Wochenendlich am Geheimsee

Hinter vorgehaltener Hand wurde uns in Berlin von einem wunderbaren See in der Uckermark erzählt. Wir haben ihn gefunden.

Waldsee, Weisswein und Picknick: Besser gehts nicht. (Bild: Naomi Gregoris)

Nach vier Tagen Neukölln – viel zu viel Sterni vom Späti, Abenteuerboule auf dem Tempelhof und einer kniffligen Partie «Bahnengolf» – stand uns der Sinn nach ein paar geruhsamen Stunden in der Natur. Berlin ist die Stadt der Geheimtipps, entsprechend gut gerüstet machten wir uns auf den Weg in die Uckermark, einem knapp 100 Kilometer nördlich gelegenen Gebiet.

Man hat uns von einem lauschigen Seelein erzählt, menschenverlassen und romantisch im dichten Wald gelegen. «Aber bitte nicht weitersagen!» Der Geheimtipp war ein Geheimsee.

In der Uckermark gibt es unzählige Seen, alleine der Naturpark Uckermärkische Seen wartet mit über 220 Gewässern auf. Auf unserem Notizblock stand zwar ein Name, doch heissen gleich mehrere Seen so. Wir wussten über das geheime Gewässer ausserdem lediglich, dass es sich in der Nähe von Templin befindet. Eine Stadt, die sich neben ihrer inoffiziellen Bezeichnung als «Perle der Uckermark» hauptsächlich dadurch auszeichnet, dass Angela Merkel dort aufwuchs und Standort einer beachtlichen Kaffeekannensammlung ist.

Ein Wald, ein See, ein Steg

Auf Google Maps können wir im grünen Dickicht zumindest einen See ausmachen, auf den die Beschreibung unserer Tippgeber passt. Klein, nicht mit dem Auto zugänglich. Ein Wald, ein See, ein Steg.

Wenn der Wald schon so hübsch anzuschauen ist, wie schön ist dann erst der See?

Als wir uns in ungefährer Nähe wähnen, stellen wir das Auto neben dem Waldsträsschen ab, packen den Picknickkorb ein, das Zelt und das frisch am Flohmarkt erstandene Scrabble («zwei Buchstaben fehlen») und stapfen durch den Wald. Die Bäume stehen dicht an dicht, der Boden ist mit Moos bewachsen. Auf jeden Baum kommen hier 1000 Mücken, zum Glück haben wir uns in der Drogerie noch mit Antibrumm eingedeckt.

Irgendwann hört der Weg auf, doch hinter einer zugewucherten Baumgruppe machen wir eine Lichtung aus. Mit vom Unterholz zerkratzten Beinen stehen wir bald vor einem See, der im frühabendlichen Licht genau so aussieht, wie wir ihn uns erträumt haben. Keine Menschenseele, glasklares Wasser und ein Holzsteg, dessen graue Bohlen einsam auf die Fläche hinausragen. Das einzige Geräusch kommt von ein paar Wasservögeln, die sich im Schilf zanken.

Nach einem ersten Schwumm richten wir uns auf dem Steg wohnlich ein. Pumpernickel, Salami, Gurken, Käse, Oliven und Weisswein, exquisiter könnte die Mahlzeit gar nicht ausfallen. Während sich im Hintergrund zwei Jungen im roten Kunststoffkahn von ihrem Vater gemächlich über das Wasser rudern lassen und nach Fischen fahnden, wenden wir uns dem Scrabble zu.

Der Geheimsee in der Uckermark kurz vor Sonnenuntergang.

Bevor sich die Sonne ganz verabschiedet, müssen wir unser Zelt aufstellen. Auf einem kleinen Platz unter den Bäumen finden Iglu, Matten und Schlafsäcke Platz.

Was wir bereits ahnten, bestätigt sich am frühen Morgen. Eine Spaziergängerin mit Hund weckt uns auf, um uns vor den Wildhütern zu warnen. «Die patroullieren hier. Wenn die euch beim Zelten im Naturschutzgebiet erwischen, wirds teuer.»

Achtung, Draisine! Ein eher ungewohntes Warnschild.

Eine halbe Stunde später haben wir das Zelt abgebaut und zusammen mit unseren Rucksäcken im Auto verstaut. Wir legen uns im Licht der aufgehenden Sonne wieder auf den Steg, als wären wir eben angekommen. Trotz früher Stunde sind wir hellwach, Adrenalin wirkt besser als Kaffee.

Als diese Wirkung jedoch nachlässt, verabschieden wir uns nun definitiv vom See, der nun auch unser Geheimnis ist: «Du warst gut zu uns, doch der Picknickkorb ist leer.»

In der Nähe liegt die «Draisinen-Oase», ein Imbiss für Bähnlertypen, Motorradfahrer und Rentner. Der grummlige Dicke mit Schnurrbart hinter dem Tresen nimmt unsere Bestellung entgegen. Geräucherten Fisch, Gulaschsuppe, Bratkartoffeln, Aal in Aspik.

Beim Hinausgehen kaufen wir noch eine Postkarte. «Danke für den Tipp. Es war lovely.»

  • Eintauchen: In der Uckermark gibt es so viele Seen, dass wirklich jeder auf seine Kosten kommt.
  • Einkehren: «Draisinen-Oase». Einfache Küche, charmant-ruppige Gastgeber, hausgeräucherter Fisch.
  • Übernachten: Zelten am See ist wahnsinnig romantisch, aber verboten. Als legale Variante stehen in und um Templin verschiedene Campingplätze, Gasthäuser und Pensionen zur Verfügung.
  • Unternehmen: Die Natur hat in der Uckermark neben Seen auch Wälder zu bieten, die man am besten zu Fuss oder mit dem Velo erkundet. Da und dort finden sich auch interessante, kleine Sehenswürdigkeiten. Etwa das abgelegene «Kirchlein im Grünen», eine schlichte Holz-Kapelle, umgeben von sechshundertjährigen Linden.

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