Wie Kunst den Monstern zu Leibe rückt

Monster tragen wir alle in uns, kleinere und grössere. Kann Kunst dazu dienen, diese Monster loszuwerden? Im Ausstellungsraum Klingental versuchen acht Positionen, diese Frage zu klären.

Joachim Koesters «Demonology» schickt uns auf die Suche nach Fratzen an einer Wand. (Bild: ©The artist and Galleri Nicolai Wallner, Copenhagen)

Monster tragen wir alle in uns, kleinere und grössere. Kann Kunst dazu dienen, diese Monster loszuwerden? Im Ausstellungsraum Klingental versuchen acht Positionen, diese Frage zu klären.

Eine Woche lang haben wir alle Monster beschworen, sie uns nahe kommen lassen. Nun geht es darum, sie wieder loszuwerden. Der Ausstellungsraum Klingental (ARK) könnte uns auf künstlerischem Weg dabei helfen, wenn wir bereit sind, noch einige Tage zu warten. Am 24. Mai eröffnet dort die Ausstellung «Kill All Monsters». Kein Wunder, dass wir hellhörig wurden.

Auf richtige Monster wird man in der Ausstellung allerdings nicht treffen, stellt Reto Thüring, einer der Kuratoren, schon mal klar. Wer also auf Splatter hofft oder auf eine gehörige Portion Gruseln, der ist im ARK falsch am Platz. Die schlimmsten Monster tragen wir sowieso in uns – abstrakte Ängste, der Einfluss der äusseren Welt.

Der Ausstellungstitel «Kill All Monsters» lehnt sich an den Namen der Detroiter Noise-Rock-Band «Destroy All Monsters» und deren gleichnamiges Underground-Magazin an – weiter als das gehen die Bezüge jedoch nicht. Es gehe in der Ausstellung um Transformation und Befreiung, sagt Thüring. Um Leichtigkeit – darum, wie man diese erlangt.

Kathartische Wirkung

Katharsis ist das Stichwort. Durch alle Medien der Kunst, von Performance bis Zeichnung, wird eine Karte von Gefühlen ausgelegt. Ob Träumereien, ob Spinnereien, alles ist möglich. Die acht künstlerischen Positionen beschäftigen sich mit der Frage, ob Künstler – oder Betrachter – durch Kunst eine Art Reinigung erfahren, ob sie sich durch sie verändern «oder schlicht, ob Kunst eine Erfahrung bietet, die Wirkung hat auf unser Weltverständnis», sagt Thüring.

Wird man also Monster los, indem man sie visualisiert? Was einen beschäftigt, soll man niederschreiben, so eine landläufige Meinung. Dann lösen sie sich in Luft auf. Und eine künstlerische Praxis ist es unbestritten, das, was einen beschäftigt, ins Werk einfliessen zu lassen. Sehen wir deshalb, wenn wir beispielsweise in Joachim Koesters Fotografie «Demonology» nach Fratzen suchen, ins Innere des Künstlers? Nein. Denn die Fotografie stammt aus einer mittelalterlichen Kirche in Norwegen – sie ist nur die Darstellung einer Strategie, Damönen fernzuhalten. Der Künstler dokumentiert das Werk eines anderen Menschen und setzt es uns vor, um zu sehen, was es in uns auslöst.

Jeder wird darin wohl etwas anderes lesen, denn unsere subjektiven Erfahrungen prägen unseren Blick. Jeder von uns trägt andere Monster in sich – die Mechanismen dahinter zu verstehen fällt jedem unterschiedlich schwer.

Niemals einschlafen

Basim Magdy wird im ARK eine Videoarbeit zeigen, die uns «13 Essential Rules for Understanding the World» liefert. «Versuche nie, etwas zu ändern – Du kannst nicht einmal Dich selber ändern» heisst es darin beispielsweise. Oder «Nehme nie an oder gebe nie vor, alles zu verstehen». Bringen Untätigkeit und Unwissenheit uns demnach das Glück und die Leichtigkeit? Beseitigen sie die Monster dieser Welt?

Rational betrachtet: Vielleicht. Auch wenn es zynisch anmutet. Aber nehmen wir uns zum Schluss noch einen Tipp Basim Magdys zu Herzen: «Lass Dich nie einschlafen. Du wirst träumen.» Hoffentlich schön.

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«Kill All Monsters», Ausstellungsraum Klingental. 24. Mai bis 29. Juni. Kuratiert von Séverine Fromageat, Charlotte Matter und Reto Thüring. Werke von Mariechen Danz, Joachim Koester, Tobby Landei, Balthazar Lovay, Basim Magdy, Fabian Marti, Reto Pulfer und Klaudia Schifferle. www.ausstellungsraum.ch

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