Zu viel Lärm im Schulhausprovisorium

Die drei provisorischen Schulhäuser auf dem Erlenmatt-Areal stehen wenige Meter neben der Autobahn A2. Der Lärm in einem der Gebäude wird den Grenzwert überschreiten – trotz Schutzmassnahmen. Das zuständige Amt für Umwelt und Energie lässt das durchgehen.

(Bild: Patrik Tschudin)

Die drei provisorischen Schulhäuser auf dem Erlenmatt-Areal stehen wenige Meter neben der Autobahn A2. Der Lärm in einem der Gebäude wird den Grenzwert überschreiten – trotz Schutzmassnahmen. Das zuständige Amt für Umwelt und Energie lässt das durchgehen.

Mindestens das kommende Schuljahr verbringen über 300 Kinder des Bläsischulhauses in einem Provisorium auf dem Erlenmatt-Areal. Ihre «alte Heimat» wird in der Zwischenzeit saniert und fit gemacht für Harmos. Am neuen Ort werden sich die Schüler nicht nur an eine neue Umgebung gewöhnen müssen, sondern auch an mehr Lärm. Mehr als gestattet.

Die drei in Elementbauweise erstellten Provisorien stehen, L-förmig angeordnet, am Ostrand der Erlenmatt. Der «kurze Balken» des L liegt dabei parallel zur Autobahn. Die Lärmbelastung an dessen Aussenfassade nennt das Gutachten der «Gruner AG» im Baubegehren des Hochbauamtes vom 6. Dezember 2012 «erheblich bis sehr stark». Der für das Areal an der Stelle geltende Lärmgrenzwert im Freien liegt laut Gruner bei 65 Dezibel. Lärmmessungen zeigen, dass tatsächlich 75 Dezibel erreicht werden. Der Unterschied von 10 Dezibel bedeutet, dass es an der Stelle für das menschliche Ohr doppelt so laut ist wie eigentlich zulässig.

Und so hört sich der Lärm direkt an der Autobahn an:

 An der Stelle der Schulhausfassade erreicht der Lärm 75 Dezibel:

Um den Lärm von der Autobahn (die 75 Dezibel) aus den Schulzimmern fernzuhalten, braucht es umfassende Schalldämpfungsmassnahmen. Und die kosten Geld. In Absprache mit dem Hochbauamt schlagen die Gruner-Ingenieure in der Baueingabe für das Schulhaus vor, das Hochbauamt solle «aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und des öffentlichen Interesses» einen so genannten «Erleichterungsantrag» stellen. Den kennt die Lärmschutzverordnung tatsächlich.

Der Unterschied von 10 Dezibel bedeutet, dass es doppelt so laut ist wie zulässig.

Die mögliche «Erleichterung» erlaubt es, die gesetzlichen Lärmgrenzwerte nicht einhalten zu müssen. Das Hochbauamt stellte den von Gruner empfohlenen «Erleichterungsantrag» am 7. Dezember 2012. Am 23. Januar 2013 stimmte ihm das dafür zuständige Amt für Umwelt und Energie (AUE) zu. Die Folge: In jenen Räumen im Schulhausprovisorium, die am nächsten zur Autobahn liegen, müssen die gesetzlichen Lärmvorschriften nicht eingehalten werden.

Der positive Entscheid des AUE begründet die gewährte Erleichterung damit, der «technische und finanzielle Aufwand für eine wirkungsvolle Abschirmung» sei «angesichts der beschränkten Nutzungsdauer nicht verhältnismässig». Die «betroffene Fläche» sei zudem als «kleiner Teil der Fläche des gesamten Projektes zu bezeichnen».

Eine wirkungsvolle Abschirmung sei «nicht verhältnismässig», sagt das AUE.

Das Hochbauamt teilte am 15. Mai dem AUE mit, was es in den zu lauten, der Autobahn zugewandten Räumen vorsieht. Es werden die, in den Worten des Hochbauamtes, «möglichst lärmunempfindlichen Nutzungen» sein. Konkret nennt der Brief: «Abwart, Werken, Lehrkraftbereich, Tagesstrukturen». Die Kinder beim Werken und während der Zeit, die sie in den Tagesstrukturen verbringen (Frühhort, Mittagessen, Ruhezeit, Hausaufgaben- und Nachmittagsbetreuung), die Lehrpersonen im Lehrerzimmer und der Abwart müssen somit tolerieren, dass sie andauernd zu viel Lärm ausgesetzt sein werden.

Ufzgi im Lärm

Die Baueingabe für das Schulhausprovisorium nennt den Betrag von 5,4 Millionen Franken als «Kosten des Vorhabens». Wie viel der Kanton einspart durch die dem Hochbauamt gewährte «Erleichterung», ist dem Gruner-Gutachten nicht zu entnehmen. Die – geschätzten – einigen zehntausend Franken wollte das Hochbauamt aber offenbar nicht ausgeben, um «Abwart, Werken, Lehrkraftbereich, Tagesstrukturen» während der mindestens neun Monate, die sie in den Räumen verbringen müssen, eine Lärmbelastung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zu ermöglichen.

Artikelgeschichte

Den positiven Entscheid des AUE über den Erleichterungsantrag des Hochbauamtes und den Antwortbrief des letzteren an das AUE konnte die TagesWoche einsehen unter Berufung auf das in Basel-Stadt seit dem 1. Januar 2012 geltenden Öffentlichkeitsprinzip, geregelt im «Informations- und Datenschutzgesetz».

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