Wie viel Bass erträgt Basel?

Das TagesWoche-Podium zum Thema «Wohin mit der Basler Clubkultur?» entwickelte sich zum Disput zwischen Clubbetreibern und dem Amtschef, der für die Einhaltung der Lärmgrenzwerte zuständig ist.

All about that Bass: Das TagesWoche-Podium drehte sich ums Clubsterben, Dezibelwerte und die Grundlagen der Physik. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Das TagesWoche-Podium zum Thema «Wohin mit der Basler Clubkultur?» entwickelte sich zum Disput zwischen Clubbetreibern und dem Amtschef, der für die Einhaltung der Lärmgrenzwerte zuständig ist.

Anwesend war das junge Ausgehpublikum und viele, wenn nicht alle entscheidenden Protagonisten der Basler Clubszene. Die andere Seite, nämlich die lärmgeplagten oder – je nach Auffassung – lärmempfindlichen Nachbarn waren am TagesWoche-Podium zur Basler Club-Szene nicht zu hören.

Der Andrang war so gross, dass die Verantwortlichen der Kaserne Basel den TagesWoche-Event spontan von der Bar im Rossstall in die grosse Reithalle verlegten, die bis auf den letzten der rund 300 Plätze besetzt war. Auf der Bühne sassen die beiden Club-Veranstalter Stefanie Klär (Kultur & Gastronomie) und Gregory Brunold (Nordstern), der Leiter des Amts für Umwelt und Energie (und damit auch zuständig für den Lärmschutz), Matthias Nabholz, die grüne Grossrätin Mirjam Ballmer (die im Kantonsparlament bereits einen Vorstoss zum Clubsterben eingereicht hat) und der Basler Kulturchef Philippe Bischof.

Nachteulinnen und Nachteulen


Das ganze Podiumsgespräch zum Nachschauen (Video: Jonas Grieder)

TagesWoche-Kulturchef Marc Krebs führte durch den Abend, den er mit der Begrüssung «liebe Nachteulinnen und Nachteulen» eröffnete. «Wohin mit der Basler Clubkultur?» lautet der Titel der Veranstaltung, die vor dem Hintergrund stattfand, dass Institutionen des Basler Nachtlebens wie Hinterhof, Nordstern, Garage und Lady Bar alle bald schliessen werden.

Es war eine Frage, die an diesem Abend nicht wirklich beantwortet werden konnte. Auf dem Podium und im Publikum entspann sich vielmehr eine Debatte um Vorschriften und die kantonalen Behörden schlechthin, die den Clubbetreibern Steine in den Weg legen. Der erste Teil der Diskussion drehte sich denn auch um Lärmvorschriften, Dezibelwerte und die Grundlagen der Physik.

Behörden als Verhinderer?

Der Lärmschutzverantwortliche des Kantons, Matthias Nabholz, hatte auf dem Podium die undankbarste Aufgabe. Er stand als Behördenvertreter in der Kritik und musste sich dagegen wehren, stellvertretend für alle Bewilligungsbehörden des Kantons als «Verhinderer» gebrandmarkt zu werden. «In Basel wurde noch nie ein Club wegen Lärmvorschriften geschlossen», sagte er.

«Aber es werden Eröffnungen von neuen Clubs verhindert», konterte die Grossrätin Mirjam Ballmer. Das bestätigte auch Gregory Brunold vom Nordstern, der sagte, dass er als Betreiber eines bestehenden Clubs von den neuen Bass-Begrenzungen nicht betroffen sei, während neue Clubs sehr wohl damit zu kämpfen hätten. In der anschliessenden Diskussion mit dem Publikum meldeten sich mit den Initianten des neuen Basler Clubs Kaschemme konkret Betroffene zu Wort, die nach eigenen Aussagen sehr unter den neuen Bass-Vorschriften zu leiden haben.

Brunold wies, sekundiert von seiner Veranstalterkollegin Stefanie Klär, mit Nachdruck darauf hin, dass den Behörden das Verständnis für die Charakteristik der elektronischen Musik fehle. «Die elektronische Musik oder DJ-Musik ist die Musik von heute», sagte Brunold. Und die sei nun eben basslastig. Oder mit anderen Wortren: Eine Reduktion der Basswerte komme einem Eingriff in den künstlerischen Ausdruck gleich.

Recht und Entgegenkommen

Nabholz betonte wiederholt, dass er sich beim Vollzug der Lärmvorschriften an die rechtsstaatlichen Grundregeln halten müsse. «Ich bin auch dafür, dass Konzerte stattfinden können, aber ich muss auch im Interesse der Bevölkerung in der Nachbarschaft der Clubs handeln», sagte er. Mirjam Ballmer hielt dem entgegen, dass die Behörden in Basel die Regelungen wesentlich restriktiver auslegten als dies in anderen Kantonen der Fall sei. «Die Behörden hätten die Möglichkeit, das Recht liberaler auszulegen», sagte sie.

Der Basler Kulturbeauftragte Philippe Bischof wies in dieselbe Richtung. Er sieht neben der Verwaltung die Politik und insbesondere die Exekutive in der Pflicht: «In Basel fehlt nach wie vor ein klares Bekenntnis zur Clubkultur», sagte er. Und er verwies auf die Stadt Bern, die mit einem «Konzept Nachtleben» Leitlinien zur Förderung und Regelung der Clubkultur geschaffen habe, die für Basel Vorbild sein könnten.

Dialog zwischen Behörden und Clubbetreibern

Das Podium zeigte auf: Bewilligungsbehörden und Exponenten des Basler Nachtlebens sprechen nicht dieselbe Sprache, was nach wie vor zu Missverständnissen und Verunsicherung führt. Der Abend zeigte aber auch, dass ein Dialog möglich ist – es braucht dazu nur Geduld und den nötigen Raum.

Der Behördenvertreter Matthias Nabholz sah sich zwar einer breiten Front von «Nachteulinnen und Nachteulen» gegenüber, die sich von ihm nicht verstanden fühlten. Er konnte aber gleichzeitig zur Kenntnis nehmen, dass die Clubbesitzer und das Ausgehpublikum bereit sind, das Gespräch zu suchen und sich nicht hinter einer grundsätzlichen Abwehrhaltung verschanzen.

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