Bevor die Zensur 1971 abgeschafft wurde, gab es gewisse Filme nur in Lörrach zu sehen.
Das Angebot, das hier in dunkler Nacht strahlend lockt, ist keine Anleitung zum Berühmtwerden. Es ist der Titel zu einem Film, der seinerseits bereits ruhmreich skandalös bekannt war: Paths of Glory, 1957 von Stanley Kubrick herausgebracht. Ein Antikriegsfilm, der zeigt, dass in der französischen Armee 1916/17 zur Einschüchterung der eigenen Soldaten willkürliche Erschiessungen vorgenommen wurden.
Die französische Regierung, der dieser Film vor allem während des Algerienkriegs aus naheliegenden Gründen überhaupt nicht gefiel, machte in allen Richtungen Druck, damit er in Europa nicht gezeigt würde. Und der wenig glorreiche Bundesrat erliess aus Rücksicht auf die freundnachbarlichen Beziehungen im Dezember 1958 ein Vorführverbot. Das Argument: «sicherheitspolizeiliche & politische Gründe».
Da in der Schweiz die Zensur – wie vieles – föderalistisch ist, war zum Beispiel Genf mit einem Verbot vorausgegangen. Gegen das in Basel verhängte Verbot war Carl Miville im Grossen Rat mit einer Interpellation angetreten. In der Bundesrepublik, die immerhin noch Rücksicht auf ihre ehemalige Besatzungsmacht nehmen musste, kam der Film nur mit Verzögerung in die Kinos, gelangte aber im Frühjahr 1959 auch in Lörrach zur Aufführung. Mit einem kleinen Ausflug auf die andere Seite der Landesgrenze konnte man sich das Verbotene zu Gemüte führen. Unter den schwarzen Silhouettenmenschen dürften sich einige Basler befunden haben.
Das galt nicht nur für Kriegs-, sondern auch für gewisse Sexfilme. Roger Vadims «Und Gott schuf die Frau» – er schuf insbesondere auch Brigitte Bardot – war 1957 in Basel wie in der Waadt und in Genf verboten. In Zürich und Bern aber durften ihn die Leute sehen. 1959 auch in Baselland, aber nicht in Sissach, sondern in Allschwil! Verboten aber in der Stadt. Die Basler Zensoren störten sich weniger an einzelnen Szenen als an der «schwülen Erotik», die dem ganzen Film innewohne und «entsittlichend» wirke. Der «Baslerstab» lockte die Basler dann aber in den Vorort.
1971 wurde die Filmzensur in Basel abgeschafft. Bereits ein Jahr zuvor, 1970, hatte man «Wege zum Ruhm» sehen können (ich war dabei). Wie und warum? Der Gratisanzeiger «Doppelstab» hat daraus eine Werbeaktion für sich selbst gemacht und – natürlich gratis – Karten für eine Vorführung verteilt. Was ein Beispiel dafür ist, dass Zensur das Zensurierte berühmt macht, ihm einen «Weg zum Ruhm» verschafft, ihm sogar einen Nachruhm verleiht bis hin zur dieser jetzigen Reprise. Das Tückische dieses «Lichtspiel»-Bildes ist seine vermeintliche Harmlosigkeit.
Quellen
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 04/11/11