Alejandra Ribera: eine Kosmopolitin mit hinreissender Stimme



Als kanadische Songwriterin steht sie in der Tradition von Leonard Cohen oder Joni Mitchell. Doch Alejandra Ribera tanzt aus der Reihe, da sich auch Latina-Feuer und Spuren keltischer Kultur in ihren Songs finden. Am 28. Juli kann man sich im Wenkenpark Riehen von ihrem grossen Talent überzeugen.

Wandlungsfähige Stimme: Alejandra Ribera.

(Bild: Kristina Wagenbauer)



Als kanadische Songwriterin steht sie in der Tradition von Leonard Cohen oder Joni Mitchell. Doch Alejandra Ribera tanzt aus der Reihe, da sich auch Latina-Feuer und Spuren keltischer Kultur in ihren Songs finden. Am 28. Juli kann man sich im Wenkenpark Riehen von ihrem grossen Talent überzeugen.

Die Mutter Schottin, der Vater Argentinier, aufgewachsen in Toronto, künstlerische Reifung in Montreal, neue Wahlheimat Paris. Aus dieser kosmopolitischen Vita meisselt Alejandra Ribera genauso spannende wie berührende Liedkunst, getragen von einer wandlungsfähigen Stimme. Ihr aktuelles, dreisprachiges Werk «La Boca» zählt zu den grossen Songwriter-Würfen der letzten Jahre.

Damit steht sie in ihrer Heimat Kanada in einer langen Tradition, kann auf prominente Vorbilder wie Joni Mitchell und Leonard Cohen verweisen. Doch Ribera tanzt kräftig aus der Reihe ihrer Landsleute. In ihren Stücken macht sich mit bildgewaltigen Erzählungen die keltische Lust am Fabulieren bemerkbar, und mit spanischen Texten nähert sie sich dem lateinamerikanischen Erbe an. Klassische Töne scheinen in ihren Balladen ebenfalls durch, in einem anglikanischen Chor fand sie als Kind erstmals Zugang zu ihnen.



Abgründige Tiefen, zarte Glut

«Ich habe schon früh faszinierende Stimmen imitiert, die Folksängerin Odetta zum Beispiel hat mich völlig umgehauen, und meine Landsfrau Jane Siberry war sehr wichtig für die Entwicklung meines Songwritings», sagt sie. Mit ihrem zweiten Album «La Boca» hat Alejandra Ribera nun ihre eigene Stimme gefunden. Und was für eine: In diesem charakterstarken Alt, in der Tiefe oft abgründig und brüchig, in der Höhe wie zarte Glut, schwingen Gefühlslagen so ungefiltert, dass es den Hörer nachhaltig fesselt.

Für die Aufnahmen zog Ribera von Toronto nach Montreal, wo ihr mit dem Produzenten Jean Massicotte einer der grossen Klangkünstler Kanadas zur Seite stand, der auch schon für die grosse, 2010 verstorbene Lhasa de Sela am Pult wirkte. 

Entstanden waren die Songs jedoch zuvor auf Reisen durch Europa: «In ‹La Boca› steckt die Energie von jemandem, der in einer fremden Umgebung hyperaufmerksam ist, verdichtet visuelle, emotionale und spirituelle Eindrücke empfängt», so die Kanadierin.

Ihre Kompositionen hat Ribera auf Englisch, Spanisch und Französisch verfasst, und es scheint, als schlüpfe sie je nach Sprache in eine andere Haut. «Ich will das eigentlich gar nicht», gibt sie lachend zu. «Aber wenn ich auf Spanisch singe, dann verwende ich meine tiefsten Stimmenregister, auf Französisch dagegen klinge ich eher mädchenhaft. Ich finde es faszinierend, wie das meine verschiedenen Persönlichkeiten zum Vorschein bringt.»



Ein Gruss an den Ex-Boyfriend Jack Daniel’s



In «Goodnight, Persephone» erzählt sie mit irischem Dudelsack vom Winterschlaf in der Unterwelt, «No Me Sigas» berichtet mit viel Latino-Flair über die unumgängliche Flucht aus einer Liebe. «I Want», der unbestreitbare Hit des Albums, ist ein hymnischer Mutmacher: Mit diesem Lied befreite sich die Autorin von der Verzweiflung über eine Trennung, holte sich den Willen zur Zukunft zurück.

Einen fast schon verruchten Ton à la Tom Waits schlägt «Bad Again» an: «Ich stellte mir hier eine gealterte, müde, verbitterte Drag Queen vor, die rauchend vor dem Schminkspiegel sitzt. Es ist ein Song über den Zustand, in dem du bist, wenn du eine Woche lang zu viel getrunken und dich an die falschen Leute drangehängt hast, obwohl du wusstest: Das geht nicht gut! Ein Gruss an meinen Ex-Boyfriend Jack Daniel’s, zu dem ich nicht zurück kann, weil ich eine Affäre mit seinem Cousin Jim Beam hatte.» 



Gerade Riberas ruhige Lieder sind erschütternde Erlebnisse: In «St. Augustine» ruft sie aus der Seelennot heraus den Heiligen Augustinus an, «Un Cygne, la Nuit» ist ein berührendes Duett mit dem französischen Kollegen Arthur H, gewidmet der Erinnerung an die letzte Lebenswoche einer Freundin.

Die Entschleunigung eines Eighties-Hits

Bei der Güte dieses Eigenmaterials verwundert es wenig, dass Ribera nur einen einzigen Coversong interpretiert. Es ist ausgerechnet der trinkfeste Proclaimers-Hit «500 Miles», den sie aber dank drastischer Entschleunigung ganz zärtlich macht. Ihr nächstes Album hat die Reisefreudige schon im Kasten, es wurde im tief verschneiten Ontario eingespielt – in minimalistischem Trio-Setting. Darauf setzt Alejandra Ribera auch auf der Bühne: Ihr Konzert in der Reithalle des Wenkenparks wird sie in kleiner Besetzung bestreiten. 

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Live im Wenkenpark, Riehen, Donnerstag, 28. Juli, 20 Uhr, im Rahmen von «Stimmen».


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