Alle kennen Aschenputtel (oder -brödel). In italienischer Sprache heisst es «La Cenerentola». Gioachino Rossini hat die Geschichte vom guten Mädchen, das von seiner Stieffamilie geplagt wird, als komischen Opernstoff verewigt: mit wundervoller Musik, aber von fast allen Märchen-Zaubereien, Feen, Mäuschen und Täubchen befreit.
Auch Regisseur Antonio Latella bringt den Märchen-Zauber nicht zurück auf die Bühne. Er konstruiert vielmehr eine skurrile Albtraumwelt: Jeder Figur ist ein Puppen-Schatten angeheftet, vom Aschenputtel (das hier Angelina heisst) über die bösen Stiefschwestern, den ekligen Stiefvater, den Prinzen und seinen ihm homoerotisch verbandelten Diener bis zum Chor der Höflinge, der immer wieder verschämt den Wänden entlang auf die Bühne schleicht. Nur Alidoro, der erhabene Lehrer des Prinzen, bleibt puppenlos. Ihm kommt gewissermassen die Rolle des Puppenspielers zu.
Schwer durchschaubare Symbole
Die lebensgrossen, grobschlächtigen Stoffpuppen tragen die Insignien der Rollen, welche die Figuren in diesem Lebenstheater zu spielen haben: Diejenige des Prinzen ist überdimensioniert gekrönt, die des Aschenputtels übersät mit Flicken und groben Nähten.
Das Symbolhafte dieser Puppen – wie auch weitere Bilder, die der Regisseur im Einheitsbühnenbild entstehen lässt – erklärt sich nicht bis ins Detail. Das hat etwas Verwirrendes, das auch den Figuren anhaftet, die oft nicht zu begreifen scheinen, wie ihnen geschieht. Latellas Hauptaugenmerk liegt dabei klar auf dem Aschenputtel, das hier nicht eigentlich als gequältes Opfer daherkommt, sondern als doch recht selbstbewusste Person auftritt, die zuweilen trotzig gegen ihr Schicksal als vielfach beschimpfte Magd aufbegehrt.
Dieses Aschenputtel sorgt, verkörpert von der jungen russischen Mezzosopranistin Vasilisa Berzhanskaya, auch gesanglich für die Höhepunkte der Aufführung. Wie schwebend leicht sie die grausam schwierigen Koloraturpartien der Rolle meistert, ist bewundernswert.
Der auch spielerisch überzeugende Auftritt der Sängerin wurde vom Premierenpublikum zurecht mit vielen Bravorufen verdankt. Ansonsten war der Schlussapplaus verhalten. Es scheint, dass viele Zuschauer sich ein prächtigeres Märchen-Setting gewünscht hätten, mit einem wunderbaren Ball, mit einem Aschenputtel in einem noch wundervolleren Ballkleid (statt in Männerkleidung, wie sie sich in der Inszenierung präsentiert). Denn zum Nachdenken anregen lassen möchte man sich durch dieses «La Cenerentola» nicht wirklich.
Theater Basel: «La Cenerentola» wird noch am 21. und 31. Dezember gezeigt (jeweils 19.30 Uhr) und ab Mitte Januar bis Ende April 2018.