps, manchmal auch mit Freunden zusammen. »

 

 

«Das Allerwichtigste ist, dass ich Freude am Beruf habe»
Jasmina Dizdarevic, 15, besucht die 3. Sekundarklasse in Aesch.

(Bild: Nils Fisch)

«Ich habe mir schon ­einige Gedanken über meine Berufswahl gemacht, und zwei Berufe stehen für mich im Zentrum: Hochbauzeichnerin und Pharma-Assistentin. Hochbauzeichnerin fände ich toll, weil ich mega gern zeichne und gestalte. Mir ist klar, dass es nicht einfach ist, eine Lehrstelle zu finden. Aber das Allerwichtigste ist für mich, dass ich Freude an einem Beruf habe. Wie viel ich später einmal verdienen werde, ist für mich nicht entscheidend. Weiterbildungsmöglichkeiten hingegen finde ich auch noch wichtig. Bald haben wir Schnupperwochen in der Schule, da möchte ich gerne einmal als Hochbauzeichnerin schnuppern. Um danach mit der Pharma-Assistentin vergleichen zu können. In einer Apotheke war ich nun schon ein paar Mal, und das hat mir auch mega gut gefallen: der Kontakt mit den Kunden, Mischungen ­machen und so. Dass ich vieles über Chemie lernen müsste, macht mir keine Angst. Ich habe in Chemie eine 6. Meine ältere Schwester hat ebenfalls Pharma-Assistentin gelernt und macht jetzt eine Weiterbildung. Ihr Ziel ist eine eigene Apotheke – wer weiss, vielleicht haben wir ja mal zusammen eine …»



«Tiere sind mir wichtiger als ein guter Monatslohn»
Stefanie Schüpfer, 15, besucht die 3. Sekundarschule in Aesch.

(Bild: Nils Fisch)

«Ich möchte gerne mit Tieren arbeiten, ­ent­weder als Kleintierpraxis-Assistentin oder als Tierpflegerin. Tierärztin kommt für mich nicht infrage, ich will keine Tiere aufschneiden. Aber ich will ihnen helfen können. Wenn ich von Tieren höre, denen es nicht gut geht, tut es mir im Herzen weh. Tiere sind mir auch wichtiger als ein guter Monatslohn, ich mag sie, seit ich klein war. Falls ich einmal einen längeren Aufenthalt im Ausland mache, möchte ich mich dort sicher auch für Tiere engagieren. Bis vor Kurzem habe ich mir noch überlegt, ob ich Coiffeuse werden möchte. Aber das Schnuppern in einem Salon hat mir gezeigt, dass ich das nicht auf Dauer machen möchte. Vor den Sommerferien findet bei uns in der Schule eine offizielle Schnupperwoche statt. In dieser Zeit möchte ich am liebsten bei ­unserem Kleintierarzt – wir haben drei Katzen – arbeiten. Ich werde so schnell wie möglich nachfragen, ob das möglich ist. Ich könnte es mir aber auch vorstellen, einmal in einer Grosstierpraxis zu schnuppern. Mein grosser Traum ist, irgendwann eine eigene Praxis zu besitzen mit einem angestellten Tierarzt.»

 


«Mir ist bewusst, dass die Jobaussichten schlecht sind»
Valeria Fröhlicher, demnächst 17, besucht die 4. Sekundarschule Niveau E in Laufen.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

«Mein Plan steht schon: Im Sommer, wenn ich mit der Schule fertig bin, gehe ich für ein Jahr als Au-pair ins Welschland. Danach begin­ne ich im Coutureatelier an der Berufsfach­schule in Basel die Ausbildung zur Bekleidungsgestalterin. Die dauert drei Jahre, ­anschliessend möchte ich nach Zürich in die Schule für Modedesign, diese Ausbildung geht dann nochmals zwei Jahre. Die Aufnahmeprüfung für die Berufsfachschule habe ich bereits bestanden. Weil sie jedoch nur etwa zehn Lehrlinge aufnehmen, bin ich nun auf der Warteliste. So beschloss ich, ein Zwischenjahr im Welschland einzuschalten, um mein Französisch zu vertiefen. Mir ist bewusst, dass die Jobaussichten für Couturiers und Modedesigner in der Schweiz schlecht sind, trotzdem möchte ich unbedingt diesen Beruf erlernen. Ich schneidere und nähe sehr gern, ich kann das auch wirklich gut. Zudem glaube ich, dass es eine gute Grundausbildung ist und schon ein paar Möglichkeiten bietet. Ich hätte eine Lehrstelle als Drogistin haben können, die habe ich aber ­abgesagt – langfristig hätte mir das nicht gefallen. Da bin ich mir sicher.»

 


«Als Lehrer muss man viel reden – das liegt mir nicht so»
Aaron Widmer, 15, besucht die Berufs­vorbereitungsschule II in Muttenz.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

«Ich habe mich bereits entschieden: Ich will Koch lernen. Früher dachte ich eher noch an Lehrer – weil mir der Gedanke, Wissen zu ­vermitteln, gefiel. Aber davon bin ich ab­gekommen, als Lehrer muss man so viel ­reden – das liegt mir nicht so. Gekocht habe ich immer schon gerne. Es macht einfach Freude, wenn man ein Resultat erzielt, das gut schmeckt. Dass man als Koch unregelmässige Arbeitszeiten in Kauf nehmen muss, schreckt mich nicht ab. Dafür ist wirklich Feierabend, wenn man mit der Arbeit fertig ist. Als Lehrer musst du nach der ­Schule noch korrigieren und vorbereiten. Die Lehre würde ich gerne in einem Restaurant oder einem Hotel machen, lieber als in­ ­einer Grossküche. Das schöne Anrichten de­r Speisen interessiert mich eben auch. In den kommenden Tagen bin ich zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen vom ‹Bad Schauenburg› in Liestal. Das würde mir gefallen. Mein grosser Traum ist, später einmal ein ­eigenes Restaurant zu führen.»

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 08.02.13

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