Das älteste Holzhaus der Schweiz soll am mutmasslichen Ort der Schlacht von Morgarten bei Sattel SZ neu aufgebaut werden. Die Freude bei den Experten hält sich in Grenzen.
Es war so alt wie die grossen Kathedralen Europas und älter als die gotischen Bürgerhäuser in Basel: Das sogenannte Nideröst-Haus im Schwyzer Hinterdorf stammte aus dem Jahre 1176 und war somit eines der ältesten Holzhäuser Mitteleuropas. Aus der Sicht der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege (EKD) besass das Haus damit auch einen hohen Denkmalwert und nationale Bedeutung.
Im Jahre 2001 dann das unrühmliche Ende: Auf Antrag des Besitzers und mit Genehmigung des Schwyzer Regierungsrates wurde das Haus aus dem kantonalen Schutzinventar entlassen. «Die EKD hatte sich dezidiert und leider erfolglos gegen den Abbau und für eine Instandsetzung am angestammten Ort eingesetzt», erklärt Nott Caviezel, Präsident der EKD. Auch Pro Patria und der Schweizer Heimatschutz hatten damals vergeblich gegen den Abbruch protestiert. Dieser gab schweizweit zu reden. In der Tourismus-Revue «Schweiz» wurde gar eine ganzseitige Todesanzeige veröffentlicht.
Bisher scheiterten alle Versuche eines Wiederaufbaus
Allen Protesten zum Trotz wurde das Haus abgebrochen, der Kernbau wurde zerlegt, nummeriert und eingelagert, die späteren Anbauten als Bauschutt entsorgt. In der Folge wurde versucht, die Überreste des Hauses anderswo wieder aufzubauen. Ein geplanter Aufbau auf der Ital-Reding-Hofstatt in Schwyz scheiterte am Widerstand der Gemeinde. Das Freilichtmuseum Ballenberg verzichtete auf einen Wiederaufbau, unter anderem weil das Haus durch den Abriss zu viel an Substanz verloren hatte. Auch der Plan, dem Haus im Tierpark Goldau einen Platz zur Verfügung zu stellen, scheiterte.
Seither motten die Einzelteile in einer Halle in Goldau vor sich hin. Nun startet die Morgartenstiftung einen erneuten Versuch. Das mittelalterliche Haus soll im Gebiet Schornen bei Sattel SZ wieder aufgebaut werden. Das einzige Problem scheint im Moment die Finanzierung zu sein. Für den Aufbau und für die ersten 20 Betriebsjahre werden rund eine Million Franken benötigt.
Denkmäler gehören zu einem ganz bestimmten Ort
Nott Caviezel von der EKD kann sich für diesen Wiederaufbau kaum erwärmen. Er verweist auf die «Charta von Venedig» und die «Leitsätze zur Denkmalpflege in der Schweiz». Diese halten fest, dass ein Denkmal stets untrennbar mit der Geschichte und der Umgebung eines bestimmten Ortes verbunden ist. Deshalb sollten Denkmäler grundsätzlich nicht versetzt werden. «Ausschliesslich in Extremfällen, in denen die Erhaltung eines wichtigen Denkmals anders nicht möglich wäre, kann ausnahmsweise eine Translokation vertreten werden», erklärt Nott Caviezel. Das Haus Nideröst habe mit seiner Versetzung seinen Bezug zum angestammten Ort verloren. Ein Neuaufbau unter Verwendung von noch übrig gebliebenen Teiles des Hauses sei so gesehen bloss noch als museale Teilrekonstruktion zu werten: «Mit dem vormaligen Haus Nideröst und somit einem der ältesten verlässlich datierten Holzhäuser in Mitteleuropa wird dieses Gebäude nicht mehr viel gemeinsam haben.»
Ähnlich argumentiert Peter Egli vom Schweizer Heimatschutz: «Beim Haus Nideröst, so wie es heute eingelagert ist, handelt es sich nicht mehr um ein klassisches Baudenkmal im ursprünglichen Sinn, sondern um ein Museumsstück. In dieser Form ist dieses Gebäude nicht mehr eine Herzensangelegenheit des Schweizer Heimatschutzes.»