Zwei sind sich nicht grün

Emanuel Trueb, Leiter der Stadtgärtnerei, und WWF-Basel-Chef Jost Müller liegen sich immer wieder in den Haaren. Dabei kämpfen beide um den Schutz der Natur.

Zoff zwischen Stadtgärtner und WWF-Chef: Wer ist der bessere Umweltschützer? (Bild: Nils Fisch)

Emanuel Trueb, Leiter der Stadtgärtnerei, und WWF-Basel-Chef Jost Müller liegen sich immer wieder in den Haaren. Dabei kämpfen beide um den Schutz der Natur.

An der grünen Böschung zur Pfalz leben keine Pandabären, es streift kein seltener sibirischer Tiger durchs Unterholz, auch gefährdete Lederschildkröten nutzen das Rheinufer bislang nicht zur Eiablage. Dafür finden sich dort schützenswerte Vertreter der Gattung Endocarpon pusillum, eine Flechtenart mit dem Erscheinungsbild von eingetrocknetem Auswurf.

Lokaler Naturschutz ist nicht besonders attraktiv. Aber die Summe der kleinen errungenen Siege macht es aus, glaubt Jost Müller, Geschäftsführer der Basler WWF-Zweigstelle. Also kämpft Müller um die Flechten auf der Pfalz oder um die Blauflüglige Ödlandschrecke auf der Erlenmatt. Eben hat er einen dieser kleinen Siege eingefahren, als das Basler Stimmvolk den Steg am Grossbasler Rheinufer an der Urne verworfen hat. 

Doch oft vermögen nicht mal jene das Engagement des WWF nachzuvollziehen, die es von Berufs wegen eigentlich müssten. Müllers Gegner sitzen nämlich nicht nur in den Planungsabteilungen der Behörden und der Immobilienwirtschaft, die in jeder freien Fläche im Kanton wirtschaftliches Potenzial und die Natur eher als Störfaktor sehen. Sein erbittertster Widersacher ist ausgerechnet ein Naturschützer. 

Und dieser Mann ist nicht gut zu sprechen auf Müller. Emanuel Trueb leitet die Stadtgärtnerei, wo der kantonale Natur- und Landschaftsschutz angesiedelt ist. Seit Jahren liefert er sich mit seiner Behörde immer wiederkehrende Scharmützel mit dem WWF.

Konstruktiver Dialog ist selten

Auch bei der Pfalz sind sie sich nicht einig geworden. Der WWF verlangte, eine Aufnahme des Münsterhangs in das Register der Basler Schutzzonen, es handle sich «um eine Landschaftspartie von nationaler, ja internationaler Bedeutung». Trueb hat den Hang untersucht, sein Befund stützt die Forderung nicht.

«Ich habe hin und wieder Zweifel, ob der WWF seine Forderungen fachlich einwandfrei begründen kann», sagt Trueb. Es sei enttäuschend, dass selten ein konstruktiver Dialog zustande komme. Schliesslich würden beide Institutionen dieselben Ziele verfolgen, den Naturschutz im Stadtkanton. «Für die Sache der Natur in der Stadt ist das im Grunde schlecht», resümiert Trueb.

Als Beispiel dient ihm die Pfalz und der nun abgeschmetterte Rheinuferweg. «Ja, dort gibt es einzelne schützenswerte Objekte, aber das rechtfertigt noch nicht, den ganzen Uferabschnitt für unbetretbar zu erklären.» Selbst bei einem Ja an der Urne hätte die Stadtgärtnerei abgeklärt, ob es Auflagen braucht, um Flechten und andere Lebewesen zu schützen. Deutlich besser laufe die Zusammenarbeit mit anderen Naturschutzorganisation in Basel, sagt Trueb: «Mit Pro Natura und Ökostadt Basel pflegen wir einen sehr guten fachlichen Austausch.»

Kritik und Vorwürfe

Der Angefeindete ist über Truebs Kritik irritiert. «Wenn Herr Trueb das sagen will, ist es ihm natürlich freigestellt. Ich würde solches nicht öffentlich über ihn sagen. Offenbar beurteilt aber das Stimmvolk die Bedeutung des Rheinhanges anders als die Stadtgärtnerei.» Der Rheinuferweg sei kein WWF-Kernthema gewesen. Man habe hier Pro Natura, die sich auch finanziell engagiert habe, Rückendeckung gegeben.

Müller vermutet taktische Motive hinter Truebs Kritik. Es wird versucht, «inhaltliche Fragen auf Personen zu reduzieren». «Klar, wir klopfen Herrn Trueb nicht dauernd auf die Schultern, wollen keine Aufträge und unterbrechen auch mal den Monolog. Wir versuchen, etwas für die Natur zu erreichen. Leider stossen wir oft auf eine argumentative und inhaltliche Resistenz, darin liegt das Problem.» Zu versuchen, Pro Natura gegen WWF auszuspielen, greife nicht: Die Arbeit der Organisationen würden sich bestens ergänzen.

Seit vielen Jahren begleite der WWF die Arbeit der Stadtgärtnerei kritisch, das stosse auf Widerstand, glaubt Müller, der auch Mitglied bei den Grünen ist. Sei es bei Baumfällaktionen der Stadtgärtnerei, sei es bei der Festlegung von Naturschutzzonen. «Seit über 30 Jahren besteht der gesetzliche Auftrag, Naturschutzzonen festzulegen. Bis heute gibt es keine», sagt Müller.

Suboptimale Voraussetzungen

Ein Grund dafür liege in der unterdotierten Naturschutzfachstelle, die ein Schattendasein friste. Die wichtige und vom Gesetz her eigentlich mächtige und unabhängige Naturschutzkommission sei bedeutungslos geworden und habe zwei Jahre gar nicht mehr getagt. Man wollte sie gar mit der ebenso harmlosen Baumschutzkommission zusammenlegen. «Wir haben erreicht, das heute beide Kommissionen ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen.» Dafür musste Trueb als Präsident der Baumschutzkommission zurücktreten, da diese Funktion verwaltungsunabhängig besetzt sein muss.

Die Amtsorganisation scheint tatsächlich konfliktträchtig zu sein. In anderen Kantonen ist der Naturschutz eine eigenständige Dienststelle. In Basel aber ist er etwa mit der Parkplanung unter einem Dach zu Hause. «Da prallen verschiedene Interessen aufeinander», sagt Müller. Viel zu oft habe der Naturschutz das Nachsehen.

Neue Konflikte zeichnen sich ab

Dass er ein anderes, aus seiner Sicht ein zeitgemässes Bild von Naturschutz hat, streitet Trueb nicht ab. Er hält die Positionen der Geschäftsleitung des WWF beider Basel für überholt. «Im Umgang mit dem städtischen Grün, für die Entwicklung und Erneuerung aller Lebensräume braucht man eine dynamische Vorstellung.» Moderner Naturschutz bedeute nicht zwingend, den Ist-Zustand zu konservieren, sondern Veränderungen zu ermöglichen. «Das Gefüge Stadt ist auch einem Wandel unterworfen, es ändert sich dauernd, aber wir können Lebensräume so einrichten, dass beide Interessen, die von Mensch und Natur, berücksichtigt werden.»

Die Erlenmatt sei deshalb so wertvoll geworden, weil dort Bahnbetrieb herrschte und die Vegetation kurzgehalten, vertrampelt wurde. Die Schotterfläche hat Trockenheit liebende Pflanzen- und Tierarten angezogen und gilt deshalb als eine der wichtigsten Schutzflächen im Kanton. Trueb sagt: «Nur Reservate in Basel zu schützen macht wenig Sinn, wir suchen nach Möglichkeiten eines Nebeneinanders von Stadtnatur und Freiraumnutzung.»

Weitere Konflikte zeichnen sich ab. Seine politische Arbeit will der WWF unter Müller zur Realisierung des 2001 beschlossenen «Landschaftspark Wiese» einsetzen. Der begradigte Fluss soll aus dem Kanal befreit und vitalisiert werden. Passiert ist seither nichts. Eine Volksinitiative aus dem Jahr 2006 zur Aufwertung der Wiese harrt noch immer der Umsetzung. Müller will Druck machen, auch auf Trueb. Auch wenn es dann wieder heisst, er sei nicht konstruktiv. Müller nimmt den Widerstand in Kauf: «Wir haben jetzt lange genug zugeschaut, wie nichts passiert ist.»

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