Wir lassen uns nicht nur von blumigen Namen, sondern auch von nüchternen Zahlen zum Kauf beeinflussen. Bären profitieren davon aber wenig.
Zahlen sind die seriösen Partner der Worte, sie wirken vertrauenerweckend, sind ernst zu nehmen, hieb- und stichfest. Ein jedes Argument lässt sich mit einer Zahl untermauern, auch wenn diese Mauer dann eher auf tönernen Füssen steht. (85 Prozent der Schweizer wünschen sich zum Beispiel laut einer Umfrage des WWF, dass noch viel mehr Bären in die Schweiz einwandern würden. Wenn die Bären dann aber wirklich kämen und in der gleichen Strasse wohnen würden, dann ginge das Geschrei los, das ist abzusehen.)
Vom Wissen über die Anziehungskraft von Zahlen profitiert Chanel; bereits das erste Parfum trug eine Nummer, die 5, und bis heute ist es höchst erfolgreich. Eine komplizierte Marketingstrategie lag der Entscheidung für diesen unkonventionellen Namen nicht zugrunde, sondern ein gutes Gespür: Coco Chanel, gläubige Numerologin, erkor im Jahr 1920 die Duftprobe mit der Nummer 5 aus zwei Serien zum ersten unter ihrem Namen verkauften Duft. (Übrigens verlassen sich 55 Prozent der Männer und 71 Prozent der Frauen laut einer Umfrage des Forschungsinstitutes Konso auf ihr Bauchgefühl.)
Der Duft war und ist ein Erfolg, und wohl nicht nur wegen des überzeugenden, wenn auch für heutige Nasen etwas madamigen Duftes, der Name spielt sicher auch eine Rolle: Ich bin nicht die Nummer 1, ich bin einer unter vielen, aber ich bin gut. So gut, dass niemand mir einen blumigen Fantasienamen geben musste, nein, ich trage eine Nummer. Und du trägst mich, und sonst nichts, basta.
Glücklicherweise gilt für den Umsatz anderer Marken: 51 Prozent der Schweizer Frauen besitzen laut Link nicht nur eines, sondern bis zu fünf Parfums. (Ein kürzlich in die Schweiz eingewanderter Bär trägt ja auch eine Nummer als Namen, M13, und auch er erfreut sich einer wachsenden Beliebtheit, er hat schon 336 Freunde auf Facebook.)
Auch eine gute Nummer von Chanel: «N°19 Poudré», Eau de Parfum mit Iris und weichem Moschus, ab 130 Franken, erhältlich bei Hyazinth, Douglas, Marionnaud, Globus und Manor.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 04.05.12