Der wilde Auftritt der Basler Bebbi als «Free Willy Riot» an der Fasnacht polarisiert. In einem offenen Brief an das Fasnachts-Comité rechtfertigen sie nun ihre Punk-Inszenierung. Die Clique geht davon aus, dass es dieses Jahr keine Boni für ihre Spitzen-Pfeifer und keine Abgangsentschädigung für ihren CEO geben wird.
Unter dem Sujet «Zämme uff d Barrikade – Free Willy Riot» waren die Basler Bebbi an der diesjährigen Fasnacht als Patriarchen und «Willies und Pussies» unterwegs. Damit zogen sie den Zorn einiger Cliquen und Besucher auf sich. Denn die Bebbi waren mit ihrer Punk-Band so laut, dass andere Cliquen nicht mehr zu hören waren oder Pferde irritiert wurden. Das Fasnachts-Comité wird sich wegen Reklamationen mit dem wilden Auftritt der Bebbi intensiv auseinandersetzen müssen, wie Obmann Christoph Bürgin vor Kurzem gegenüber der TagesWoche sagte.
Die Kritik an ihrem Auftritt wollen die Basler Bebbi nicht einfach so auf sich sitzen lassen. Mit einem offenen Brief wenden sie sich nun an das Comité. So hätten sie gesündigt, weil sie nicht stricken könnten – ein bitterböser Seitenhieb an viele Cliquen (die Strickerei auf der Wettsteinbrücke war das Topsujet an der Fasnacht). «Mit dem offenen Brief möchten wir präventiv Stellung nehmen zu unserer Inszenierung», sagt Andres Rapp, Präsident der Basler Bebbi. Das Comité wird am 22. März entscheiden, ob die Clique mit Sanktionen zu rechnen hat. Der drohenden Subventionskürzung sieht Rapp gelassen entgegen. «Wir machen nicht Fasnacht des Geldes wegen.»
Der offene Brief in voller Länge:
Hochgeachtetes Fasnachts-Comité (und Tribunal)
Liebe Frau Fasnacht
Liebe Fasnächtlerinnen und Fasnächtler
Liebe Cortège-Anwohnerinnen und -Anwohner sowie -Besucherinnen und -BesucherVergebet uns, denn wir haben gesündigt, weil wir nicht stricken können
(und am Mittwoch waren wir keine Spur leiser).
Free Willy Riot sitzt auf der öffentlichen Anklagebank für Rowdytum und Verletzung der Fasnachtsgefühle. Der syldavische Botschafter fordert eine konsequente Sanktionierung und die Anwohner verlangen eine Verschiebung des Cortège 2014 auf den Dreispitz. Man munkelt, das Comité sei ob der revolutionären Gene der Basler Bebbi Basel nicht amüsiert, trotz internationalem Schulterschluss mit den inhaftierten Pussy Riot. Verständlicherweise ist Lärm in einem anderen Heiligtum weit weg weitaus verträglicher, als Lärm im eigenen Heiligtum.
Wir sind in grosser Sorge:
Wir hoffen, alle Chaisen ziehenden Rösser sind nun unseretwegen nicht schon in einer Lasagne gelandet. Wir beten zu GOTT, dass alle Junge Garden nicht taub wie Tauben geworden sind und dass die Guggen uns nun bloss nicht nachahmen. Dass plötzlich getanzt und gelacht wurde, hat uns zutiefst schockiert. Ja, ihr habt recht, das hat alles nichts mit Fasnacht zu tun.
Was heisst das für uns?
Wir rechnen mit harten Einschränkungen, vorerst finanzieller Art (mickrige Subvention und drakonische Bussen). So gibt es dieses Jahr bei uns keine Boni für Spitzen-Pfeifer, kein Abzockerhonorar für den Cliquen Art Director (künftig nur noch Clique Kinschtler), keine Abgangsentschädigung für unseren CEO (trotz Doppelmandat!), kein Mehl in der Suppe und keine Kostüme mehr aus China.
Nun fragen wir uns ernsthaft: Wie weiter mit dem Cortège?
Für uns ist der Cortège eine Plattform, ein Sujet so konsequent wie möglich auszuspielen. Und wenn wir Sujet sagen, dann meinen wir auch Sujet. Es ist unvermeidbar, dass kontroverse Themata und Aktionen anecken. Dieses Anecken geschieht jedoch auf bewusste Art und Weise und dient nicht der Effekthascherei, Provokation oder gar dem Sauglattismus. Es soll auf Missstände aufmerksam machen und zum Denken animieren.
Wir freuen uns sehr, dass unser Sujet zu einer Diskussion über Form und Inhalt an der Fasnacht angeregt hat und dies auch über den eigentlichen Inhalt von »Pussy Riot» hinaus. Uns ist es wichtig, dass die Fasnacht sich weiterentwickelt, bissig bleibt und nicht in Schönheit stirbt.
Wir lassen Frau Fasnacht nicht alleine.
Andres Rapp
Präsident der Basler Bebbi Basel