Pressestellen haben im alltäglichen Umgang mit Journalisten eine eigene Kunstform etabliert: Die freundliche Informationsverweigerung. Das Beispiel einer Recherche zur «Bank für Internationalen Zahlungsausgleich» (BIZ).
Als Journalist fragt man sich gelegentlich, weshalb Presseabteilungen internationaler Konzerne überhaupt noch eine Telefonnummer auf der Webseite führen. Das Ergebnis eines Telefonats ist nämlich meist dasselbe: «Könnten Sie uns ihr Anliegen bitte nochmals in einer E-Mail zusammenfassen. Wir werden ihre Anfrage dann schnellstmöglich bearbeiten.»
Bei der «Bank für Internationalen Zahlungsausgleich» (BIZ) ist das nicht anders. Ich hacke mein Anliegen also in eine Mail: Einen Besuch vor Ort möchte ich machen und den Generalsekretär für ein Gespräch treffen. Denn genauso wie die meisten Basler habe ich keine Ahnung, wie der kupferfarbene BIZ-Turm an bester Lage am Hauptbahnhof von innen ausschaut, wer dort an was arbeitet und weshalb er im globalen Finanzgeschehen eine dermassen zentrale Rolle spielt, wie der britische Autor Adam LeBor in einem neuen Buch darlegt. Die Antwort der Pressestelle lässt nicht lange auf sich warten:
«Many thanks for your earlier telephone call and e-mail request to interview Mr Dittus and visit the BIS. On behalf of senior management I would like to thank you for your enquiry.»
Freundliche Absage
Auf soviel überschwängliche Freundlichkeit in der Einleitung kann eigentlich nur eine Absage folgen und tatsächlich:
«Unfortunately, due to heavy schedules and commitments already made during the next few weeks, as well as the holiday period, it will not be possible for Mr Dittus or other members of management to accommodate you.»
Dann wird in der Mail noch auf eine kleine Armada von Pressematerialien hingewiesen: Ein Profil der Bank, der letzte Jahresbericht, die Broschüre «This is the biz», die einen kurzen historischen Abriss bietet und eine DVD einer Ausstellung mit historischen Informationen. All dies soll das persönliche Gespräch ersetzen.
Nochmals eine freundliche Absage
Man will nachfassen und klären. Am Telefon wird mein Vorschlag freundlich ausgeschlagen, dass mich anstelle des Managements jemand von der Pressestelle durch die BIZ-Eingeweide führen könne. Man organisiere generell keine Besichtigungen und verweist mit freundlichem Nachdruck auf die letzte öffentliche Besichtigung zum 75. Jahresjubiläum. Damals hatte die Öffentlichkeit Gelegenheit in einer von PR-Spezialisten durchorchestrierten Ausstellung ausgewählte Räume zu besichtigen. Das war vor acht Jahren.
Nun gut, wer vom Gegenstand seines Artikels keine Informationen erhält, recherchiert länger und tiefer, liest, was andere geschrieben haben, und versucht, Menschen zu finden, die etwas zu sagen haben. Zum Beispiel Gian Trepp, der 1993 ein Buch zur BIZ veröffentlichte und bis heute deren Geheimniskrämerei beklagt. Nach meiner Recherche fasse ich in einer E-Mail nochmals mit Fragen beim BIZ nach wie:
- Stimmt es, dass die BIZ dem Autor Gian Trepp bei der Recherche zu seinem Buch von 1993 keinen Einblick ins Archiv gewährte und sich später über die Freigabe der McKittrick-Akten beschwerte?
- Was entgegnet die BIZ auf die Vorwürfe, dass die Organisation ihre Rolle im 2. Weltkrieg bis heute nicht aufgearbeitet hat?
- Wieviele Frauen zählen die Generalversammlung und der Verwaltungsrat der BIZ?
Es folgen noch fünf weitere kritische, aber auch unkritische Fragen. Die Antwort folgt postwendend noch am selben Tag:
«Many thanks for your e-mail questions below. Several of them have been dealt with in the documents you collected earlier this week, but all other public information about the Bank’s activities is on our website in the About BIS section. In addition, tomorrow I will send you a book covering the history of the BIS.»
Statt Antworten gibts einen Wälzer
Das versprochene Buch erhalte ich umgehend. Es ist die offizielle BIZ-Geschichtsschreibung von Gianni Toniolo, Wirtschafts-Professor an der Duke University: 768 Seiten autorisierte BIZ-Geschichte; ein echtes Liebhaberstück.
Statt Antworten auf meine Fragen, gibt es einen Wälzer mit dem die Kommunikationsabteilung den Journalisten endgültig erschlägt. Und dies ohne, dass ihr jemand den Vorwurf machen könnte, sie hätte die Presse nicht ausreichend mit Informationen versorgt.
Was aus der freundlichen Informationsverweigerung der BIZ und Samuel Schlaeflis Recherchen geworden ist, lesen Sie in diesem Artikel.