TV-Satiriker Jan Böhmermann hat den älteren Spott-Star Stefan Raab verarscht – und ihn mit seinen eigenen Mitteln geschlagen. Eine wunderbare Sache.
Jan Böhmermann ist so etwas wie das Wunderkind der deutschsprachigen TV-Satire. Die neue Moderationshoffnung, klug und frech, voller Ironie und Ideen. Der 33-jährige Bremer ist das, was Late-Night-Talker Harald Schmidt (seit kurzem arbeitslos, übrigens) schon lange nicht mehr war: entlarvend. Und er ist das, was Stefan Raab nur kurz mal war, damals in den 90er-Jahren, in der Sendung Vivasion: jung, frech, überraschend UND hintersinnig.
Raab ist längst von sich selbst eingenommen, vom Erfolg verwöhnt. Gibt sich keine Blösse mehr, vom Teleprompter abzulesen, wirkt zunehmend schlecht vorbereitet auf eine Sendung. Auch, weil er es sich offenbar leisten kann.
Weckruf an die Adresse von Raab
Ausgerechnet dieser Stefan Raab, der sich gerne über andere lustig macht und damit reich geworden ist, hat nun einen Schienbeintritt erhalten, einen Weckruf. Worauf wir sehr lange gewartet haben.
Und das ging so: Vor einer Woche empörte sich Raab in «TV Total» darüber, dass sein Sendungskonzept von den Chinesen kopiert worden sei – ohne die Rechte erworben zu haben, ohne ihn danach zu fragen, hätten die Layout und Spiele kopiert.
Natürlich hat ihn das auch geehrt, keine Frage. Raabs Idee geht um die Welt. Und natürlich macht er daraus noch schlechte Komik, indem er mit Elton die Chinesen ins Lächerliche zieht, indem er sie parodiert. Dass er sie parodiert, das dachte er zumindest.
In Tat und Wahrheit aber hat ihn Jan Böhmermann und dessen Team hinters Licht geführt.
Auf dem Nischensender «ZDF Neo» treibt Böhmermann sein Unwesen, überrascht Studiogäste (etwa den Show-Violinisten David Garrett, der 2013 im Kino Paganini vergeigte). Jetzt hat Böhmermann «TV Total» einen Beitrag untergejubelt, dessen Herkunft und Authentizität Raabs TV-Team offenbar gar nicht erst in Frage stellte. Statt zu recherchieren, sonnte sich Raab im Scheinwerferlicht und erfuhr erst jetzt, durch Böhmermanns Sendung, dass er reingelegt wurde. War alles inszeniert, alles andere als chinesisch. Man wolle den ideenlosen alten Showhasen im deutschen Fernsehen helfen, sagt Böhmermann: «Alle 60 Sekunden vergeht bei TV Total eine Minute – und es ist zu unser aller Wohl, dass wir diese eine Minute ein bisschen erträglicher machen!» Wie böse-lustig ist das denn!
Dass Jan Böhmermann selber vom grossen Publikum, der grossen Bühne träumt, ist bekannt. Indem er sein Team nun als trojanisches Pferd in «TV Total» schickte, ist ihm das schon mal gelungen. Man würde ihm eine Show bei einem grösseren Sender gönnen – allerdings nur, wenn er seine Unabhängigkeit, seine Guerilla-Haltung auf keinen Fall aufgeben würde – und von der Selbstgefälligkeit verschont bliebe, die so manches Talent zu lähmen scheint. Auf jeden Fall: Mehr von diesem subversiven Humor, Jan Böhmermann! Und vielen Dank auch!
PS: Inspiration holte Böhmermann für diese Verarschung übrigens beim US-Talker Conan O’Brien. Dessen Sendung wurde tatsächlich von Chinesen kopiert, wie Sie hier sehen können.