Wo bleibt das Azorenhoch?

«Wieder viel Regen», «Extremes Wetter wird zur Regel», «Regenwetter dauert an»: Die Wetterschlagzeilen der letzten Wochen waren gar nicht sommerlich. Nun soll der Sommer endlich kommen. Eine Frage bleibt aber: Goht’s no – mit dem Wätter?

Der Sonnenschirm machte in diesem Sommer bisher Pause, verstecken musste man sich bisher ja wahrlich nicht. (Bild: Charles Dharapak)

«Wieder viel Regen», «Extremes Wetter wird zur Regel», «Regenwetter dauert an»: Die Wetterschlagzeilen der letzten Wochen waren gar nicht sommerlich. Nun soll der Sommer endlich kommen. Eine Frage bleibt aber: Goht’s no – mit dem Wätter?

Die gute Nachricht vorweg: Der Sommer kommt, einer der wirklich diesen Namen verdient. Für die nächsten Tage kündigt sich eine Schönwetterperiode an. Nächste Woche können wir gar wieder mit Temperaturen bis fast 30 Grad rechnen, wie die folgenden 14-Tage-Grafiken für Basel und den Passwang zeigen.

 

Verwöhnt hat uns dieser Sommer wahrlich nicht, trotz der guten Aussichten bleibt angesichts dessen die Frage: Warum?

Blicken wir für die Erklärung zunächst auf die Statistik der vergangenen sechs Monate für Basel. Auf einen relativ warmen Januar folgte ein nicht ganz rekordverdächtiger, aber bemerkenswert kalter Februar. März, Mai und Juni waren etwas wärmer als üblich, der April leicht kühler.

Neben einer leichten Erwärmung gegenüber dem langjährigen Mittel fallen die grossen Schwankungen auf (Januar-Februar, Mitte-Ende Mai, Mitte Juni). Die bisherigen Sommermonate Juni und Juli waren hingegen in der Region eigentlich nicht «unsommerlich» – zumindest was die Temperaturen betrifft. Anders sieht es bei den Niederschlägen aus, wie Grafik 2 zeigt.

Drei Komponenten verhindern «richtigen Sommer»

Auf einen durchschnittlichen Januar folgten vergleichsweise trocken der Februar und März. Der April fiel etwas nass aus, der Mai wieder normal. Der Juni war aber deutlich feuchter als normal: Es fielen rund 45 Prozent mehr Regen als im Schnitt. Ausserordentlich ist das jedoch nicht, noch nicht: In den letzten 100 Jahren gab es 21 Jahre mit mehr Niederschlag im Juni.

Dass der bisherige Sommer diese Bezeichnung aus der allgemeinen Sicht nicht verdient, dazu führen drei Komponenten im Juni: 15 Tage Regen, drei verregnete Wochenenden und eine im Umland (Jura, Schwarzwald, Alpen) noch höhere Anzahl an Tagen mit Niederschlag. Es könnte zudem sein, dass wir uns wegen der trockenen Witterung in vergangenen Sommern schon etwas an das südländische Lebensgefühl gewöhnt haben.

Woher die gegenwärtige Wetterlage mit den häufigen Niederschlägen kommt? Vereinfacht gesagt, bestimmt in Mitteleuropa das Azorenhoch, ob und wann es einen sonnigen Sommer gibt.

Schuld ist das Hoch über Island

Im Sommer dehnt sich dieses Hoch meist aus und wird stärker. In Verbindung mit dem Islandtief lenkt es die feuchte Luft vom Atlantik Richtung Norden. Mitteleuropa gerät dann in den Zustrom von wärmerer, trockener Luft, die entweder mit Feuchte befrachtet zu Gewittern führt oder direkt von der Sahara Richtung Nordosten strömt und dann für ausgedehnte Schönwetterlagen sorgt.

Die Dreh-Bewegung dieser Druckgebiete ist durch die Erdumdrehung bestimmt: In der Nord-Hemisphäre drehen sich die Winde immer im Uhrzeigersinn, und um Tiefdruckgebiete dagegen.

Was ist nun 2012 anders? Wie die folgende Grafik zeigt, hält sich seit Monaten über Island ein zunehmendes, starkes Hoch. Die folgende Grafik zeigt den anhaltenden Hochdruck über Island im ersten Halbjahr 2012 im Vergleich mit den Vorjahren. 

 

Das für den Nordatlantik typische Tief wird durch dieses Hochdruckgebiet nach Osten verschoben und hält sich derzeit wechselweise zwischen Schottland und Skandinavien auf. Das fehlende Tief macht den Weg frei für vermehrt polare oder teilweise auch atlantische Meeresluft, die nach Mitteleuropa strömt. Diese bringt uns die häufigen Niederschläge, verbunden mit teils anhaltendem Westwind.

Weit entfernt von Regen-Rekord

Die Ursache für solche Schwankungen sind bis heute nicht eindeutig bekannt: Temperaturen der Meeresoberfläche, die Ausdehnung des Polareises und die Druckverhältnisse über Nordamerika und Sibirien spielen genauso eine Rolle wie die Sonneneinstrahlung und längerfristige Wellen in der Atmosphäre. Eine beruhigende Gewissheit gibt es aber: Ewig halten sich solche Wetterlagen nur ganz selten.

Ein weiterer tröstender Fakt ist: Bis zum Rekord des unsommerlichsten Sommers sind wir dieses Jahr noch weit entfernt. Um den Sommer 2007 zu übertreffen, müssten bis Ende August noch 380 Liter Niederschlag fallen – dreimal soviel wie im Juni. Und nun ist ja erstmal Schönwetter angesagt – zum Glück.

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