Gegen den illustren Kunsthändler Helly Nahmad ermittelt die Bundesanwaltschaft wegen Geldwäscherei und Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung. An der Art Basel darf sich der vorbestrafte Galerist trotzdem in Szene setzen.
Niemand kann sagen, die Zulassungsbedingungen der Art Basel seien nicht streng: Selbst Millionäre müssen um VIP-Einlässe betteln, jeder Besucher der begehrten Preview wird von den Organisatoren selektioniert. Viele Millionen wechseln den Besitzer, bevor das gemeine Volk die Hallen am Messeplatz betreten darf.
Nicht ganz so genau nimmt man es bei der Selektion der Galeristen. Das zeigt der Fall des berüchtigten und millionenschweren New Yorker Kunsthändlers Helly Nahmad. Dessen Familienclan hält den grössten Bestand an Picasso-Werken ausserhalb der Erbenfamilie. Geschätzter Wert: eine Milliarde Dollar.
Busenfreund DiCaprio
Helly Nahmad ist bestens vernetzt in der Welt der geldschweren Prominenz. Er gilt als enger Freund von Oscar-Preisträger Leonardo DiCaprio. Auf Fotos sieht man die beiden eng beisammen, DiCaprios Arm um Nahmads Schultern gelegt. An der letztjährigen Art Basel sah man DiCaprio am Stand von Nahmads Galerie. Helly Nahmad ist einer, den man der grössten Kunstmesse der Welt dabeihaben muss.
Prominenter Besucher: Leo DiCaprio (mit blauem T-Shirt im Sessel) am Stand der Galerie Helly Nahmad 2015. (Bild: Karen Gerig)
Möglicherweise traf DiCaprio letztes Jahr in Basel auch mit Helly selbst zusammen. Terminlich passte es jedenfalls: Helly Nahmad war frisch aus dem Gefängnis und anschliessendem Hausarrest entlassen. Ein Gericht in New York hatte den Kunsthändler 2013 zu einem Jahr Haft und einer Geldstrafe von insgesamt rund 6,5 Millionen Dollar verurteilt.
Nahmad stand an der Spitze eines illegalen Glücksspielrings, an dem Mafiosi, russische Oligarchen und andere Superreiche beteiligt waren. Der Umsatz soll 100 Millionen Dollar betragen haben.
Raubkunst im Zollfreilager
Helly Nahmad und dessen Vater Davis stehen auch in einem anderen Gerichtsverfahren in New York vor Gericht. Die unappetitliche Geschichte dreht sich um Raubkunst, die von den Nahmads über Briefkastenfirmen verschleiert worden sein soll. Erst die Enthüllungen rund um die Panama Papers entlarvten die Eigentümerschaft des im Genfer Zollfreilager sichergestellten Modigliani.
Die Liste der Rechtshändel ist so lang wie vielfältig: 2005 klagte eine ehemalige Mitarbeiterin auf sexuellen Missbrauch gegen Helly Nahmad und weitere Angehörige der Familie. Man einigte sich aussergerichtlich.
Das für Helly Nahmad gefährlichste Verfahren aber läuft in der Schweiz. Nahmad soll über seine Galerie 10 Millionen US-Dollar reingewaschen haben. Die Gelder sollen aus illegalen Wetten und Erpressungen stammen, Auftraggeber sollen russische Oligarchen sein. Zudem wirft ihm die Bundesanwaltschaft die Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation vor, die von Hellys Vater David finanziert worden sein soll.
Die Behörden haben deshalb Gelder in der Höhe von 15 Millionen Dollar eingefroren, die sich auf Schweizer Konten befinden. Ans Licht kamen die Ermittlungen, weil sich David Nahmad vergeblich gegen die Massnahme gewehrt hatte.
Art Basel will von Ausschluss nichts wissen
Das Verfahren gegen Helly Nahmad läuft noch immer, wie die Bundesanwaltschaft auf Anfrage bestätigt. Gleichwohl darf der Kunsthändler an der Art Basel seine Blue Chips ausstellen und Geschäfte machen. Und das, obwohl Artikel 21 der Zulassungsbedingungen festlegt,
«dass es für Aussteller zwingend ist, sich an alle existierenden Gesetze, insbesondere gesetzliche Bestimmungen hinsichtlich der Fälschung von Kunstwerken und deren Provenienz, Wirtschaftsbetrug, Geldwäsche und dem illegalen Im- und Export von Kunstwerken, die speziellen Bestimmungen durch den Kulturgüterschutz unterliegen, zu halten.»
Der Artikel wird nicht auf Helly Nahmad angewendet, wie Art-Basel-Sprecherin Dorothee Dines erklärt. Dines führt als Begründung die Unschuldsvermutung ins Feld. «Des Weiteren sind für uns Tatbestände von Bedeutung, die im Zusammenhang mit Aktivitäten im Kunsthandel stehen. Helly Nahmad wurde in den USA für illegales Glückspiel verurteilt und hat eine Haltstrafe abgesessen. Es handelt sich um einen Tatbestand, der nicht im Zusammenhang mit seinen Aktivitäten im Kunsthandel steht», so Dines.
«Mit der einflussreichen Familie Nahmad will man es sich offenbar nicht verscherzen.»
Strafrechtsprofessorin Monika Roth
Monika Roth, Strafrechtsprofessorin und Expertin für den Kunstmarkt, hatte die Haltung der Messe im Interview mit der TagesWoche bezüglich möglicher unsauberer Geschäftspraktiken bereits im Vorfeld kritisiert. «Die Messe Schweiz (MCH Group) ist ein börsenkotiertes Unternehmen, das zu 49 Prozent der öffentlichen Hand gehört. Trotz Unschuldsvermutung hat sie eine Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit und müsste ein Interesse daran haben, die Integrität der Art Basel und ihren Ruf zu wahren», so Roth im Interview.
«Der Messeleitung scheint die Reputation des Galeristen weniger wichtig zu sein als dessen Angebot an hochkarätiger Kunst. Mit der einflussreichen Familie Nahmad will man es sich offenbar nicht verscherzen», hatte Roth im Interview gesagt.
Nicht zum Falläussern will sich das Basler Finanzdepartement, das mit Eva Herzog eine Verwaltungsrätin der Messe stellt.