Mathe- oder Biounterricht in Franzöisch oder Englisch, das gibt es schon. Neu ist aber, dass Schülerinnen und Schüler aus zwei Sprachgebieten eine Klasse bilden und bis zum Abschluss an zwei Schulstandorten in den unterschiedlichen Sprachen unterrichtet werden. Das Experiment wird in Laufen und Porrentruy unternommen. Es ist ein Elite-Projekt.
Das Projekt ist einzigartig in der Schweiz. Das Regionale Gymnasium Laufental-Thierstein und das Lycée cantonal in Porrentruy wollen gemeinsam die Kantons- und Sprachgrenze überwinden – mit einer neuen zweisprachigen Ausbildung bis zur Matur. Die beiden ersten Jahre werden in Laufen absolviert, die beiden darauffolgenden Jahre in Porrentruy. Im Laufner Gymnasium wird mehrheitlich auf Deutsch unterrichtet, im Lycée cantonal auf Französisch.
Nur einzelne, ausgewählte Fächer werden den Jugendlichen durchgehend in einer einzigen Sprache nähergebracht; Mathematik zum Beispiel in Französisch, Geschichte oder Physik in Deutsch. Die erste zweisprachige Klasse wird im August im Hinblick aufs neue Schuljahr 2012/2013 gebildet – mit je zehn deutschsprachigen und französischsprachigen Jugendlichen. In den ersten vier Jahren läuft das Experiment als Pilotprojekt. Darauf haben sich die Regierungen der beiden Trägerkantone Baselland und Jura geeinigt, wie die Baselbieter Regierung am Dienstag nach ihrer Sitzung mitteilte. Die jährlichen Mehrkosten beziffert der Regierungsrat auf 50 000 Franken fürs Baselbiet.
Ein Angebot, speziell für «sehr Begabte»
In der Pilotphase werden nur zwei Maturitätsprofile zweisprachig angeboten: Biologie und Chemie einerseits und Wirtschaft und Recht andererseits. Das sind jene zwei Profile, die nach Ansicht der Bildungsbehörden und der Schulleitungen die besten Berufsperspektiven eröffnen. Die Baselbieter Regierung verspricht sich vom Projekt darum neben einem pädagogischen und kulturellen auch einen «wirtschaftlichen Mehrwert»: «Die erhöhten Sprachkompetenzen der bilingual gebildeten Studierenden dürften in Schüsselpositionen der regionalen und nationalen Berufs- und Wirtschaftswelt höchst willkommen sein.» Entsprechend hoch sind die Anforderungen bereits an die Erstklässler. Gemäss Regierungsmitteilung eignen sich «vor allem sehr begabte Schülerinnen und Schüler für den neuen Bildungsgang».
Wobei die Selektion bereits angefangen hat. Für das Pilotprojekt haben sich 30 Jugendliche angemeldet – mehr als 20 können aber unmöglich aufgenommen werden, da die vergleichsweise bescheidenen Schulzimmer in Porrentruy keine grösseren Klassen zulassen. Bald könnte die Auswahl sogar noch härter zu treffen sein. Denn neben den Progymnasiasten aus dem Laufental und dem Thierstein könnten sich künftig auch jene aus den übrigen Bezirken und Kantonen anmelden, in denen das Regionale Schulabkommen gilt. Das heisst: unter anderem auch jene aus dem übrigen Baselbiet, dem übrigen Solothurn, aus Basel-Stadt oder dem Aargau. Möglicherweise müssen sich die Schulleitungen und -behörden also bald nicht einemal in erster Linie die Frage stellen, ob das Projekt nach der Pilotphase weitergeführt werden soll. Sondern vielmehr: wie es möglichst bald erweitert werden könnte.