Die Leipziger Buchmesse steht ins Haus und mit ihr die Verleihung des gleichnamigen Literaturpreises. Wir stellen die fünf Finalisten vor, Nummer eins: Fabian Hischmann mit seinem Debütroman «Am Ende schmeissen wir mit Gold».
Fabian Hischmanns «Am Ende schmeissen wir mit Gold» präsentiert sich so: Der Debütroman eines Frühdreissigers, der in Berlin wohnt und aus Süddeutschland kommt, der literarisches Schreiben in Leipzig studiert hat, einen bisexuellen Protagonisten aus der Ich-Perspektive erzählen lässt und seinem Buch einen englischsprachigen Songvers voranstellt, den kein Mensch versteht – ei ei ei! Stereotyper geht es nicht.
Blödes Vorurteil. Ich selbst würde es wahrscheinlich nicht anders machen.
Trotzdem nehme ich das Buch mit einer albernen Herablassung in die Hand. Insgeheim sauge ich es aber von der ersten Zeile weg in mich auf. Der Antrieb ist eine Mischung aus hoffentlich eintretender Schadenfreude (warte nur, ich erwische dich dabei, wie du den zur Zeit angesagten Sound reproduzierst) und grosser Freude daran, dass in diesem Buch alles ganz normal ist. Max Flieger, ein Lehrer Anfang 30, liegt in seiner Stadtwohnung vor dem Fernseher, schwer melancholisch, Hand in der Unterhose, alles ist mittelmässig ungeil. Da soll niemand sagen, dass es nicht Anknüpfungspunkte en masse für die meisten von uns gibt.
Die Vermutung liegt nahe, dass Max Flieger im Verlauf des Buches zu neuer Lebensfrische finden wird. Tut er auch.
Vorurteil widerlegt
Der Weg dorthin führt ihn ins Haus seiner Eltern, die nach Kreta fliegen und für zwei Wochen den Sohn in den Schwarzwald bestellen, um den Hund zu hüten. Ist schliesslich seiner. Die sommerliche Ankunft auf dem Dorf gelingt dem Autor sehr gut. Man atmet beim Lesen mit auf. Hier wird keine Sprache reproduziert, Hischmann hat Kontakt zu dem, worüber er reden will. Vorurteil widerlegt. Auf der anderen Seite kommt immer mal wieder ein Satz wie diese Beschreibung eines fast zu schönen Nachthimmels: «Ich warte darauf, dass der Kleister versagt und die Sterne fallen.»
Fabian Hischmann
Ein Bild, wie man es zu oft gelesen hat. Da fehlt stilistische Hygiene. Und dann sterben auch irgendwie die Eltern und Max Flieger macht einen getriebenen Kurztrip nach New York, beides relativ unvermittelt. Da mussten Handlungsleckerli her, die den Text aber mäandern und teilweise etwas ausfleddern lassen. Vielleicht wäre das Buch stärker gewesen, wenn der Autor Max Flieger bei den zwei Wochen im Bergdorf gelassen hätte, wo er die Geliebten und die Konkurrenten seiner Kindheit wiedertrifft und mit seinem Lebensthema konfrontiert wird: Mutlosigkeit.
Doch ich lese das Buch äusserst gern. Sein Protagonist, seine Schilderungen, das ganze Buch sind so angenehm unaufgeregt. Der beste Nährboden für Intelligenz. Und manche Szenen, die muss man erstmal nachmachen. Zum Beispiel die, in der Max Flieger nach Kreta reist und im Kreis einer Gastfamilie, die seine Eltern zuletzt erlebt hat, ein Geburtstagsfrühstück kredenzt bekommt. Augen feucht.
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Fabian Hischmann: «Am Ende schmeissen wir mit Gold». Berlin Verlag, 256 Seiten.