17277 Personen sind im vergangenen Jahr innerhalb des Kantons umgezogen. Besonders begehrt ist Riehen, besonders unbeliebt ist das Rosental-Quartier. Eine Bestandesaufnahme.
Trennung, Nachwuchs, Lust auf eine neue Umgebung: Gründe für einen Umzug gibt es viele. Jede neunte Baslerin und jeder neunte Basler ist im vergangenen Jahr innerhalb des Kantons umgezogen, insgesamt 17 277 Personen wechselten 2013 gemäss provisorischen, noch unveröffentlichten Daten des Statistischen Amts Basel-Stadt ihr Domizil. Die Daten sind deshalb besonders interessant, weil bei Umzügen innerhalb des Kantons Steuern und Stellenwechsel als Beweggründe weitestgehend wegfallen. Sie geben also Aufschluss über die Attraktivität von Quartieren und den Wohnungsmarkt.
Am meisten Bewegungen gab es 2013 in den Trendquartieren Gundeli (zugezogen: 1144 Personen; weggezogen: 1249 Personen), Matthäus (1334;1497) und St. Johann (1431;1464). Von dort zogen Ende 2013 mehr Leute in andere Quartiere als aus dem Kanton zuzogen (Gundeli -105, Matthäus -163 und St. Johann -33). Das Minus bedeutet jedoch nicht, dass die Quartiere unbeliebt sind, im Gegenteil. Vielmehr hat es damit zu tun, dass diese Wohnviertel gross sind und dort dementsprechend auch viele Wohnungen vorhanden sind.
«Das Gundeli, Matthäus und St. Johann funktionieren wie eine eigenständige Kleinstadt. Man findet dort alles: moderne Wohnüberbauungen, Jugendstilwohnungen und auch Grünflächen», sagt der Kantons- und Stadtentwickler Thomas Kessler. Der Chefbeamte erklärt die Spielregeln der Umzüge so: «Die Gründerquartiere Klybeck, Matthäus, Gundeli, St. Johann sind meistens die ersten Stationen, wenn man von zu Hause auszieht oder wegen der Arbeit oder des Studiums neu in die Stadt kommt. Sie sind schön und sehr beliebt.» Er bezeichnet sie auch als «Empfangsquartiere».
Sobald jedoch Kinder unterwegs seien, ziehe man nicht selten in die klassischen Familienquartiere Hirzbrunnen, Bruderholz, Bachletten oder nach Riehen. Besonders unbeliebt ist das Rosental. Jede neute Person, die Anfang 2013 dort lebte, zog in ein anderes Quartier – das ist die höchste Quote im Kanton. Von den insgesamt 769 Personen, die ihre Zügelkisten packten, blieben nur 146 im Quartier selber, 623 suchten das Weite.
Für Kessler liegen die Gründe für den grossen Exodus im Rosental auf der Hand: «Die Wohnqualität im Rosental ist weniger gut als in anderen Quartieren, es ist zwar günstig aber nicht attraktiv. Das führt zu einer höheren Fluktuation – die Leute kommen und gehen», sagt er. Internationale Fachkräfte – allen voran aus Indien – seien in diesem Quartier überdurchschnittlich vertreten. «Das Rosental hat viele Kurzaufenthalter und wenige Familien. Es funktioniert nicht als eigenständige Kleinstadt, so erledigen die Menschen ihre Kommissionen nicht in diesem Quartier.» Kessler sagt, dass das Quartier, das hauptsächlich für Arbeiter gebaut worden sei, nicht mehr den heutigen Bedürfnissen entspräche. Pläne, das Rosental neu zu entwickeln, gibt es bereits: «Die in die Wege geleitete Umgestaltung des Badischen Bahnhofs sieht auch eine Öffnung des Rosentals vor. Es soll zugänglicher gemacht werden.»
Negative Umzugssalden innerhalb des Kantons gab es Ende 2013 nicht nur im Rosental (-116), sondern auch im Gotthelf (-52), in den Vorstädten (-50), im Hirzbrunnen (-36), Altstadt Grossbasel (-13) oder im Wettstein (-73). Die Einwohnerzahl im Wettsteinquartier könnte jedoch bald wieder nach oben gehen: Ab Juli sind die 86 gehobenen und ziemlich teuren Wohnungen auf dem ehemaligen Areal des Kinderspitals am Schaffhauserrheinweg bezugsbereit. Geplant sind zudem auf dem ehemaligen Werkhof des Tiefbauamts am Riehenring 3 bis 2016 insgesamt 36 Genossenschaftswohnungen. Dagegen wehren sich momentan jedoch Anwohner.
Sesshaft zeigen sich Personen, die in Riehen wohnen. Wer sich dort einmal niederlässt, bleibt auch dort. 60 Prozent beträgt in Riehen der Anteil umziehender Personen, die im Dorf selber eine neue Bleibe gefunden haben. Bettingen folgt mit 35,1 Prozent an zweiter Stelle, das Gundeli belegt mit 31,9 Prozent den dritten und das Hirzbrunnen den vierten Platz (30,9 Prozent). «Dort wo es familiär ist, gibt es geringe Fluktuationen. Vor allem Riehen funktioniert wie ein geschlossenes System», so Kessler. Riehen verbuchte Ende letztes Jahr denn auch 152 Zuzüger mehr aus dem Kanton. Ein Plus verzeichneten ebenfalls das St. Alban (+124), Bruderholz (+61), Bachletten (+105), Am Ring (+82) oder das Iselin (+76).
Zu den rund 17 300 Personen, die letztes Jahr innerhalb des Kantons umzogen, kommen noch etwa 12 000 bis 13 000 Menschen hinzu, die neu in Basel-Stadt landeten. Gemäss der Wanderungsanalyse 2013 des Statistischen Amtes sind die wichtigen Wohnviertel für Zugewanderte das Gundeli, St. Johann und Matthäus.
Vergleichsweise häufig wählen Schweizer Familien neben Riehen auch die Viertel St. Alban, Bachletten und Hirzbrunnen als neuen Wohnort. Bei den zugezogenen Senioren mit Schweizer Pass ist das St. Alban-Quartier am beliebtesten. Weniger anfangen können sie hingegen mit dem Gundeli, St. Johann oder Matthäus. Bei den Zugezogenen aus dem Ausland begehrt ist wiederum das Ring-, das St. Johanns- sowie das Matthäusviertel.
«Die Statistiken zeigen, dass der Wohnungsmarkt in Basel relativ gut funktioniert, die meisten finden eine Wohnung», sagt Kessler. «Unsere Kleinräumigkeit erlaubt eine höhere Flexibilität als in anderen Städten. Wir haben zum Beispiel überdurchschnittlich viele kleine Wohnungen für Studenten.» Dennoch ist für Kessler unbestritten, dass Basel zwingend mehr Wohnungen braucht, zumal die Bevölkerungszahl seit Jahren steigt.
Erkunden Sie die Daten selber
Die folgende Grafik zeigt alle Umzüge im Jahr 2013 innerhalb des Kantons. Fahren Sie mit der Maus über ein Quartier, um zu sehen, wohin Bewohner dieses Quartiers 2013 weggezogen sind. Wenn Sie über einen Verbindungsstrang fahren, sehen sie die genaue Anzahl Personen, die zwischen den zwei Quartieren umgezogen sind. Wenn Sie die Daten selber auswerten wollen, können Sie dafür unseren aufbereiteten Datensatz verwenden.
Quellen
Inspiration: Umzüge in der Stadt Zürich von Thomas Husmann