Wenn Vater und Sohn freiwillig auf der Strecke bleiben – die Geschichte einer seltsamen Rallye

Wer die sogenannte CATrophy gewinnen will, muss in einer alten Rostlaube Tausende Kilometer überwinden, 230 verrückte Challenges meistern und 46 Konkurrenten hinter sich lassen. Rolf und Thomas Krebser aus Basel muten sich dies bereits zum zweiten Mal zu.

Als Thomas Krebser mit seinem Vater Rolf Anfang April in die Türkei einreisen will, stellt sich ihnen ein Zollbeamter in den Weg. «Go back to Greece immediately», befiehlt er, sie sollten unverzüglich umkehren. Wer mit einem fremden Auto in die Türkei einreisen will, braucht eine beglaubigte Bescheinigung des Besitzers, in diesem Fall diejenige von Rolfs Frau Marita. Doch diese ist nicht mitgereist. Der 62-Jährige und sein 27-jähriger Sohn bleiben an der türkischen Grenze hängen – vorerst.

Die beiden Basler befinden sich zu diesem Zeitpunkt mitten in einem verrückten Rallye-Abenteuer quer durch Europa. Ziel: die sogenannte Crazy Adventure Trophy, kurz CATrophy, gewinnen.

Diese Schmalbudget-Rallye hat 2013 der Zürcher Chris Huber ins Leben gerufen. Seither fahren einmal im Jahr rund 50 Schweizer Teams von zwei bis vier Personen in bunt beklebten Autos um die Wette. «Es ist eine reine Spassveranstaltung», sagt Thomas.

Pausengrill im Verkehrskreisel

Regeln gibt es bei der CATrophy so gut wie keine: Das Auto darf in der Anschaffung nicht mehr als 2000 Franken kosten und es muss mindestens 20 Jahre alt sein. Ansonsten darf man es nach Belieben schmücken, und es gelten «Zehn Goldene Regeln», in denen zum Beispiel steht, man solle sich an fremde Kulturen anpassen und sie respektieren.

Kein Bestandteil des Regelwerks ist hingegen, mit 250 Sachen oder wenigstens in Niki-Lauda-Manier über die Strassen Europas zu brettern. Im Gegenteil: «Wir halten uns möglichst immer an Verkehrsvorschriften», versichert Thomas.

Bei der CATrophy gehe es nicht um Geschwindigkeit, sondern um das Bewältigen von Challenges. In diesem Jahr gebe es davon über 230 Stück, einer verrückter als der andere. So mussten Thomas und sein Vater zum Beispiel mitten in einem Verkehrskreisel einen Grill aufstellen und etwas darauf brutzeln. Oder sie mussten ein gegnerisches Auto in Folie einwickeln. Oder immer wieder einen versteckten Ort finden.

Für jeden gelösten Challenge gibt es Punkte. Und wer am Ende die meisten Punkte hat, darf sich als Sieger krönen lassen. «2016 haben wir das erste Mal mitgemacht und gleich den Gesamtsieg geholt», erzählt Thomas nicht ohne Stolz. Damals habe man jeden einzelnen Challenge angenommen. «Dieses Jahr ist das nicht mehr möglich.» Es gebe schlicht zu viele Aufgaben.

Lustvolle Odyssee

Als Thomas von einem Bekannten erstmals von dieser Rallye erfährt, packt ihn der Ehrgeiz. Er will auch teilnehmen. Seinen Vater Rolf kann er ohne grössere Schwierigkeiten zum Mitmachen animieren: «Mittlerweile ist er sogar angefressener als ich», schmunzelt Thomas, der mit seinem Vorschlag ursprünglich einen Gefallen beim Vater eingelöst hat.

Das Basler Ralley-Duo nennt sich «Die Gallier», in Anlehnung an Asterix und Obelix: «Die Comics haben mich in meiner Kindheit begleitet», erklärt Thomas. Sein Vater habe ihm damals die Hefte gezeigt. «Zudem ist er eher ein bisschen korpulent.» Thomas grinst vielsagend.

Sein Vater Rolf kommt denn auch im Obelix-Outfit an den Start, als es in diesem Frühjahr zum zweiten Mal nach 2016 wieder losgeht mit der CATrophy. Thomas ist als Asterix verkleidet. Ihr alter Renault Espace 2.2 hat inzwischen 25 Jahre auf dem Buckel, und das neue Trophy-Buch liegt im Handschuhfach – bereit, die vielen Challenges auf der Reiseroute in Angriff zu nehmen.

Mit im Gepäck ist zudem ein portabler Fotodrucker – ohne Beweisfotos keine Challenge-Punkte. Der Rest des Autos ist gefüllt mit jeder Menge nützlicher Hilfsmittel für die Reise: Gasgrill, Wassertank, Luxus-Matratze. Allein die Matratze sei teurer als das ganze Auto, meint Thomas. «Auf dieser langen Reise ist guter Schlaf nun mal sehr wertvoll.»

50 Punkte auf sicher

14 Länder besuchen die beiden innerhalb von etwas mehr als zwei Wochen, bevor sie am 22. April ins Ziel einfahren. Es ist in Fällanden, im Kanton Zürich. Zahlreiche Challenges sind abgehakt, und auch die unvorgesehene an der Grenze zur Türkei haben Vater und Sohn Krebser schliesslich erfolgreich meistern können. Dem mürrischen Zöllner genügte, dass Marita von zu Hause aus eine WhatsApp-Nachricht schickte – mit dem expliziten Einverständnis, dass ihr Mann mitsamt Sohn und Rostlaube die Grenze passieren dürfe.

Punkte gibt es für diesen Erfolg zwar keine. Dafür haben «Die Gallier» mit Erscheinen dieses Artikels wertvolle 50 Punkte zusätzlich auf dem Konto. Vielleicht reicht es damit sogar zum Gesamtsieg, wer weiss. So oder so: gern geschehen.

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