Wenn das Bundesamt für Kultur die PR nach Berlin auslagert

Der Swiss Art Award ist Bundessache, ebenso der Preis fürs beste Schweizer Design. Die Einladungen dazu trafen heuer aber von einer Berliner PR-Agentur ein. Nanu, Outsourcing in die EU? Haben wir uns gefragt – und dann auch eine Pressefrau aus Berlin. Auf Französisch.

Heimtückisches Recherche-Gespräch auf Französisch: TagesWoche-Kulturchef Marc Krebs stellt Frau Schmitt vom «Bureau N» auf die Probe. (Bild: Livio. M. Stöckli)

Der Swiss Art Award ist Bundessache, ebenso der Preis fürs beste Schweizer Design. Die Einladungen dazu trafen heuer aber von einer Berliner PR-Agentur ein. Nanu, Outsourcing in die EU? Haben wir zuerst uns gefragt – und dann auch eine Pressefrau aus Berlin. Auf Französisch.

Auf den ersten Blick sah es nach «courant normal» aus: Wie jedes Jahr vor der Art-Woche landete eine Einladung des Bundesamts für Kultur (BAK) in unserer Mailbox: zur Verleihung der Swiss Art und der Swiss Design Awards. Auf den zweiten Blick aber hat uns etwas irritiert: 

Herzliche Grüße

Scharfes «s» beim BAK? Das ist uns neu. Absenderin Frau S. arbeitet beim «Bureau N». Ein Klick auf die Webseite macht klar, dass dieses nicht dem Bund angegliedert ist, sondern in Berlin beheimatet.

Voll liberales Outsourcing also, ausgerechnet im Departement des Sozialdemokraten Berset? Um zu erfahren, wie es dazu kam, hat unsereiner rasch zum Hörer gegriffen und in der Landessprache des zuständigen Bundesrats nachgefragt. En français.

(Das Telefongespräch haben wir als Video aufgezeichnet, das Bureau N störte sich daran und wünschte von uns, dieses umgehend zu entfernen – aus diesem Grund fassen wir hier zusammen, was geschah:)

Frau S., sehr freundlich übrigens, versucht uns in gebrochenem Französisch Auskunft zu geben. Sie ringt nach Wörtern und fragt bald, ob es auch auf Deutsch oder Englisch ginge.

Klar doch, Deutsch geht immer. Es hätte uns eben nur erstaunt, dass der Bund eine solche Aufgabe nach Berlin ausgelagert habe – weshalb wir rasch in der Landessprache Französisch nachfragen wollten.

Frau S. erzählt daraufhin von einer Dépendance in Zürich und zählt auf, in welchen Sprachen die Agentur Auskunft geben könne –  von «Schwyzertütsch» über Englisch bis Italienisch.

Und, so unsere Erkenntnis, fast ginge es auch auf Französisch. Fast.

Zehn Minuten später klingelt unser Telefon: Léa Fluck, Bundesamt für Kultur, meldet sich, vermittelt durch Frau S. aus Berlin. Fluck betreut die Kunstförderung beim Bund und spricht viel besser Französisch als unsereiner selber. «Je suis de Fribourg», offenbart sie.

Warum erhalten wir Mails aus Berlin, Madame Fluck? «Weil wir uns entschieden haben, die Vergabe der Preise professioneller über die Bühne zu bringen. Dafür haben wir einen Pitch lanciert», erklärt sie. Einen Wettbewerb.

Zwei Schweizer Agenturen verloren den Pitch

Drei PR-Agenturen – zwei aus der Schweiz, eine aus Berlin – wurden vom Bundesamt für Kultur zu Präsentationen eingeladen, das Bureau N machte das Rennen. Unter anderem, weil es bereits spezialisiert sei auf die Kunstvermittlung. Die Akademie der Künste, zahlreiche Galerien aber auch Schweizer Institutionen wie die Basler Hochschule für Gestaltung und Kunst oder die Freiburger Kunsthalle Fri Art gehören zu den Kunden. «Ihr Netzwerk war für uns interessant, wir konnten zwei Adresskarteien abgleichen. Und hoffen natürlich auch, international mehr Aufmerksamkeit zu erreichen», sagt Fluck. 

Das BAK ist fest in welscher Hand

Nichts gegen den Versuch, die Schweizer Kunstpreise noch bekannter zu machen. Das Französisch-Manko bei der Berliner Agentur überrascht dennoch, gerade wenn man daran denkt, dass das BAK seit Jahren von Welschen geführt wird – unter Pascal Couchepin war es Jean-Frédéric Jauslin, unter Berset ist es Isabelle Chassot.

Allerdings muss man auch relativieren: Die Pressearbeit wird im restlichen Jahr primär im multilingualen Bundesbern erledigt. Wohin uns die Berlinerin ja bei unserem Testanruf auch rasch vermittelt hat.

Wie hält es denn die Bundesangestellte Fluck mit den Landessprachen? «Isch bin leidär nischt bilänggg», sagt sie, aber das so charmant, dass man gerne weiter parliert – und bald merkt, dass sie sehr wohl souverän Deutsch spricht. Fast hätten wir Madame Fluck noch soweit gebracht, dass sie uns die beiden unterlegenen Schweizer Agenturen genannt hätte. Doch das dürfe sie nicht sagen. Nur so viel: «Die waren nicht mehrsprachiger als das Bureau N aus Berlin.»

Alles klar – nur auf eine kleine Spitzfindigkeit möchten wir dann schliesslich doch noch verweisen: Der frankophone Anstrich der Berliner PR-Leute ist sehr kokett. Büro N statt Bureau N wäre vielleicht ehrlicher.

Artikelgeschichte

Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 28.02.14

Das Video wurde auf Wunsch vom «Bureau N» entfernt.

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