Die Basler Schauspielerin Marthe Keller ist Ehrengast an den Solothurner Filmtagen. Im Interview erzählt sie, wie sie durch einen Unfall Schauspielerin wurde, was den europäischen Film von Hollywood unterscheidet und warum sie medial diskreter ist als ein Arthur Cohn.
Das passt: Ein historischer Patriziersaal im Solothurner Hotel Krone, Marthe Keller tritt ein und nimmt am grossen Holztisch Platz. Vor drei Wochen wurde sie zur Ritterin der französischen Ehrenlegion geschlagen. Es ist die höchste Auszeichnung, die Frankreich überhaupt vergibt, mit der die Baslerin für Ihr Schaffen als Schauspielerin und Opernregisseurin geehrt wird. Dieser Tage würdigt auch die Schweiz das Werk von Keller mit einer Retrospektive in Solothurn. Dafür ist sie erstmals an die Filmtage gereist.
Im Gespräch mit der TagesWoche erzählt Keller, wie sie als Teenagerin in Basel mit Ballett begann, durch einen Skiunfall nicht mehr tanzen konnte und zufällig Schauspielerin wurde, vom Theater Basel den Sprung nach Frankreich und schliesslich nach Hollywood schaffte. Eine glückliche Fügung, wie so viele in ihrem Leben, sagt sie, die deshalb nicht gerne von einer «Karriere» spricht.
1976 engagierte sie Regisseur John Schlesinger für die weibliche Rolle im Film «Marathon Man». Der Kult-Thriller verhalf Marthe Keller zum Durchbruch in Hollywood. Wir erinnern uns an die Szene, in der Dustin Hoffman der schönen Schweizerin nachrennt, nachdem sie ihn in der Uni-Bibliothek verzaubert hat. 1977 spielte sie an der Seite von Al Pacino in «Bobby Deerfield». Mit dem Schauspiel-As war sie mehrere Jahre liiert. Musste sie fürchten, dass er seine «Scarface»-Rolle mit nach Hause nahm am Abend? «Nein, da waren wir nicht mehr zusammen. Al ist ein Vollblutschauspieler … und wir sind beste Freunde», sagt sie, «gerade vor zwei Tagen haben wir wieder zusammen telefoniert». Mehr erzählt Keller nicht über ihr Leben in Hollywood. Damit hält sie es anders als der zweite Basler Hollywood-Export Arthur Cohn, der in seiner Heimatstadt gerne seine Vergangenheit in Amerika in Erinnerung ruft … aber schauen Sie selbst.
In den letzten Jahren hat Marthe Keller auch einige Opern inszeniert, etwa an der Metropolitan Opera in New York. Zudem spielt sie mehrheitlich in europäischen Filmen. Aus gutem Grund: «In Hollywood ist man als Frau ab 25 Jahren auf der Blacklist», sagt die 66-jährige Baslerin. «Es gibt kein Autorenkino mehr in den USA», bedauert sie. Clint Eastwood gab ihr zuletzt eine Rolle in seinem Film «Hereafter» und in diesem Jahr steht sie für drei Filme vor der Kamera, darunter eine Hauptrolle in einer grossen britischen Produktion. Was unterscheidet das europäische vom amerikanischen Kino? «In den USA muss man in einem guten Film spielen, in Europa gut im Film spielen.»