Zischtigskrimi, swiss made

Neu ist am Zischtigskrimi, dass das Schweizer Fernsehen eine Eigenproduktion wagt. Damit hat sichs dann mit dem Mut auch schon: «Der Bestatter» ist an Biederkeit kaum zu übertreffen. Gestern Abend war Premiere.

Der Bestatter, gespielt von Mike Müller. (Bild: Copyright: SRF/Marion Nitsch)

Neu ist am Zischtigskrimi, dass das Schweizer Fernsehen eine Eigenproduktion wagt. Damit hat sichs dann mit dem Mut auch schon: «Der Bestatter» ist an Biederkeit kaum zu übertreffen.

Der Zischtigskrimi ist hierzulande für viele seit vielen Jahren unumstösslich in der Agenda der wöchentlichen Rituale festgeschrieben. Die meisten wissen gar nicht, wie das angefangen hat. Es muss irgendwas mit den Eltern zu tun haben, die Woche für Woche vor dem Fernseher gesessen haben, um Derrick und den Alten bei der Suche nach dem Mörder zu unterstützen, später kamen dann Matula und seine Anwälte dazu, der Ermittler, der Kriminalist und ein paar andere, die sich wieder verflüchtigten.

Auf den Krimi am Dienstag-Abend verlassen sich jedenfalls seit Generationen unzählige Fernsehzuschauer in der Schweiz. Und sie sind in der Regel gnädig in ihrem Urteil über das Gebotene – sie erwarten für diese knappe Stunde vor dem Kassensturz auch kein filmisches Meisterwerk, nur ein bisschen Spannung und Unterhaltung, um aus dem Alltagstrott auszuklinken. Selbst den eher langweiligen Staatsanwalt mit seiner nervigen und miserabel gekleideten Polizistinnen-Schwiegertochter nahmen sie hin. Im Wissen, dass die Staffel nach ein paar Folgen wieder durch eine der anderen Serien abgelöst wird. Aber nun, nach der ersten Folge des Bestatters, wünscht man sich möglichst bald diesen Staatsanwalt auf den Bildschirm zurück.

Penetrante Dialekt-Pflege

Skepsis durfte schon im Vorfeld aufkommen, als bekannt wurde, dass Mike Müller nun auch noch die Hauptfigur in einem Krimi abgeben soll. Als ob man Müller nicht schon genügend im Schweizer Fernsehen zu sehen bekäme. Der kann zwar nichts dafür, denn die immer gleichen Gesichter für alle möglichen und unmöglichen Sendungen einzusetzen, scheint im Schweizer Fernsehen Programm zu sein. Es hätte deshalb nicht wahnsinnig überrascht, wenn auch Sven Epiney ein Röllelchen im neuen Krimi erhalten hätte.

Immerhin, das blieb uns erspart. Aber sonst: Das Vorurteil, das schweizerische Filmschaffen sei behäbig und bieder, hätte besser nicht bestätigt werden können. Man darf sich allein schon fragen, weshalb in Zeiten, in denen jeder Kindergärtner Hochdeutsch sprechen muss, im Schweizer Fernsehen so stur auf Dialekt geschaltet wird. Zumal dann mit den diversen Schauspielern auch noch verschiedene Dialekte zusammenkommen und damit der wohl beabsichtigte Lokalkolorit ohnehin zum Teufel ist.

Ein Klischee jagt das nächste

Aber wenden wir uns der Handlung zu: Der Bestattungsunternehmer Luc Conrad (Mike Müller) ist ein ehemaliger Polizist, der offenbar unfreiwillig sein Beamtendasein aufgegeben hat, das Ermitteln aber nicht lassen kann. Und selbstverständlich hat er einen Wahnsinns-Riecher, was AGTs (Aussergewöhnliche Todesfälle) betrifft. So merkt er sofort, dass die Tote, die er abholen soll, nicht einfach an einem Asthma-Anfall gestorben ist. Wieso er das merkt, weiss ich jetzt auch nicht mehr so genau.

Jedenfalls hat Conrad Lunte gerochen und nervt nun – welche Überraschung – seine ehemaligen Kollegen bei der Polizei, am meisten die amtierende Chefin. (Die hat sich übrigens ziemlich gut den super-sexy Gang der super-sexy Tatort-Komissarin Conny Mey aus Frankfurt angeeignet.) «Du hast genau 30 (oder sagte sie 60?) Sekunden Zeit, zu verschwinden», zischt sie Conrad gehässig an, als dieser im Dezernat auftaucht. Lustigerweise, aber doch etwas irritierend, sucht sie ihn am Abend zu Hause auf und trinkt ein Glas Wein mit ihm. Uuuh, wie das knistert zwischen den beiden, es ist schier nicht auszuhalten.

Doch zurück zum Mord an der jungen Frau, der noch aufzuklären ist. Als Täter kommen einige in Frage: ein geldgieriger Hühnerzüchter, eine militante Tierschützerin, die dominante Schwiegermutter, der Ehemann, der ein totaler Schlappschwanz ist, oder der Liebhaber, natürlich ein glutäugiger Ausländer. Wer jeden Dienstag Krimis schaut, weiss sofort, dass nur die Schwiegermutter für die Tat infrage kommt. Alles ist vorhersehbar, jedes Klischee wird bedient.

Ein perfektes Happy-End

Es gibt jedoch noch ein paar Nebenstränge, mit denen die 50 Minuten abgefüllt werden. Mit der Sekretärin im Bestattungsunternehmen, die schon unter Conrad senior gedient hat und deshalb immer so furchtbar entsetzt ist über den unkonventionellen Junior. Ja ja, der ist wirklich unkonventionell, stellt er doch einen Gothic-Jüngling als Assistenten ein, obwohl er ihn überhaupt nicht kennt.

Kurz: Die Mörderin wird entlarvt, und zwar hammermässig mitten in der Trauerfeier inmitten der ganzen Schar von Trauergästen. Und damit das Happy-End perfekt ist, geigt ihr der Schlappschwanz-Sohn, der all die Jahre nicht aufgemuckt hat, vor allen Leuten inmitten der Feierlichkeiten auch noch die Meinung.

Ich weiss nicht, wie es Ihnen gegangen ist, ich für meinen Teil werde wohl die nächsten Dienstag-Abende neu planen müssen.

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