Der Bahnhof ist den Bahnhöfen anderer italienischer Städte zum Verwechseln ähnlich. Die Altstadt mit ihren zum Teil verwinkelten Strassen und Gässchen ist hübsch, aber nicht einzigartig. Spektakulär wird es in Ravenna erst in den Gebäuden, denen die Stadt das Label Unesco-Weltkulturerbe verdankt.
Das bekannteste dieser Monumente ist die Basilica di San Vitale aus dem 6. Jahrhundert. Ihr zentraler Kuppelbau hat einen achteckigen Grundriss, Wände und Boden sind überreich geschmückt. Die Mosaiken, von denen dem Betrachter viel Gold entgegenleuchtet, wurden nicht nur zum Lob und Preise Gottes geschaffen. Ebenso sehr dienten sie der Legitimierung irdischer Macht, wie die Darstellungen von Kaiser Justinian (482–565), seiner Gemahlin Theodora (500–548) sowie mehrerer Würdenträger deutlich machen.
Die Bilderflut, die einem von den Wänden und der Decke entgegenströmt, ist überwältigend, und selbst die schlichteren Bodenmosaiken lassen den Betrachter kaum mehr los.
Kurzer Blick in den Himmel
Von der Basilica di San Vitale sind es nur wenige Schritte zum Mausoleum der Galla Placidia aus der Mitte des 5. Jahrhunderts. In seinen blauen Sternenhimmel sowie seine üppige Tier- und Pflanzenwelt könnte man sich stundenlang vertiefen – leider ist die Besuchszeit des kleinen Gebäudes auf 15 Minuten beschränkt.
Wer sich noch mehr christliche Mosaiken anschauen will, hat in Ravenna dazu in weiteren Sakralbauten Gelegenheit, etwa in der Basilica di Sant’ Apollinare Nuovo. Nur schon die drei Weisen aus dem Morgenland mit ihren knallbunten orientalischen Hosen und ihren phrygischen Mützen sind ein Besuch wert.
Abstieg in die Unterwelt
In eine andere Welt gelangt man bei der Kirche Santa Eufemia, bei der sich die Pforte zur Domus dei Tappeti di Pietra, dem Haus der steinernen Teppiche, befindet. Bei Bauarbeiten für eine unterirdische Garage stiess man hier vor ein paar Jahren in drei Metern Tiefe auf die Reste eines Stadthauses aus dem 5. oder 6. Jahrhundert nach Christus.
Der Mosaikfussboden, den man dabei entdeckte, war derart bedeutend, dass man ihn gleich vor Ort konservierte und anstelle des Parkhauses ein unterirdisches Museum entstand. Besonders eindrücklich und nicht schon x-mal gesehen: ein Mosaik, das den Tanz der vier Jahreszeiten zur Musik eines Flötenspielers zeigt.
Grosses Tellerkino
Doch genug der Bilder. Der Magen will schliesslich auch zu seinem Recht kommen. Das dachten wohl auch die Besitzer eines Kinos an der Via Ponte Marino 19 und schufen Platz für eine Osteria und eine Pizzeria.
Das Lokal kann nicht verbergen, dass es einst ein Kino beherbergte. Dort, wo früher der Haupteingang zum Kino war und Eintrittskarten und Schleckzeug verkauft wurden, gibt es eine kleine Bar mit Restaurationsbetrieb. Im grossen Kinosaal, auf dessen Bühne ab und zu Konzerte stattfinden, reiht sich in der Osteria Passatelli Tisch an Tisch.
Ob die Filme, die hier über die Leinwand flimmerten, etwas taugten, ist nicht bekannt. Fest steht dagegen: Das Essen, das hier auf die Teller kommt, verdient das Prädikat «besonders schmackhaft».
Anbeissen: In der Pizzeria Diabolik (Via Ponte Marino 19; nur abends geöffnet) gibt es zur Pizza einen Einblick in die Bilderwelt des raffinierten Fumetti-Superkriminellen Diabolik und seiner Geliebten Eva Kant, die seit 1962 einen Coup nach dem andern landen.
Ausgehen: Der Sandstrand bei Ravenna di Marina (mit dem Autobus der Linea 75 in einer halben Stunde erreichbar) lädt zu ausgedehnten Spaziergängen ein. Im Spätherbst und Winter dürfte es dort – im Gegensatz zum Sommer – allerdings ziemlich einsam sein.
Aufschlagen: Der Florentiner Dichter Dante Alighieri lebte die letzten Jahre vor seinem Tod 1321 in Ravenna im Exil. Ein kleiner Erinnerungstempel an der Via Dante Alighieri 9 erinnert an den Verfasser der «Göttlichen Komödie» – ein Buch für unerschrockene Leserinnen und Leser.