11 Dinge, die Sie über Gerhard Richter wissen müssen

Die Gerhard Richter-Ausstellung in der Fondation Beyeler, die am Wochenende startet, ist die wohl meistbeachtetste Ausstellung des Jahres im Raum Basel. Den Namen Gerhard Richter hat jeder schon gehört – wir liefern elf Fakten zum deutschen Künstler.

«Eisberg im Nebel», (1982). (Bild: © Gerhard Richter)

Die Gerhard Richter-Ausstellung in der Fondation Beyeler, die am Wochenende startet, ist die wohl meistbeachtetste Ausstellung des Jahres im Raum Basel. Den Namen Gerhard Richter hat jeder schon gehört – wir liefern elf Fakten zum deutschen Künstler.

Eins

Seit 50 Jahren wurde Gerhard Richters Werk nicht mehr in einem Schweizer Museum gezeigt, dafür 2014 gleich zweimal: Zuerst im Kunstmuseum Winterthur, jetzt in der Fondation Beyeler.

Zwei

«Tante Marianne», (1964).

«Tante Marianne», (1964). (Bild: © Gerhard Richter)

Gerhard Richter wurde am 9. Februar 1932 in Dresden geboren. Im Sommer desselben Jahres wurde Richter als Baby auf dem Schoss seiner Tante fotografiert. 33 Jahre später malte Richter diese Fotografie ab: «Tante Marianne» gehört heute zu seinen bekanntesten und meistdiskutierten Werken. Vor allem, weil 1938 die Tante, Marianne Schönfelder, als «Geisteskranke» zwangssterilisiert und 1945 in der Tötungsanstalt Grossschweidnitz ermordet wurde. Es hiess immer, dass Richter nichts vom Schicksal der Tante wusste, als er das Bild malte. Unbewusst, so gab er kürzlich zu, habe er es aber wohl geahnt. Spekuliert wurde zudem, sein späterer Schwiegervater Heinrich Eufinger, ehemaliger SS-Arzt, sei an ihrer Sterilisation beteiligt gewesen. Auch ihn malte Richter mehrfach – bevor er von seiner Vergangenheit wusste.

Drei

Seit 1983 lebt Richter in Köln, inzwischen zum dritten Mal verheiratet. Er arbeitet seit nunmehr 60 Jahren als Künstler.

Vier

1961 war Richter aus Dresden via West-Berlin nach Düsseldorf geflohen und damit dem sozialistischen Propagandaauftrag entkommen– er hatte zuvor eher widerwillig Staatsaufträge der DDR übernommen. Viele seiner Werke soll er vor seiner Flucht verbrannt haben. Ideologien waren dem deutschen Maler immer zuwider – auch die neuen kunsttheoretischen, auf die er in der damaligen BRD traf. Er fragte sich: Wie diesen Zwängen entkommen? Wie eine neue, unheroische Kunst begründen? Richter begann seine malerische Praxis im Westen mit einer kurzen Phase, in der er die unterschiedlichsten Stile der modernen Malerei erprobte. Auch viele dieser Werke hat er laut eigener Aussage verbrannt – im Innenhof der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf.

Fünf

«Der Tisch», 1962.

«Der Tisch», 1962. (Bild: © Gerhard Richter)

Nummer 1 in seinem selbst erstellten Werkverzeichnis ist das Gemälde «Tisch», entstanden 1962, also im Westen. Die Bilder, die aus seinen DDR-Zeiten überlebten, verzeichnet er nicht. Das älteste Bild, das in der Fondation Beyeler hängen wird, ist «Acht Lernschwestern» aus dem Jahr 1966.

Sechs

«Strip», (2011).

«Strip», (2011). (Bild: © Gerhard Richter)

Seine gegenständlichen Motive fand Richter vor allem in Zeitschriften. Er nennt sie «Leitbilder», «die ausnahmslos alle konsumieren, weil alle davon betroffen werden». Viele dieser Fotos schneidet er aus und malt sie auf Leinwand – fotorealistisch, aber leicht verwischt. «Zermalen» nennt er diese Technik. Dem Motiv sind keine Grenzen gesetzt: Glamour, Verbrechen, Krieg, eine Klorolle, alles hat seinen Platz. Das Malen geschah ohne Hintersinn. «Ich bin mehr an Bildern interessiert als am Malen selbst», sagt Richter noch heute. Wie ein Bild technisch hergestellt werde, sei ihm eigentlich egal. So nutzte er auch schon die Hilfe eines Computers, um die Streifenbilder – die «Strips» – herzustellen, die diesen Frühling auch im Kunstmuseum Winterthur zu sehen waren.

Sieben

«Plattenspieler», ein Bild aus dem Oktober-Zyklus (1988).

«Plattenspieler», ein Bild aus dem Oktober-Zyklus (1988). (Bild: © Gerhard Richter)

Ende der Achtziger Jahre präsentierte Richter erstmals seinen Oktober-Zyklus, von dem einige Bilder nun auch in der Fondation Beyeler ausgestellt werden. Es wurde ihm unterstellt, er befördere mit diesen Bildern, die direkte und damit zusammenhängende Geschehnisse des Todes von drei führenden Terroristen der Baader-Meinhof-Gruppe zeigen, eine Art Terroristenkult. Dabei war Richter nie ein politischer Künstler. Ästhetik kam immer vor Inhalt.

Acht

Atlas, (1962–*).

Atlas, (1962–*). (Bild: © Gerhard Richter)

Richter sammelt akribisch. Seit 1962 arbeitet er an seinem «Atlas», einem auf heute 802 Tafeln umfassenden, gerahmten Bildarchiv und Materiallager: ein Fundus an möglichen Motiven für Bilder, Skulpturen, Installationen, Architekturen, bestehend aus vielen tausend Fotos, dazu Skizzen, Zeichnungen und Collagen. Der Atlas wird heute im Lenbachhaus in München verwahrt und wächst weiter.

Neun

In den letzten Jahren hat Richter ausschliesslich abstrakt gearbeitet. Er habe die Lust auf das gegenständliche Malen verloren, sagte er einst. Aber auch: Er hoffe, sie komme irgendwann wieder.

Zehn

«Domplatz, Mailand» (1968).

«Domplatz, Mailand» (1968). (Bild: © Gerhard Richter)

Richter wurde am 12. November 2013 von Jeff Koons als teuerster lebender Künstler abgelöst. Im Mai 2013 hatte Richter mit «Domplatz, Mailand» bei Sotheby’s mit 37 Millionen Dollar noch einen neuen Höchstpreis erzielt.

Elf

Im Ranking «Kunstkompass 2014» wird Richter weiterhin als wichtigster Künstler der Gegenwart geführt. Auf den Plätzen zwei und drei stehen der US-Künstler Bruce Nauman und die Deutsche Rosemarie Trockel. Laut «Manager Magazin» zählt Richter mit einem Vermögen von 200 Millionen Euro zu den 500 reichsten Deutschen.

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Die Ausstellung «Gerhard Richter» in der Fondation Beyeler läuft vom 18. Mai bis zum 7. September 2014. Sie wurde von Hans-Ulrich Obrist kuratiert und legt den Fokus auf Serien, Zyklen und Räume. Zu sehen sind rund 100 Bilder, darunter auch jüngst entstandene. Die Ausstellungskritik folgt.

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