Warum ein Cortège ohne Stau unmöglich ist

Es gibt nur eine Möglichkeit, Stau am Cortège zu verhindern: Ihn durch einen Umzug von A nach B zu ersetzen. Und das werden die Fasnächtler nicht zulassen. Es wird also immer Stau geben. Weshalb, erklärt Fachhochschule-Dozent und Fasnächtler Patrick Freund.

Fachhochschule-Dozent und Fasnächtler Patrick Freund zeigt auf, weshalb es am Cortège immer Stau geben wird. (Bild: Martina Rutschmann)

Es gibt nur eine Möglichkeit, Stau am Cortège zu verhindern: Ihn durch einen Umzug von A nach B zu ersetzen. Und das werden die Fasnächtler nicht zulassen. Es wird also immer Stau geben. Weshalb, erklärt Fachhochschule-Dozent und Fasnächtler Patrick Freund.

Das Spiel «Vier gewinnt» muss reichen, um die Welt zu erklären. Oder jedenfalls einen Teil davon. Patrick Freund (39), Dozent für Prozessmanagement an der Fachhochschule beider Basel, braucht nicht mehr als dieses Spiel mit den roten und gelben Teilchen, um zu veranschaulichen: Am Cortège wird es – trotz organisatorischen Bemühungen des Fasnachts-Comités – Stau geben, in diesem Jahr und in allen darauffolgenden Jahren.

Er will niemanden enttäuschen, zu sehr liebt er die Fasnacht selber. Als Obmann der Wagenclique Buure-Lümmel weiss Patrick Freund jedoch genau, wie es läuft. Und als einer, der sich beruflich mit inner- und ausserbetrieblicher Logistik auseinandersetzt, sowieso. 

Freiheiten trotz Route

Etliche Plastik-Teilchen liegen auf dem Tisch, unterteilt in zwei Gruppen. Die eine Gruppe soll den Cortège symbolisieren, die andere jene Fasnachtsgruppen, die Pause machen. Nun wird gewürfelt.

Patrick Freund hat zuvor definiert, welche Zahl welche Handlung bedeutet. Beispiel: Drei heisst, eine Clique verlässt den Cortège für eine Pause. Bei fünf hingegen fädeln zwei Gruppen nach der Pause wieder ein. Und so weiter. Das Spiel beginnt – und rasch wird aus den säuberlich hingelegten Plastik-Teilchen ein kleines Chaos. Dabei könnte es doch so geordnet ablaufen. «Nein», sagt Patrick Freund, «nicht unter diesen Umständen.»

Bei den Freiheiten, die es an der Basler Fasnacht gebe, sei ein stau- und lückenloser Cortège unmöglich. Diese Freiheiten sind trotz vorgegebener Route gross: Jede Gruppe bestimmt die Geschwindigkeit mehr oder weniger selbst. Auch, wann wo Pause gemacht wird, wird von niemandem vorgeschrieben – genauso wenig, wann diese wieder aufhört und wo die Gruppe wieder einfädelt.

Anarchistisches Feeling

Allein das Einfädeln einer grossen Gruppe erfordere ein paar Minuten – und das wiederum führe zwangsweise zu einem Stau, sagt Freund. Umgekehrt entstehe ein Lücke, wenn eine Gruppe den Cortège für eine Pause verlasse. Und da nie gleich viele Gruppen ein- wie ausfädeln, passiere, was bei 12’000 Cortège-Teilnehmern dazugehöre: Es entstehen Staus und Lücken. Das wird beim «Vier-gewinnt-Cortège» rasch klar. Von kleinen Pannen an Fahrzeugen und anderen Unvorhersehbarkeiten ganz zu schweigen.

Patrick Freund nennt den Cortège ein «wohlorganisiertes Chaos». Er findet, was praktisch alle Aktiven sagen: «Das soll auch so bleiben, es widerspiegelt die Natur.» Einzige Möglichkeit, den Staus ein Ende zu setzen, wäre ein Umzug von A nach B mit vorgegebener Marschgeschwindigkeit. Etwa so wie am Rosenmontag in Köln. «Doch», sagt Freund, «dann würde das anarchistische Feeling wegfallen.» Und dieses mache die Basler Fasnacht aus.

Quellen

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